Insolvenzrecht und Restschuldbefreiung in Europa - Teil 29 - Überblick der europäischen Länder ohne Restschuldbefreiung Teil 1

III. Überblick über die europäischen Länder, in denen keine Restschuldbefreiung gewährt wird

1. Einleitung

 

Die Erteilung einer Restschuldbefreiung - Eine Einführung im Rahmen eines Verbraucherinsolvenzverfahrens ist nicht in jedem europäischen Land möglich. In etlichen Ländern ist lediglich die Möglichkeit der Durchführung eines Regelinsolvenzverfahrens gegeben (also ein Insolvenzverfahren für Firmen, Selbständige und ggf. ehemals Selbständige). Die meisten südosteuropäischen sowie ein Teil der osteuropäischen Staaten kennen keine Verbraucherinsolvenz mit anschließender Restschuldbefreiung. In den meisten westeuropäischen Ländern (aber auch in Tschechien oder in der Slowakei) ist das Verbraucherinsolvenzverfahren eine eigenständige Verfahrensart neben dem Regelinsolvenzverfahren.
Die Möglichkeit der Erteilung einer Restschuldbefreiung für die Selbständigen oder Unternehmer im Rahmen eines Regelinsolvenzverfahrens ist in den südosteuropäischen sowie in den osteuropäischen Ländern häufig nicht vorgesehen.

2. Bulgarien

In Bulgarien ist das Insolvenzrecht in keinem einheitlichen Sondergesetz geregelt. Vielmehr finden sich die entsprechenden Bestimmungen im vierten Teil des Handelsgesetzbuchs, welches im Jahr 2003 im Sinne einer Beschleunigung des Insolvenzverfahrens und einer gerechteren Befriedigung der Gläubiger novelliert wurde.
Die Erlangung einer Restschuldbefreiung im Rahmen eines Verbraucherinsolvenzverfahrens oder im Rahmen eines Regelinsolvenzverfahrens ist in Bulgarien nicht möglich.

3. Griechenland

Die neue griechische Insolvenzordnung trat am 10.07.2007 in Kraft. Eine Verbraucherinsolvenz wurde nicht eingeführt, es gibt auch kein Insolvenzverfahren für Selbständige. Die Insolvenzlösung bleibt nur Unternehmen vorbehalten. Die Restschuldbefreiung für natürliche Personen ist in Art. 168 - 170 der griechischen Insolvenzordnung zwar vorgesehen (nach 10 Jahren möglich), sie betrifft jedoch nur persönlich haftende Gesellschafter der OHG und KG. Eine eigenständige Regelung über eine Restschuldbefreiung des Insolvenzschuldners ist in Griechenland nicht vorgesehen. Die bestehende Regelung steht im engen Zusammenhang mit der Möglichkeit einer gerichtlichen Verkündung der Einstellung des Insolvenzverfahrens nach 10 Jahren ab Insolvenzeröffnung. Die Voraussetzungen hierfür sind nach griechischem Recht u.a.:

  • die sog. „Wiederherstellung“ des Insolvenzschuldners (d.h. die Beendigung der insolvenzrechtlichen Konsequenzen aufgrund eines Zeitablaufs von mehr als 10 Jahren ab Insolvenzeröffnung unter gewissen Voraussetzungen),
  • die Feststellung der Entschuldung des Insolvenzschuldners per Gerichtsbeschluss gem. Art.167 der Insolvenzordnung,
  • die entsprechende Beschlussfassung des Insolvenzgerichts über die Wiederherstellung und Befreiung.

Zu den wesentlichen Neuerungen im griechischen Insolvenzrecht gehört die Möglichkeit der Beschleunigung des Insolvenzverfahrens durch ein vereinfachtes Verfahren bei kleinen Insolvenzen. Weiterhin wurde ein neues Organ der Insolvenzgläubiger zur Überwachung des Verfahrens, ähnlich der deutschen Gläubigerversammlung, geschaffen.

