Einführung ins Teil 6: Die Erbengemeinschaft - 2. Haftung der Erbengemeinschaft

Für die Bestimmung der Haftung der Erbengemeinschaft ist der Zeitpunkt entscheidend. Die Haftung der Erbengemeinschaft vor den Nachlassteilung ist von der Haftung nach der Nachlassteilung zu unterscheiden.

1. Die Haftung vor der Nachlassteilung

Die Erbengemeinschaft haftet für die gemeinschaftlichen Nachlassverbindlichkeiten als eine Einheit, als Gesamtschuldner, § 2058 BGB. Keine gemeinschaftlichen Verbindlichkeiten sind Vermächtnisse und Auflagen, die nur einzelnen Miterben auferlegt sind. Der Gläubiger hat bis zur Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft die Wahl, ob er eine Gesamtschuldklage gegen einen der Erben erhebt oder ob er die Klage gegen die Erbengemeinschaft erhebt. Ziel der Klage gegen einen Erben ist es, in dessen persönliches Vermögen zu vollstrecken. Er haftet aber nur in Höhe seines Erbteils. Beträgt der Erbteil ½ des Nachlasses, muss der Erbe die Hälfte der Verbindlichkeit aus seinem Vermögen bezahlen. Beträgt der Erbteil ¼ bzw. 1/6, so hat der Erbe entsprechend des Erbteils ¼ bzw. 1/6 der Verbindlichkeit aus seinem Vermögen zu begleichen, § 2059 I 2 BGB. Der Erbe haftet also mit seinem Vermögen. Zu dessen Schutz aber nur bis zur Höhe des Erbteils.
Die Klage gegen die Erbengemeinschaft (§2059 II BGb) hat das Ziel auf den gesamten Nachlass zuzugreifen. Die Erben haften nicht mit ihrem Vermögen. Die Haftung ist also auf den Nachlass beschränkt.

2. Haftung nach der Nachlassteilung

Ist es zur Nachlassteilung gekommen, ohne dass alle Nachlassgläubiger bezahlt wurden, verschlechtert sich die Position der Erben erheblich.
Der einzelne Erbe haftet grundsätzlich für die gesamten ausstehenden Schulden mit seinem privaten Vermögen. Dies kann die Höhe des Erbteils erheblich überschreiten.
Der Erbe haftet mit seinem Privatvermögen aber beschränkt auf den Erbanteil (§ 2060 BGB) wenn
- der Gläubiger seine Ansprüche zu spät geltend macht,
- der Gläubiger vom Aufgebotsverfahren ausgeschlossen war,
- das Nachlassinsolvenzverfahren beendet ist.

Hinweis:
Sollte ein Erbe nach der Nachlassteilung die restlichen Gläubiger bezahlen, steht ihm gegen die restlichen Erben ein Ausgleichsanspruch zu. Dieser ist in der Praxis oftmals schwer oder kaum durchzusetzen. Aus diesem Grund sollten die Gläubiger von der Nachlasserbenteilung befriedigt werden.

3. Erbauseinandersetzung

Die Erbauseinandersetzung beinhaltet die Bezahlung der Gläubiger und die Verteilung der Erbmasse nach Erbquoten auf die Erben. Der Erblasser kann allerdings eine Erbauseinandersetzung in seiner letztwilligen Verfügung untersagen. Die Untersagung kann von einem bestimmten Ereignis abhängig gemacht werden, sie kann aber auch bis zu 30 Jahren nach dem Erbfall angeordnet werden. Die Anordnung des Erblassers ist grundsätzlich für alle Erben bindend. Nur wenn sich alle einig sind, können sie gemeinschaftlich von der Anordnung abweichen und eine Auseinandersetzung vornehmen.
Die Auseinandersetzung kann durch einen vom Erblasser berufenen Erben oder Testamentsvollstrecker erfolgen. Einigen sich die Erben nicht, können sie sich an das Nachlassgericht wenden. Das Nachlassgericht trifft für die Erben keine Entscheidung, es vermittelt lediglich zwischen den streitenden Parteien. Sollte auch dies ergebnislos verlaufen, bleibt oftmals nur noch der langwierige und teure Klageweg. Gegenstand der Klage ist ein Teilungsplan, der von dem klagenden Erben eingebracht werden muss. Der Teilungsplan enthält eine Aufstellung der Aktiva und Passiva des Erblassers, sowie der übrig bleibende Nachlass, der wiederum auf die einzelnen Erben nach ihren jeweiligen Quoten verteilt werden soll. Die Klage ist auf die Zustimmung der übrigen Erben zum Teilungsplan gerichtet. Sollte das Gericht dem Teilungsplan zustimmen, ist die Auseinandersetzung anhand dieses Plans durchzuführen.

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Erbrecht – Eine Einführung“ von Harald Brennecke, Dr. Maren Augustin und Isabell Hartung, ISBN 978-3-939384-17-5.


 

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Stand: August 2009


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt

Portrait Harald-Brennecke

Harald Brennecke ist seit 1997 mit erbrechtlichen Mandaten befasst.
Als Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht berät er insbesondere bei der Gestaltung von Unternehmertestamenten, der Übertragung von Unternehmensanteilen und der Ausarbeitung von Unternehmererbverträgen im Hinblick auf die Sicherung der Unternehmensnachfolge. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät er Erben und potenzielle Erben bei überschuldetem Nachlass in Bezug auf Erbausschlagung, Dürftigkeitseinreden und der Beantragung und Begleitung bei Nachlassinsolvenzverfahren.
Er berät weiterhin bei der Erstellung von Testamenten und der Gestaltung von Vermögensübergängen, insbesondere aus erbschaftssteuerlicher Sicht und der Auseinandersetzung von Erbengemeinschaften. Er berät bei Pflichtteilsansprüchen, Vermächtnissen sowie bei Fragen der Vorerbschaft und Nacherbschaft. Er begleitet Erben bei der Beantragung von Erbscheinen und der Abwicklung der Erbschaft.

Harald Brennecke hat im Erbrecht veröffentlicht:

  • "Erbrecht – Eine Einführung“ von Harald Brennecke und Dr. Maren Augustin, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-17-5
  • „Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen“, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8

Bereits 1999 war er Experte für Erbrecht in einer Serie von Live-Fernsehsendungen.
Rechtsanwalt Brennecke ist Dozent für Erbrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Erbrecht für Steuerberater – Grundlagen des Erbrechts als Basis erbschaftssteuerrechtlicher Beratung
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