BGH Urteil I ZR 11/04 vom 14. Dezember 2006

BUNDESGERICHTSHOF


IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL I ZR 11/04 Verkündet am: 14. Dezember 2006
Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit ...


Nachschlagewerk: ja

BGHZ : nein
BGHR : ja Aufarbeitung von Fahrzeugkomponenten
GMV Art. 9 Abs. 1, Art. 12 lit. b, 90 Abs. 1 und 2, Art. 92 lit. a; BrüsselIVO



Art. 6 Nr. 1; MarkenG § 14 Abs. 1, § 23 Nr. 2

a)
Werden mehrere Konzernunternehmen mit Sitz in verschiedenen Mitgliedstaaten mit der Begründung in Anspruch genommen, sie hätten auf verschiedenen Absatzstufen in einer "Verletzerkette" (Fußnote) zusammengewirkt und dabei eine Markenverletzung begangen, ist der besondere Gerichtsstand der Streitgenossenschaft nach Art. 6 Nr. 1 BrüsselIVO begründet.

b)
Befindet sich auf aufgearbeiteten Fahrzeugkomponenten neben der Marke des Herstellers die Marke des aufarbeitenden Unternehmens, deutet dies für den gewerblichen Nachfrager solcher Austauschteile darauf hin, dass sich die Herstellermarke nicht auf den Aufarbeitungsvorgang bezieht.


BGH, Urt. v. 14. Dezember 2006 I ZR 11/04 OLG Düsseldorf LG Düsseldorf

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. Dezember 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Dr. v. UngernSternberg, Pokrant, Dr. Bergmann und Gröning

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 16. Dezember 2003 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen


Tatbestand:

