Insolvenzrecht und Restschuldbefreiung in Europa - Teil 21 - Spanien Teil 1

5. Spanien

5.1. Einleitung

5.1.1. Insolvenzgesetz

In Spanien trat am 1.9. 2004 ein neues Insolvenzgesetz in Kraft, das grundlegende Änderungen in das spanische Insolvenzrecht brachte. Bislang konnte man Bestimmungen über das Konkursrecht vor allem im Handelsgesetzbuch (aus dem 19.Jahrhundert) und im Ausgleichsgesetz (Ley de Suspensión de Pagos von 1922) finden. Durch diese Veränderung wurde die bisherige Unterscheidung zwischen vier verschiedenen Verfahrensarten abgeschafft und ein einheitliches Verfahren für natürliche und juristische Personen eingeführt. Damit wurden die Unterschiede zwischen handelsrechtlichem und zivilrechtlichem Bereich aufgehoben.
Das Gesetz hat folgende Neuerungen gebracht:

  • „es wurde ein vollkommen innovatives Verfahren für die neuen Kammern für Handelsachen geschaffen,
  • das alte System des Konkurses und der Zahlungseinstellung wurde durch ein flexibleres, transparentes und einheitliches Verfahren ersetzt,
  • ein Richter mit speziellen Zuständigkeiten soll die Ausweitung des Verfahrens auf verschiedene Gerichte (wie z.B.: Zivil-, Arbeits- und Verwaltungsgerichte) verhindern.“

5.1.2. Ziel des Gesetzes

Der Hauptzweck dieser Novelle ist eine bessere Bedienung der durch die Gläubiger gewährten Kredite, obwohl das Konkursgesetz zu diesem Zweck vorrangig auf Lösungen setzt, durch die das Unternehmen und die Arbeitsplätze erhalten bleiben. Das Verfahren ist wegen der kurz bemessenen Verfahrensfristen viel flexibler, was zur Beschleunigung des gesamten Verfahrens führt.

5.2. Insolvenzverfahren

Es werden drei Phasen des spanischen Insolvenzverfahrens unterschieden:

5.2.1. Einheitsphase

5.2.1.1. Insolvenzantrag

Die erste Phase, sog. Einheitsphase (fase común), wird durch einen Insolvenzantrag eingeleitet; entweder durch den Insolvenzantrag seitens des Schuldners (freiwilliger Konkurs) oder durch den Insolvenzantrag seitens des Gläubigers (notwendiger Konkurs). Zum Insolvenzantrag müssen laut Art.6 des Konkursgesetzes bestimmte Unterlagen beigefügt werden – eine Gläubigerliste, Darstellung der wirtschaftlichen Verhältnisse der letzten 3 Jahre und ein wirtschaftlicher Bericht.
Der Schuldner kann nicht nur Insolvenzverfahren beantragen, wenn er zahlungsunfähig ist, sondern auch, wenn die Zahlungsunfähigkeit absehbar ist. Ist jedoch die Zahlungsunfähigkeit definitiv eingetreten, wird dieses Recht des Schuldners zur Pflicht, und er muss innerhalb von zwei Monaten formell Konkurs anmelden. Unterlässt der Schuldner dies schuldhaft, wird die gesetzliche Vermutung aufgestellt, dass es sich um einen sogenannten vorsätzlichen oder schuldhaften Konkurs handelt. Wird die Insolvenz seitens des Gerichts als schuldhaft angesehen, kann der Schuldner im Zeitraum von 2 bis 15 Jahren von der Verfügung über fremdes Vermögen ausgeschlossen werden.

