Insolvenzrecht und Restschuldbefreiung in Europa - Teil 22 - Spanien Teil 2

5.2.2. Einigungsphase


5.2.2.1. Ablauf der Einigungsphase

Nach der Einheitsphase folgt die Einigungsphase (fase de convenio). Während dieser Phase unterbreitet der Schuldner in einem gemeinsamen Treffen mit den Gläubigern einen Einigungsvorschlag. Er kann der Gläubigerversammlung seinen schriftlichen Ausgleichsvorschlag als convenio oder, sofern er sich vor Konkurseröffnung wohl verhalten hat und Gläubiger, die 20 % der Forderungen repräsentieren, seinen Vorschlag befürworten, als convenio anticipado zur Abstimmung vorlegen. Falls sich die Gläubiger mit dem Schuldner auf einen Ausgleich einigen, ist eine Ausgleichsquote der Forderungen mindestens in der Höhe von 50% erforderlich, die Rückzahlungsfrist beträgt dann 5 Jahre. Bei einer zumindest teilweisen Fortführung des Unternehmens des Schuldners kann der Konkursrichter beim vorgezogenen Ausgleich (convenio anticipado) von diesem Erfordernis absehen. Der von den Gläubigern genehmigte Ausgleichvorschlag muss zuletzt von dem Richter, der die rechtliche Zulässigkeit des Vorschlags überprüft, genehmigt werden.

5.2.2.1.1. Anmeldung der Forderungen

Das neue spanische Konkursgesetz hat das Prinzip der Gleichbehandlung aller Gläubiger eingeführt. Die Gläubiger müssen ihre Forderungen innerhalb eines Monats nach der letzten Veröffentlichung bei der Konkursverwaltung anmelden. Die Konkursverwaltung erstellt innerhalb von zwei Monaten einen Bericht über die angemeldeten Forderungen und der Konkursmasse, und sie entscheidet über die Aufnahme der angemeldeten Forderung in die Forderungsliste. Danach wird eine Gläubigerliste zusammengestellt.


5.2.2.1.2. Konkursverwaltung

Das Konkursverwaltungsorgan besteht grundsätzlich aus drei Personen:

  • einem Rechtsanwalt,
  • einem Wirtschaftsprüfer,
  • einem Gläubigervertreter.

Die Konkursverwaltung verwaltet das Vermögen des Schuldners, berichtet über seine Lage und verfügt über zahlreiche Antragsrechte. Ihr obliegt ferner die Einbringung von Klagen gegen die Gesellschafter und von Anfechtungsklagen sowie die Annerkennung von Forderungen und die Feststellung des Konkursvermögens, das sie in einem Inventar zusammenfasst.

In Spanien gab es viel Kritik, einige Kritiker hielten die Regelung über Konkursverwaltung für misslungen, da für viele Insolvenzen kleiner und mittelständischer Betriebe die Auferlegung eines dreiköpfigen Konkursverwaltungsorgan als übertrieben anzusehen war und insbesondere unter Kostengesichtspunkten nicht verhältnismäßig war. Deshalb wurde die Möglichkeit eingeführt, ein vereinfachtes Insolvenzverfahren durchzuführen (dies legt der Konkursrichter fest) und die Konkursverwaltung wird nur von einem Insolvenzverwalter durchgeführt.

5.2.3. Liquidation


Kommt es trotz aller Versuche zu keinem Abschluss eines Ausgleichsvorschlags, folgt die letzte Phase – die Liquidation (fase de liquidacion). Das Vermögen des Schuldners wird verwertet und das Erlös wird an Gläubiger verteilt.

5.2.4. Verbraucherinsolvenzverfahren

Im Gegensatz zu manchen anderen europäischen Verbraucherinsolvenzregelungen ist das spanische Verbraucherinsolvenzverfahren nicht als spezielles Verfahren ausgestaltet und ist im Rahmen des Konkursgesetzes nicht in einem Sonderteil geregelt. Die zivilrechtliche Insolvenz ist das einzige Verfahren, das sowohl für private Schuldner als auch für Kaufleute gilt, und dies unabhängig davon, ob es sich um natürliche oder juristische Personen handelt.