Die Klägerin produziert und vertreibt Komponenten der Bremsund Fahrwerksteuerung für Nutzfahrzeuge, darunter Motorwagenund Anhängerbremsventile, Bremskraftund Druckregler, Relaisund Luftfederventile, Kupplungskraftverstärker und Lufttrockner. Sie ist Inhaberin der nachfolgend abgebildeten Gemeinschaftsmarke Nr. 00226738 und der identischen nationalen Marke Nr. 991110 (Fußnote), die unter anderem für Fahrzeugbremsen und deren Einzelteile, Luftfederungen für Kraftfahrzeuge und deren Teile, Geräte, Apparate und daraus zusammengesetzte Anlagen zur Steuerung, Regelung, Beeinflussung und/oder Überwachung von Fahrzeugbremsen, für Teile solcher 1 Geräte und Apparate sowie für selbsttätige und nicht selbsttätige Kupplungen für Schienenund Straßenfahrzeuge eingetragen ist: Diese Marke ist regelmäßig, aber nicht ausnahmslos in die Metallkörper der genannten Komponenten eingeprägt; ansonsten ist sie auf PlastikVerschlusskappen aufgeformt, mit denen Öffnungen dieser Teile verschlossen werden. 2 Die Beklagten zu 1 und 2 gehören zur spanischen JALAIRUnternehmensgruppe. Die Beklagte zu 1 beschäftigt sich mit der Wiederaufarbeitung von Teilen der Fahrwerkund Bremssteuerung verschiedener Hersteller, darunter auch der eingangs genannten Produkte der Klägerin; sie hat ihren Geschäftssitz in Spanien und ist dort auch registriert. Die Beklagte zu 2 hat ihren Geschäftssitz in Mülheim an der Ruhr; sie vertreibt die von der Beklagten zu 1 aufgearbeiteten, u. a. ursprünglich von der Klägerin stammenden Teile in Deutschland, und zwar im so genannten Austauschgeschäft. Dabei geben die Käufer wiederaufgearbeiteter Stücke im Gegenzug die von ihnen ausgebauten und zu ersetzenden Teile zur anderweitigen Aufarbeitung ab. Der Beklagte zu 3 war bis zum 28. Januar 2003 gesetzlicher Vertreter der Beklagten zu 1 und bis zum 13. Juni 2002 Geschäftsführer der Beklagten zu 2. 3 Bei der Wiederaufarbeitung werden die aufzuarbeitenden Stücke komplett zerlegt und gereinigt; Verschleißund defekte Einzelteile werden ersetzt, Kunststoffteile mit begrenzter Lebensdauer erneuert. Die ins Metall eingepräg4 ten Klagemarken verbleiben auf den Metallkörpern; soweit die Marke lediglich auf Verschlusskappen angebracht ist, ist streitig geblieben, ob diese stets durch eigene, neutrale Kappen in roter Farbe ersetzt werden. Die Beklagte zu 1 bringt an den von ihr wiederaufgearbeiteten Teilen Blechschilder an, die ein Kennzeichen der JALAIRGruppe tragen und in die die Daten des betreffenden Geräts eingestanzt sind. Ein Beispiel für ein solches Schild ist nachstehend wiedergegeben: Die Klägerin hat in der Wiederaufarbeitung und dem anschließenden Vertrieb der auf diese Weise gekennzeichneten überarbeiteten Teile eine Verletzung der ihr aus den Klagemarken zustehenden Schutzrechte gesehen und Unterlassungs, Auskunftssowie SchadensersatzFeststellungsklage erhoben, der die Beklagten entgegengetreten sind. 5 Das Landgericht hat die Beklagten zu 1 und 3 unter Androhung von Ordnungsmitteln verurteilt, es zu unterlassen, im Einzelnen spezifizierte gebrauchte Geräte für Bremssysteme in Nutzfahrzeugen, auf denen die Gemeinschaftsmarke der Klägerin angebracht ist, wiederaufzuarbeiten und diese Geräte unter dieser Gemeinschaftsmarke ohne Zustimmung der Klägerin im geschäftlichen Verkehr in der Europäischen Gemeinschaft anzubieten, solche Geräte in den Verkehr zu bringen oder zu diesen Zwecken zu besitzen, auszuführen oder für solche Geräte unter dieser Gemeinschaftsmarke zu werben. Die Beklagte zu 2 6 ist bis auf den Tatbestand des Wiederaufarbeitens gleichlautend verurteilt worden. Des Weiteren hat das Landgericht die Verurteilung der Beklagten zu 2 und 3 zur Auskunftserteilung über Namen und Anschrift ihrer gewerblichen Abnehmer, der Menge der in Deutschland ausgelieferten besagten Geräte und über die damit in Deutschland erzielten Umsätze ausgesprochen und festgestellt, dass die Beklagten zu 2 und zu 3 als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr aus den untersagten, in Deutschland begangenen Handlungen entstanden ist oder noch entstehen wird. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen.7 Hiergegen richtet sich die (Fußnote) Revision, mit der die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt. Die Beklagten beantragen, die Revision zurückzuweisen. 8

Entscheidungsgründe:




I.


Das Berufungsgericht hat die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte bejaht. Es hat sich dabei hinsichtlich der gegen die Beklagten zu 1 und 3 gerichteten Klage aus der Gemeinschaftsmarke auf Art. 90 Abs. 1 GMV i. V. mit je nach Zeitpunkt der Klagezustellung Art. 6 Nr. 1 BrüsselIVO bzw. Art. 6 Nr. 1 EuGVÜ gestützt. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Klage auch auf die nationale Marke gestützt ist, und hat die internationale Zuständigkeit insoweit aus Art. 5 Nr. 3 BrüsselIVO bzw. Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ begründet. 9 Die von der Klägerin geltend gemachten Unterlassungs, Auskunftsund Schadensersatzansprüche hat das Berufungsgericht als unbegründet angesehen. Zur Begründung hat es ausgeführt: 10 11 Der Klägerin stünden keine Ansprüche auf Unterlassung wegen Verletzung der Gemeinschaftsmarke aus Art. 9 Abs. 1, Art. 98 Abs. 1 GMV zu. Auch wenn sich die Klagemarke nach der Wiederaufarbeitung noch auf den Geräten befinde und eine Erschöpfung wegen der mit der Wiederaufarbeitung verbundenen Veränderung der Ware nicht in Betracht komme, sei die Gemeinschaftsmarke nicht verletzt, weil die Beklagte zu 1 auf den aufgearbeiteten Teilen gut sichtbar ihre eigene Kennzeichnung anbringe. Die maßgeblichen Verkehrskreise Personen, die die fraglichen Erzeugnisse gewerbsmäßig und damit häufiger nachfragten verstünden diese Aufmachung als unmissverständlichen Hinweis darauf, dass die Teile nur im ursprünglichen Zustand von der Klägerin stammten und später eine mehr oder weniger tiefgreifende Aufarbeitung durch ein anderes Unternehmen erfahren hätten. Es sei daher davon auszugehen, dass der Verkehr die Ware ihrer Herkunft nach richtig zuordne, und zwar infolge der festen Anbringung des Kennzeichens auf den Geräten auch bei nachgeordneten Vertriebsvorgängen und unabhängig davon, ob die Verpackung der wiederaufgearbeiteten Geräte zusätzlich auf die JALAIRGruppe hinweise. Damit sei eine Verletzung der Gemeinschaftsmarke aus Rechtsgründen ausgeschlossen. Entsprechendes gelte für die nationale Marke.


