Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers - Teil 22 – Vorsatz und Strafmaß

3.4.1.2.4 Vorsatz und Strafmaß

Der Geschäftsführer muss mit Vorsatz gehandelt haben. Bedingter Vorsatz ist ausreichend. Er muss es demnach für möglich halten und billigend in Kauf nehmen, dass eine Antragspflicht besteht und er diese verletzt. Hat der Geschäftsführer nicht vorsätzlich gehandelt, so genügt auch fahrlässiges handeln, um eine Strafbarkeit auszulösen. Fahrlässig handelt der Geschäftsführer, wenn er den Anhaltspunkten für das Vorliegen einer Krise nicht nachgeht, verkennt, oder die Antragsstellung sorgfaltswidrig versäumt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Geschäftsführer den Eröffnungsgrund nicht kennt, er sich aber nicht ausreichend über die finanzielle Lage der Gesellschaft informiert hat (vgl. Braun, InsO, § 15a, Rn. 18ff.)

Das Strafmaß beträgt Geldstrafe oder bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe. Bei fahrlässigem Handeln reicht das Strafmaß von einer Geldstrafe bis zu einer Freiheitsstrafe von maximal einem Jahr.
3.4.1.2.5 Sonstiges

Den Gesellschaftern steht im Zusammenhang mit der Antragspflicht in § 15a InsO kein Weisungsrecht gegenüber den organschaftlichen Vertretern zu. Der Geschäftsführer kann sich damit im Zweifel nicht darauf berufen, dass eine Anweisung der Gesellschafter bestanden hat, einen Insolvenzantrag zu unterlassen (vgl. MüKO, StGB, § 15a InsO, Rn. 76).

Zu beachten ist ebenfalls, dass der Geschäftsführer bei einer Verurteilung nicht mehr als Geschäftsführer oder Vorstand bestellt werden kann. Diese Sperre besteht für eine Dauer von fünf Jahren. Eine im Zeitpunkt der Verurteilung bestehende Tätigkeit endet kraft Gesetzes.
3.4.1.2.6 Beispiele für eine Strafbarkeit nach § 15a Abs. 4 InsO

Beispiel 1
Dem Geschäftsführer A der X-GmbH wird der wöchentliche Finanzbericht vorgelegt. Aus diesem geht hervor, dass die X-GmbH zahlungsunfähig ist. Geschäftsführer A beachtet diesen Umstand nicht, sondern setzt auf neue Kundenaufträge um die Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen. Vier Wochen später stellt der Gläubiger G einen Fremdantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
> Geschäftsführer A macht sich strafbar wegen Insolvenzverschleppung. Er hat trotz Bestehen der Antragspflicht keinen Insolvenzantrag gestellt. Aufgrund des Finanzberichts war sich A der Insolvenzreife bewusst und hat es dennoch in Kauf genommen, keinen Antrag zu stellen.

Beispiel 2
Dem Geschäftsführer A der X-GmbH wird der wöchentliche Finanzbericht vorgelegt. Aus diesem geht hervor, dass die X-GmbH zahlungsunfähig ist. Geschäftsführer A beachtet diesen Umstand zunächst nicht, sondern setzt auf neue Kundenaufträge um die Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen. Vier Wochen später stellt er jedoch doch einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
> Geschäftsführer A macht sich strafbar wegen Insolvenzverschleppung. Die verspätete Antragsstellung verhindert die Strafbarkeit nicht. Der Insolvenzantrag hätte zwingend innerhalb der Höchstfrist von 3 Wochen gestellt werden müssen. Geschäftsführer A hat zudem mit Vorsatz gehandelt, da er sich der Insolvenzreife bewusst war und hat es dennoch in Kauf genommen hat, die Antragsfrist verstreichen zu lassen.

Beispiel 3
Dem Geschäftsführer A der X-GmbH wird der wöchentliche Finanzbericht vorgelegt. Aus diesem geht hervor, dass die X-GmbH zahlungsunfähig ist. A erstellt umgehend einen Insolvenzantrag. Da er es für eine Nebensache hält, will er nicht viel Zeit für die Erstellung aufwenden. Finanzunterlagen und Informationen über die GmbH lässt er weg und reicht nur einen Zettel ein. Auf diesem steht lediglich, dass A die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der X-GmbH beantragt. Auf die Nachforderung des Insolvenzgerichts reagiert A nicht. Das Gericht weist daraufhin den Antrag als unzulässig zurück. Die Frist von 3 Wochen ist mittlerweile verstrichen.
> Geschäftsführer A macht sich strafbar wegen Insolvenzverschleppung. Er kommt der Antragspflicht nicht nach, da er einen fehlerhaften Insolvenzantrag einreicht, und die Fehler nicht beseitigt. A hat auch mit Vorsatz gehandelt, da er es für möglich gehalten hat und billigend in Kauf genommen hat, dass ein einfacher Zettel nicht genügen kann, um die Antragspflicht zu erfüllen.

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschafts- sowie Insolvenzrecht und Robin Bachmayer, Wirtschaftsjurist LL.B., erschienen im Verlag Mittelstand und Recht 2014, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-29-8.


 

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Stand: Oktober 2014


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Harald Brennecke, Rechtsanwalt

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Fachanwalt für Insolvenzrecht.

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    Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät und begleitet er Sanierungen und betreut Geschäftsführer und Gesellschafter bei Firmeninsolvenzen. Er unterstützt Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für sie bestehenden Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Wahrung der Unternehmenswerte. Er unterstützt bei der Suche nach Investoren und Wagniskapitalgebern (venture capital), begleitet Verhandlungen und erstellt Investorenverträge.


Rechtsanwalt Harald Brennecke hat im Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht veröffentlicht:

  • "Das Recht der GmbH", Verlag Mittelstand und Recht, 2015, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8
  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-26-7
  • "Die Limited in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6
  • "Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG: Auskunftsrechte der Kommanditisten einer Publikums-KG gegen Treuhänder“, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-28-1
  • "Die Gesellschafterversammlung: Ein Leitfaden", Harald Brennecke und Dipl.-Jur. Marc Schieren, M. L. E., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-50-2
  • "Arztpraxis – Kauf und Übergang", Harald Brennecke und Michael Kaiser, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-54-0

Folgende Veröffentlichungen von Rechtsanwalt Brennecke sind in Vorbereitung:

  • Die Due Diligence – Rechtliche Prüfung beim Unternehmenskauf
  • Die Liquidation der Kapitalgesellschaft
  • Die Unternehmergesellschaft (UG)

Harald Brennecke ist Dozent für Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein.  
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Gesellschaftsrecht für Steuerberater und Unternehmensberater – Grundlagen des Gesellschaftsrechts
  • Gesellschaftsvertragsgestaltung – Grundlagen und Risiken
  • Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) – kleine Chance, großes Risiko
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