5.2.4.1. Vereinfachtes Verfahren

Das spanische Konkursgesetz sieht jedoch besondere Regelungen für Kleininsolvenzen unter 1 Mill. Euro vor. In diesem Fall sind die Regelungen vereinfacht und das Verfahren wird nur von einem Insolvenzverwalter durchgeführt.
Dieses Insolvenzverfahren hat oft eine kürzere Verfahrensdauer – da die Schulden der üblichen Verbraucher meistens nicht 1 Mill. Euro übersteigen, kann ein verkürztes Verfahren angeordnet werden. Die Verfahrensdauer beträgt dann ca. 16 Monate. Des weiteren wird nur ein Insolvenzverwalter bestellt, so dass vor allem die Zeitersparnis sowie die Kostenreduzierung als wesentliche Vorteile dieses verkürzten Verfahrens anzusehen sind.

5.2.5. Restschuldbefreiung

Zur Restschuldbefreiung kommt es nach dem Abschluss des Ausgleichvorschlags mit den Gläubigern – es kommt zu einer maximal bis zu 50% reichenden Restschuldbefreiung mit der Rückzahlungsfrist von 5 Jahren. Bei Scheitern, Nichtzustandekommen oder auch der Nichterfüllung des besagten Schuldenbereinigungsplanes geht das Insolvenzverfahren direkt in die Abwicklungsphase bezüglich der vorhandenen Insolvenzmasse über.

 

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Insolvenzrecht und Restschuldbefreiung in Europa - Ein Vergleich der Insolvenzordnungen der Länder der EU" von Harald Brennecke und Eva Otépková, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-05-2.

 


 

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Stand: März 2009


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Gründer und Managing Partner der Kanzlei Brennecke & Partner. Er ist überwiegend im Bereich des Insolvenzrechts für Unternehmer und Unternehmen tätig.

Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht gestaltet er Sanierungen und begleitet Firmeninsolvenzen. Rechtsanwalt Brennecke berät insbesondere Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für diese bestehenden  Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Unternehmenssanierung unter dem Blickwinkel des Unternehmens als Vermögensbestandteil des Gesellschafters. Er vertritt bei unzulässigen oder unbegründeten Insolvenzanträgen. Rechtsanwalt Brennecke verhandelt mit Insolvenzverwaltern hinsichtlich des Erwerbs von Unternehmen aus der Insolvenz zum Zwecke der Unternehmensfortführung durch Investoren oder Familienangehörige. Weiter vertritt Rechtsanwalt Brennecke bei Ansprüchen des Insolvenzverwalters aus Anfechtung gegen Gesellschafter, Familienangehörige oder Dritte sowie bei (den häufig unterschätzten) Haftungsansprüchen gegen Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften.   

Er berät Insolvenzschuldner hinsichtlich der Erlangung der Restschuldbefreiung und der hierfür erforderlichen Obliegenheiten und vertritt im gesamten Insolvenzverfahren um sicherzustellen, dass der Schuldner die an ihn gestellten Obliegenheitsanforderungen zur Erlangung der Restschuldbefreiung (die über das hinausgehen, was ein Insolvenzverwalter vom Schuldner verlangt und verlangen darf) erfüllt. Der Irrtum, dass Insolvenzschuldner alleine dann schon Restschuldbefreiung erhielten, wenn sie alle Anforderungen des Insolvenzverwalters erfüllen, ist leider immer noch weit verbreitet.

Rechtsanwalt Brennecke berät Schuldner über das Vorgehen bei der Nutzung der Alternativen des europäischen Insolvenzrechts zur Restschuldbefreiung. In wenigen speziellen Fällen bietet ausländisches Insolvenzrecht Vorteile.

Er hat mehrere Bücher im Bereich Insolvenzrecht veröffentlicht, so

  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-267
  • "Die Limited in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-06-9
  • "Die Restschuldbefreiung", 2006, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-00-7 
  • "Privatinsolvenz/Verbraucherinsolvenz - Eine Einführung", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-13-1
  • "Insolvenz und Restschuldbefreiung in Europa", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-05-2
  • "Der Insolvenzplan und der Verbraucherinsolvenzplan - Sanierungsinstrument in der Insolvenz - für Verbraucher und Unternehmen", ISBN 978-3-939384-06-9
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6 
  • "Das Recht der GmbH", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, 2014, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8

Weitere Veröffentlichungen sind in Vorbereitung, so

  • „Selbständigkeit in der Insolvenz“
  • „Schutzschirm und Eigenverwaltung“
  • „Die Liquidation von Kapitalgesellschaften“

Er ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein und Dozent für Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.  Er moderiert die Gruppe Insolvenz und Insolvenzvermeidung bei XING.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißtdas eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
  • Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
  • Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer 
  • Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
  • Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters 
  • Selbständigkeit in der Insolvenz – die große Chance des Neustarts


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