II.


Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg. 12

1.
Das Berufungsgericht hat die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte, die auch unter der Geltung des § 545 Abs. 2 ZPO in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen ist (Fußnote), entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung zu Recht bejaht. 14 Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte folgt aus Art. 90 Abs. 1, Art. 92 lit. a GMV i. V. mit Art. 6 Nr. 1 BrüsselIVO bzw. Art. 6 Nr. 1 EuGVÜ. Die Anwendung dieser Gerichtsstandsregelungen ist in Klageverfahren wegen (Fußnote) Verletzung einer Gemeinschaftsmarke nicht ausgeschlossen (Fußnote). Danach können mehrere Personen mit Wohnsitz in verschiedenen Vertragsbzw. Mitgliedstaaten gemeinsam vor dem Wohnsitzoder Sitzgericht (Fußnote) eines Streitgenossen verklagt werden, wenn zwischen den Klagen eine so enge Beziehung gegeben ist, dass eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung geboten erscheint, um zu vermeiden, dass in getrennten Verfahren bei derselben Sachund Rechtslage widersprechende Entscheidungen ergehen (Fußnote). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall gegeben.

a)
Die Beklagte zu 2 hat ihren Sitz (Fußnote) in Deutschland. Die Beklagten zu 1 und 3 haben ihren Wohnsitz bzw. Sitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats. Damit besteht ein Anknüpfungspunkt für die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nach Art. 6 Nr. 1 EuGVÜ bzw. Art. 6 Nr. 1 BrüsselIVO für die Verfahren gegen die Beklagte zu 1 und den Beklagten zu 3. 15

b)
aa) Im markenrechtlichen Schrifttum wird Konnexität i. S. von Art. 6 Nr. 1 EuGVÜ und Art. 6 Nr. 1 BrüsselIVO bei der Verletzung von Gemeinschaftsmarken etwa in Fällen so genannter Verletzerketten bejaht, wenn an der 16 Markenverletzung beteiligte Hersteller, Importeure, Lieferanten bzw. Großund Einzelhändler in verschiedenen Mitgliedstaaten ansässig sind (Fußnote). Dagegen begründen gleichartige Verletzungen eines europäischen Patents, die von den Mitarbeitern verschiedener, zum selben Konzern gehörender Unternehmen begangen worden sind, keine Konnexität i. S. von Art. 6 Nr. 1 EuGVÜ (Fußnote).

