Unwirksamkeit von Haftungsbeschränkungsklauseln in AGB - Beispiel Autowaschanlage

Der Bundesgerichtshof hat zwei Klauseln in den AGB des Betreibers einer Autowaschanlage für unwirksam erklärt, da diese Klauseln den Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen (§ 9 Abs. 1 AGBG; jetzt § 307 Abs. 1 BGB).

In dem zugrunde liegenden Fall benutzte der Kläger die Waschanlage der Beklagten mit seinem PKW, der zwei anklappbare Seitenspiegel hat. Beim Einfahren in die Waschstraße waren die Spiegel äußerlich unbeschädigt. Nach Beendigung des Waschvorgangs hatte der rechte Seitenspiegel im Gelenk eine Beschädigung und die Zierleiste der Beifahrertür wies einen Kratzer auf. Der Kläger ließ den PKW reparieren. Nach der Reparatur benutzte er die Waschanlage der Beklagten erneut. Es ergab sich ein gleichartiger Schaden wie zuvor. Er ließ den Schaden wiederum reparieren. Der Kläger verlangt die Reparaturkosten, den Nutzungsausfall und eine Unkostenpauschale.

Die Beklagte beruft sich auf ihre AGB, mit denen der Betreiber seine Haftung für außen an der Karosserie angebrachte Teile auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränken und sich auch für sämtliche Folgeschäden von leichter Fahrlässigkeit freizeichnen wollte. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten sind durch den Aushang Vertragsbestandteil geworden (§ 305 Abs. 2 Nr. 1 BGB).

Die Wirksamkeit von Freizeichnungsklauseln dieses Inhalts für den Betrieb von Autowaschanlagen ist umstritten.

Die herrschende Meinung hält sie für unwirksam (NJW-RR 1991, 698; Erman/Roloff, BGB, 11. Aufl., § 307 Rn. 62; MünchKomm./Basedow, BGB, 4. Aufl., § 307 Rn. 109; Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 307 Rn. 76; Staudinger/Coester, BGB (1998), § 9 AGBG Rdn. 319 ff.).

Nach anderer Ansicht sind derartige Klauseln wirksam (OLG Karlsruhe NJW-RR 1986, 153; OLG Bamberg NJW 1984, 929; OLG Düsseldorf WM 1980, 1128).

Der erkennende Senat tritt der überwiegenden Meinung bei. Wenn der Betreiber einer Autowaschanlage seine Haftung für durch leichte Fahrlässigkeit herbeigeführte Beschädigungen des Fahrzeugs ausschließt, so liegt darin, auch wenn die Freizeichnung gegenständlich auf die besonders gefährdeten, außen an der Karosserie angebrachten Zubehörteile wie Scheibenwischer, Spiegel und Antennen beschränkt ist, eine unangemessene Benachteiligung der Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben (§ 309 Abs. 1 BGB).

Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen, wenn der Verwender mögliche eigene Kosten seinem Vertragspartner aufzuerlegen versucht. (BGHZ 143, 104, 113). Sinn und Zweck der Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen bestehen in der Korrektur eines Zustands, der dadurch entstanden ist, dass der Kunde mit dem Verwender keine Vertragsverhandlungen mit dem Ziel der Abänderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen geführt hat. Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist deshalb dann als unangemessen zu bewerten, wenn sie von derjenigen Vertragsvereinbarung abweicht, zu der die Parteien gelangt wären, wenn sie über den streitigen Punkt verhandelt hätten.

Das ist laut höchstrichterlicher Rechtsprechung regelmäßig der Fall, wenn durch den Haftungsausschluss wesentliche Rechte und Pflichten, die sich aus dem Vertrag ergeben, so eingeschränkt werden, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist, d. h. sobald ein solcher Haftungsausschluss dazu führt, dass zentrale vertragliche Pflichten (,,Kardinalpflichten``) zugunsten des Verwenders der AGB ausgehöhlt werden, liegt ein Verstoß gegen § 307 BGB vor. Haftungsbegrenzungen sind daher nach § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB regelmäßig unwirksam, wenn die Klausel eine summenmäßige Haftungsbegrenzung darstellt, welche den vorhersehbaren Schaden nicht erreicht, einschließlich Wertverlust und eingetretenem Folgeschaden.

Unter Berücksichtigung dieses Aspekts erscheint ein vom Betreiber einer Autowaschanlage vorgenommener allgemeiner Haftungsausschluß für durch einfache Fahrlässigkeit herbeigeführte Beschädigungen des Fahrzeugs unangemessen, auch wenn er gegenständlich auf Außenteile beschränkt ist. Denn ein solcher Haftungsausschluß widerspricht dem berechtigten Vertrauen des Kunden darauf, daß sein Fahrzeug so, wie es ist, also mit sämtlichen angebrachten Teilen, unbeschädigt aus dem Waschvorgang hervorgehen wird. Dabei erwartet der Kunde Schadensersatz immer dann, wenn der Betreiber die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen hat, also auch bei einfacher Fahrlässigkeit. Dies ist auch angemessen, da der Anlagebetreiber zu verantworten hat, wenn keine ausreichende Schadensprävention betrieben wurde, da die ständige Wartung und Überwachung der Anlage durch ihn zu erfolgen hat, weil der Kunde sein Fahrzeug der Obhut des Betreibers überläßt, ohne die weiteren Vorgänge selbst beeinflussen zu können.

Die Bewertung des Haftungsausschlusses für einfache Fahrlässigkeit als unangemessene Benachteiligung umfaßt auch jedenfalls solche Folgeschäden, die, wie der hier geltend gemachte durch die Reparatur entstandene Nutzungsausfall und die Unkostenpauschale, vorhersehbar und typisch sind. Insoweit ist ein Grund für die unterschiedliche Behandlung von unmittelbaren und Folgeschäden nicht ersichtlich.

Allgemeine Ausführungen

Die Integration des früheren AGB-Gesetzes in das Schuldrecht des BGB führte teilweise zu einer Präzisierung und Erweiterung von Klauselverboten. So regelt § 309 Nr. 7 a BGB, dass eine Klausel stets unwirksam ist, die den Ausschluss oder die Begrenzung der Haftung für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit beinhaltet. Eine Haftung kann auch nicht für Schäden aus der schuldhaften Verletzung von Pflichten bei Vertragsverhandlungen ausgeschlossen werden (§ 311 Abs. 2 BGB).

Ferner ist vom AGB-Verwender zu beachten, dass das Verbot der Haftungsbegrenzung sowohl der Höhe nach als auch in zeitlicher Hinsicht gilt. Somit ist eine klauselartige Begrenzung der Verjährungsfristen auf die im Kauf- und Werkvertragsrecht üblichen Fristen unzulässig. Es gelten vielmehr die in § 199 Abs. 2 und 3 BGB genannten Höchstfristen von 30 Jahren, gerechnet ab dem Schaden auslösenden Ereignis.

Thematisch ähnlich ist die Frage der Beschränkung von Rechten der anderen Vertragspartei, wenn der AGB-Verwender, sein gesetzlicher Vertreter oder Erfüllungsgehilfe fahrlässig eine Schutzpflicht nach § 241 Abs. 2 BGB verletzt. Jeder Vertragspartner ist zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichtet. Beispiel ist der Handwerker, der bei seiner Arbeit zumindest fahrlässig Gegenstände zerstört, so kann der Besteller die Fortführung der Arbeit ablehnen und statt dessen Schadensersatz statt Leistung verlangen. Eine formularmäßige Klausel im Werkvertrag, die dieses Recht des Bestellers einschränkt, wäre unwirksam.


Kontakt: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: 31.01.2005


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