4. Italien

Die Reform des italienischen Insolvenzrechts wurde durch das gesetzesvertretende Dekret vom 9.1.2006 verwirklicht und zum 16.7.2006 in Kraft getreten. Im italienischen Insolvenzgesetz sind neben dem Insolvenzverfahren der Zwangsausgleich (Vergleich nach der Insolvenzeröffnung) , der Ausgleich (Vergleich zur Abwendung des Konkurses mittels eines gerichtlichen Vertrags) , die Geschäftsaufsicht und die Zwangsliquidation im Verwaltungsweg geregelt . Die Voraussetzung für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ist die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners. Obwohl das italienische Insolvenzrecht reformiert wurde, wurde keine Privatinsolvenz im Sinne des Verbraucherinsolvenzverfahrens mit anschließender Restschuldbefreiung in die italienische Rechtsordnung eingeführt. Die Bestimmungen der Konkursordnung stehen nur Unternehmern offen, die eine Handelstätigkeit ausüben. Die Restschuldbefreiung wird nur solchen Unternehmern, nicht aber Privatpersonen erteilt. Innerhalb eines 10-jährigen Zeitraumes kann die Restschuldbefreiung nur einmal gewährt werden.

 

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Insolvenzrecht und Restschuldbefreiung in Europa - Ein Vergleich der Insolvenzordnungen der Länder der EU" von Harald Brennecke und Eva Otépková, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-05-2.

 


 

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Stand: März 2009


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Gründer und Managing Partner der Kanzlei Brennecke & Partner. Er ist überwiegend im Bereich des Insolvenzrechts für Unternehmer und Unternehmen tätig.

Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht gestaltet er Sanierungen und begleitet Firmeninsolvenzen. Rechtsanwalt Brennecke berät insbesondere Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für diese bestehenden  Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Unternehmenssanierung unter dem Blickwinkel des Unternehmens als Vermögensbestandteil des Gesellschafters. Er vertritt bei unzulässigen oder unbegründeten Insolvenzanträgen. Rechtsanwalt Brennecke verhandelt mit Insolvenzverwaltern hinsichtlich des Erwerbs von Unternehmen aus der Insolvenz zum Zwecke der Unternehmensfortführung durch Investoren oder Familienangehörige. Weiter vertritt Rechtsanwalt Brennecke bei Ansprüchen des Insolvenzverwalters aus Anfechtung gegen Gesellschafter, Familienangehörige oder Dritte sowie bei (den häufig unterschätzten) Haftungsansprüchen gegen Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften.   

Er berät Insolvenzschuldner hinsichtlich der Erlangung der Restschuldbefreiung und der hierfür erforderlichen Obliegenheiten und vertritt im gesamten Insolvenzverfahren um sicherzustellen, dass der Schuldner die an ihn gestellten Obliegenheitsanforderungen zur Erlangung der Restschuldbefreiung (die über das hinausgehen, was ein Insolvenzverwalter vom Schuldner verlangt und verlangen darf) erfüllt. Der Irrtum, dass Insolvenzschuldner alleine dann schon Restschuldbefreiung erhielten, wenn sie alle Anforderungen des Insolvenzverwalters erfüllen, ist leider immer noch weit verbreitet.

Rechtsanwalt Brennecke berät Schuldner über das Vorgehen bei der Nutzung der Alternativen des europäischen Insolvenzrechts zur Restschuldbefreiung. In wenigen speziellen Fällen bietet ausländisches Insolvenzrecht Vorteile.

Er hat mehrere Bücher im Bereich Insolvenzrecht veröffentlicht, so

  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-267
  • "Die Limited in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-06-9
  • "Die Restschuldbefreiung", 2006, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-00-7 
  • "Privatinsolvenz/Verbraucherinsolvenz - Eine Einführung", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-13-1
  • "Insolvenz und Restschuldbefreiung in Europa", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-05-2
  • "Der Insolvenzplan und der Verbraucherinsolvenzplan - Sanierungsinstrument in der Insolvenz - für Verbraucher und Unternehmen", ISBN 978-3-939384-06-9
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6 
  • "Das Recht der GmbH", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, 2014, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8

Weitere Veröffentlichungen sind in Vorbereitung, so

  • „Selbständigkeit in der Insolvenz“
  • „Schutzschirm und Eigenverwaltung“
  • „Die Liquidation von Kapitalgesellschaften“

Er ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein und Dozent für Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.  Er moderiert die Gruppe Insolvenz und Insolvenzvermeidung bei XING.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißtdas eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
  • Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
  • Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer 
  • Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
  • Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters 
  • Selbständigkeit in der Insolvenz – die große Chance des Neustarts


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Telefon: 0721-20396-28

 


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