bb)
Im Streitfall ist Konnexität zu bejahen. Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen vertreibt die Beklagte zu 1 die von ihr aufgearbeiteten Teile über die Beklagte zu 2 in Deutschland, wobei der Beklagte zu 3 zeitweilig gesetzlicher Vertreter beider Unternehmen war. Beim Zusammenwirken von Konzernunternehmen in einer solchen Verletzerkette dass es sich bei dem beanstandeten Verhalten um eine Markenverletzung handelt, ist in diesem Zusammenhang zu unterstellen ist die gemeinsame Verhandlung und Entscheidung aller Klagen geboten, um zu vermeiden, dass in getrennten Verfahren trotz gleicher Sachund Rechtslage (FUßnote) widersprechende Entscheidungen ergehen. 17 Der Bejahung von Konnexität im Streitfall steht deren Verneinung durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften im Falle der Verletzung des europäischen Patents nicht entgegen (Fußnote). Das europäische Patent stellt ein Bündel nationaler Schutzrechte dar, die in jedem Vertragsstaat, für den sie erteilt worden sind, dieselbe Wirkung haben und denselben Vorschriften unterlie18 gen wie ein in diesem Staat erteiltes nationales Patent. In einer solchen Situation besteht eine geringere Gefahr sich widersprechender Entscheidungen als im Falle der hier in Rede stehenden Verletzung eines einheitlichen Gemeinschaftsschutzrechts, zumal es im Falle der "Verletzerkette" auch nicht um parallele Verletzungshandlungen, sondern um die Beteiligung an einer einheitlichen Schutzrechtsverletzung geht. Zwar sind mit den Beklagten zu 1 bis 3 mehrere Personen beteiligt. Das ist aber bestimmungsgemäße Voraussetzung für die Anwendung von Art. 6 Nr. 1 EuGVÜ bzw. Art. 6 Nr. 1 BrüsselIVO. Die Klägerin erstrebt mit der Unterlassungsklage abgesehen von der allein die Beklagte zu 1 betreffenden Wiederaufarbeitung ein gemeinschaftsweites Verbot identischer Handlungen (Fußnote). Dieses Klagebegehren bezieht sich somit bezüglich aller Beklagter im Wesentlichen auf die identische Sachlage. Die Entscheidung ergeht, in Anbetracht der Einheitlichkeit des Schutzrechts, auf einer gegenüber allen Beklagten identischen Rechtslage. Die Gemeinschaftsmarke stellt anders als das europäische Bündelpatent ein supranationales, EUweit einheitlich geltendes Schutzrecht dar (Fußnote). Sie hat einheitliche Wirkung für die gesamte Gemeinschaft und kann nur für dieses gesamte Gebiet eingetragen oder übertragen werden oder Gegenstand eines Verzichts oder einer Entscheidung über den Verfall der Rechte des Inhabers oder die Nichtigkeit sein. Ihre Benutzung kann nur für die gesamte Gemeinschaft untersagt werden, sofern nicht in der Gemeinschaftsmarkenverordnung etwas Abweichendes bestimmt ist (Fußnote). 19

c)
Offenbleiben kann, ob das Berufungsgericht seine internationale Zuständigkeit für die auf die nationale Marke gestützte Klage gegen die Beklagte 20 zu 1 und den Beklagten zu 3 auch wegen der allein in Spanien vorgenommenen Handlungen auf Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ bzw. Art. 5 Nr. 3 BrüsselIVO stützen konnte. Die Zuständigkeit aus Art. 90 Abs. 1 GMV, Art. 6 Nr. 1 EuGVÜ, Art. 6 Nr. 1 BrüsselIVO besteht umfassend für alle in jedem Mitgliedstaat begangenen oder drohenden Verletzungshandlungen (Fußnote)

1.

Das Klageziel wird deshalb umfassend von den Rechten aus der Gemeinschaftsmarke abgedeckt.

2.
Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass der Klägerin keine Ansprüche aus Art. 9 Abs. 1, Art. 98 GMV zustehen, greift die Revision ohne Erfolg an. Dabei kann offenbleiben, ob schon kein markenmäßiger, weil nur beschreibender Gebrauch vorliegt. Denn jedenfalls bewegt sich dieser in den Schranken von Art. 12 lit. b GMV, § 23 Nr. 2 MarkenG. 21

a)
Die Annahme des Berufungsgerichts, dass markenrechtliche Ansprüche der Klägerin nicht erschöpft sind (Fußnote), nimmt die Revision als ihr günstig hin; Rechtsfehler sind insoweit auch nicht zu erkennen. 22