5.2.1.2. Ablauf der Einheitsphase

Das Verfahren findet vor dem Handelsgericht statt, wobei eine neue Funktion des Handelsrichters für Konkurssachen geschaffen wurde. Im Falle eines notwendigen Konkurses (wenn also die Gläubiger den Insolvenzantrag stellen) wird der Schuldner zu einem Anhörungstermin beim Gericht geladen, damit er Einwände vorbringen kann. Widerspricht er nicht, erklärt der Richter die Insolvenz des Schuldners; im Falle eines Widerspruchs wird eine Gerichtsverhandlung zur Beweisaufnahme anberaumt. Im Anschluss daran entscheidet der Richter. Daraufhin wird die Insolvenzerklärung elektronisch, im staatlichen Amtblatt sowie in den auflagestärksten Tageszeitungen am Ort der tatsächlichen Geschäftstätigkeit des Schuldners bzw. an dessen Geschäftssitz veröffentlicht.

 

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Insolvenzrecht und Restschuldbefreiung in Europa - Ein Vergleich der Insolvenzordnungen der Länder der EU" von Harald Brennecke und Eva Otépková, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-05-2.

 


 

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Stand: März 2009


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Gründer und Managing Partner der Kanzlei Brennecke & Partner. Er ist überwiegend im Bereich des Insolvenzrechts für Unternehmer und Unternehmen tätig.

Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht gestaltet er Sanierungen und begleitet Firmeninsolvenzen. Rechtsanwalt Brennecke berät insbesondere Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für diese bestehenden  Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Unternehmenssanierung unter dem Blickwinkel des Unternehmens als Vermögensbestandteil des Gesellschafters. Er vertritt bei unzulässigen oder unbegründeten Insolvenzanträgen. Rechtsanwalt Brennecke verhandelt mit Insolvenzverwaltern hinsichtlich des Erwerbs von Unternehmen aus der Insolvenz zum Zwecke der Unternehmensfortführung durch Investoren oder Familienangehörige. Weiter vertritt Rechtsanwalt Brennecke bei Ansprüchen des Insolvenzverwalters aus Anfechtung gegen Gesellschafter, Familienangehörige oder Dritte sowie bei (den häufig unterschätzten) Haftungsansprüchen gegen Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften.   

Er berät Insolvenzschuldner hinsichtlich der Erlangung der Restschuldbefreiung und der hierfür erforderlichen Obliegenheiten und vertritt im gesamten Insolvenzverfahren um sicherzustellen, dass der Schuldner die an ihn gestellten Obliegenheitsanforderungen zur Erlangung der Restschuldbefreiung (die über das hinausgehen, was ein Insolvenzverwalter vom Schuldner verlangt und verlangen darf) erfüllt. Der Irrtum, dass Insolvenzschuldner alleine dann schon Restschuldbefreiung erhielten, wenn sie alle Anforderungen des Insolvenzverwalters erfüllen, ist leider immer noch weit verbreitet.

Rechtsanwalt Brennecke berät Schuldner über das Vorgehen bei der Nutzung der Alternativen des europäischen Insolvenzrechts zur Restschuldbefreiung. In wenigen speziellen Fällen bietet ausländisches Insolvenzrecht Vorteile.

Er hat mehrere Bücher im Bereich Insolvenzrecht veröffentlicht, so

  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-267
  • "Die Limited in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-06-9
  • "Die Restschuldbefreiung", 2006, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-00-7 
  • "Privatinsolvenz/Verbraucherinsolvenz - Eine Einführung", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-13-1
  • "Insolvenz und Restschuldbefreiung in Europa", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-05-2
  • "Der Insolvenzplan und der Verbraucherinsolvenzplan - Sanierungsinstrument in der Insolvenz - für Verbraucher und Unternehmen", ISBN 978-3-939384-06-9
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6 
  • "Das Recht der GmbH", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, 2014, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8

Weitere Veröffentlichungen sind in Vorbereitung, so

  • „Selbständigkeit in der Insolvenz“
  • „Schutzschirm und Eigenverwaltung“
  • „Die Liquidation von Kapitalgesellschaften“

Er ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein und Dozent für Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.  Er moderiert die Gruppe Insolvenz und Insolvenzvermeidung bei XING.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißtdas eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
  • Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
  • Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer 
  • Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
  • Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters 
  • Selbständigkeit in der Insolvenz – die große Chance des Neustarts


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