b)
Der von der Revision ebenfalls nicht beanstandete Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, es sei ein unmissverständlicher Hinweis auf die Wiederaufarbeitung der weiterhin mit der Klagemarke versehenen Teile erforderlich, um eine Verletzung der Markenrechte des Herstellers des Originalprodukts auszuschließen, entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Die herkunftshinweisende Funktion einer Marke kann dadurch teilweise aufgehoben werden, dass unter Beibehaltung der Marke auf der vom Markeninhaber in Verkehr gebrachten Ware ein weiteres Zeichen angebracht und damit deutlich gemacht wird, dass die herkunftshinweisende Wirkung der ursprünglichen Marke beschränkt ist (Fußnote). Wird auf einer umgebauten Ware der ursprünglichen Herstellerbezeichnung die für das umgebaute Gerät benutzte eigene Marke gegenübergestellt und auf den Umbau hingewiesen, wird dem Verkehr deutlich gemacht, dass die ursprüngliche Herstellerbezeichnung ein fremdes Zeichen ist, nämlich zur Kennzeichnung des Geräts in seinem Ursprungszustand. Durch die Gegenüberstellung der eigenen Marke als neue Kennzeichnung des umgebauten Geräts ist es der Lebenserfahrung nach ausgeschlossen, dass der Verkehr die ursprüngliche Herstellermarke als Mittel der Kennzeichnung des nunmehr in Verkehr gebrachten umgebauten Erzeugnisses ansieht. Die Erwähnung der ursprünglichen Herstellermarke hält sich dann im Rahmen der vom markenrechtlichen Schutz freistellenden Schrankenbestimmung des § 23 Nr. 2 MarkenG (Fußnote)
c)
Die Beurteilung des Streitfalls in der Sache hängt danach davon ab, ob die angesprochenen Verkehrskreise allein aufgrund der von der Beklagten zu 1 angebrachten Kennzeichnung an den weiterhin mit der Klagemarke versehenen Erzeugnissen ohne zusätzliche Informationen erkennen, dass die Produkte nur ursprünglich von der Klägerin stammen und unabhängig von ihrer Produktverantwortung wiederaufgearbeitet worden sind. Das hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei bejaht. 24

aa)
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass es in diesem Zusammenhang darauf ankommt, ob die angesprochenen Verkehrskreise die Wiederaufarbeitung einem von der Klägerin unabhängigen Unternehmen zuordnen. 25 Der Einwand der Klägerin, die Anbringung der Blechschilder neben der Klagemarke könne dahin verstanden werden, dass die Teile von ihr selbst auf26 gearbeitet worden seien und unter einer Zweitmarke vertrieben würden, geht fehl. Er berücksichtigt nicht hinreichend, dass sich das Angebot der Beklagten an Fachkreise richtet, nämlich an Personen, welche die angebotenen Produkte gewerbsmäßig für den Reparaturbetrieb von Nutzfahrzeugen nachfragen, insbesondere KfzTechniker und Monteure. Sie sind erfahrungsgemäß im Interesse der eigenen optimalen Nachfrage über das am Markt erhältliche Angebot im Einzelnen unterrichtet und sehen "JALAIR" schon deshalb nicht als Zweitmarke der Klägerin an, weil die Klägerin selbst einzelne der streitgegenständlichen Komponenten nicht nur als fabrikneue Ersatzteile anbietet, sondern auch als wiederaufgearbeitete Ware. Dass die Klägerin diese und ähnliche Produkte zusätzlich unter einer Zweitmarke anbietet, erwartet der Verkehr erfahrungsgemäß nicht. Es spricht auch kein Erfahrungssatz dafür, nicht unerhebliche Teile des angesprochenen Verkehrs könnten der Gegenüberstellung von Klagemarke und "JALAIR"Zeichen entnehmen, die betreffenden Geräte seien zumindest unter der Kontrolle der Klägerin, jedenfalls mit ihrer Zustimmung oder technischen Unterstützung aufgearbeitet worden. Die Wiederaufarbeitung setzt allgemein keine Gestattung durch die Hersteller der Originalteile voraus. Eine Verpflichtung oder wenigstens Übung der wiederaufarbeitenden Unternehmen, sich für das Austauschgeschäft ihrer Kontrolle zu unterwerfen oder sich ihrer Zustimmung zu versichern, besteht ersichtlich nicht. Die Revision vermag auch sonst keine Umstände aufzuzeigen, die das Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise in diesem Sinne geprägt haben könnten und die das Berufungsgericht bei der Feststellung der Verkehrsauffassung vernachlässigt hätte. Zur Vermeidung einer Verwechslungsgefahr bedarf es deshalb entgegen einer in der Literatur vertretenen Ansicht auch nicht des ergänzenden Hinweises "remanufactured by..."/"wiederaufgearbeitet durch..." (Fußnote). 27 28 Ansprüche der Klägerin aus Art. 9 Abs. 1, Art. 98 GMV ergeben sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Klägerin bei zwei von den Beklagten zu den Akten gereichten Teilen Abweichungen von den Sicherheitsvorgaben gemessen hat, welche die Toleranzen ihrer unternehmensinternen Herstellerprüfvorschriften überschritten. Da die angesprochenen Verkehrskreise in der Klagemarke nur noch den Hinweis auf die ursprüngliche Herkunft der Produkte sehen, werden eventuelle qualitative Mängel der aufgearbeiteten Teile dem wiederaufarbeitenden Unternehmen zugerechnet und nicht auf den Hersteller der Originalteile zurückgeführt. Eine Schädigung des Rufs der Klagemarke hat die Klägerin schon deshalb nicht zu befürchten. Es sprechen im Übrigen entgegen der Revision keine Erfahrungssätze dafür, dass der Verkehr mit den aufgearbeiteten Erzeugnissen gedanklich die Sicherheitsvorgaben der Klägerin in Verbindung bringt, zumal diese laufend überarbeiteten und aktualisierten Werte nicht publik gemacht werden. Einen Hinweis im Zusammenhang mit der von der Beklagten zu 1 angebrachten Kennzeichnung darauf, dass die Herstellerprüfvorschriften für die Dichtigkeitsund Funktionsprüfungen nicht berücksichtigt sind, kann die Klägerin vom wiederaufarbeitenden Unternehmen deshalb nicht verlangen.

bb)
Ohne Erfolg wendet die Revision des Weiteren ein, die angebrachten Blechetikette wiesen gar nicht auf die Beklagte zu 1 hin, weil sie nur das "JALAIR"Logo enthielten. Markenrechtlich entscheidend ist allein, dass die Funktion der Klagemarke als Hinweis auf den Herstellerbetrieb neutralisiert ist. Dass die von der Beklagten zu 1 angebrachten Etiketten nicht auf sie selbst hinweisen, sondern auf die Unternehmensgruppe, zu der sie gehört, ist im Streitfall nicht von Bedeutung. 29

cc)
Das Berufungsgericht hat sich auch nicht in Widerspruch zu der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften begeben, wonach die Marke Gewähr dafür bieten soll, dass alle von ihr gekennzeichneten Waren als unter der Kontrolle eines einzigen Unternehmens hergestellt erkannt werden, das für ihre Qualität verantwortlich gemacht werden kann (Fußnote). Bei wiederaufgearbeiteten Fahrzeugersatzteilen wird, wie ausgeführt, das aufarbeitende Unternehmen für die Qualität der Teile verantwortlich gemacht. Die Markenrechte des OriginalHerstellers werden deshalb nicht verletzt, wenn die Kennzeichnung eine vom ursprünglichen Teilehersteller autonome Wiederaufarbeitung erkennen lässt, was im Streitfall, wie ebenfalls ausgeführt, der Fall ist. 30

3.
Für die Rechte aus der nationalen Marke gilt das vorstehend Ausgeführte entsprechend. 31


III.


Die Revision ist daher zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. 32 Bornkamm v. UngernSternberg Pokrant Bergmann Gröning Vorinstanzen: LG Düsseldorf, Entscheidung vom 06.12.2002 4 O 377/01 OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 16.12.2003 20 U 36/03


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Stand: 14. Dezember 2006


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Gericht / Az.: BGH - I ZR 11/04

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