Gesellschaftsrecht in der Insolvenz – Teil 44 – Insolvenzstraftaten

Insolvenzstraftaten

Der Gläubigerschutz sowie der Schutz des Rechtsverkehrs vor insolventen Gesellschaften mit Haftungsbeschränken genießt in der deutschen Rechtsordnung ein hohes Ansehen. Zusätzlich zur zivilrechtlichen Haftung in einer Insolvenzlage wurden daher zahlreiche strafrechtliche Tatbestände normiert, um den Wirtschaftsverkehr zur Einhaltung der vorgesehen Pflichten zu mahnen und damit die Funktionalität der Wirtschaft zu gewährleisten. Neben den zahlreichen Abwandlungen des Bankrotts, der zentralen Insolvenzstraftat im StGB, steht vor allem die strafrechtliche Sanktionierung der Insolvenzverschleppung nach § 15a Abs. 4 InsO im Mittelpunkt.

5.4.1 Insolvenzverschleppung § 15a Abs. 4 InsO

5.4.1.1 Allgemeines

Um der Bedeutung der Antragspflicht nach § 15a Abs. 1 InsO zusätzliche Geltung zur verschaffen, wurde in Absatz 4 der Norm eine strafrechtliche Haftung normiert.

Nach § 15a Abs. 4 InsO wird demnach derjenige bestraft, wer zur Stellung eines Insolvenzantrags verpflichtet ist und diesen nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig gestellt hat (Verschleppung).

5.4.1.2 Tathandlung der Verschleppung

5.4.1.2.1 Unterlassene Antragsstellung

Der Geschäftsführer macht sich strafbar, wenn er es unterlässt, bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der GmbH, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen. Die Voraussetzungen entsprechen den Ausführungen zur zivilrechtlichen Haftung (vgl. Kapitel 3.2).

5.4.1.2.2 Fehlerhafte Antragsstellung

Die nicht richtige Antragsstellung ist ebenfalls strafbar. Die Antragsstellung ist fehlerhaft, wenn es dem Insolvenzgericht wesentlich erschwert wird, eine ordnungsgemäße Prüfung des Insolvenzantrags durchzuführen. Das Insolvenzgericht wird in solchen Fällen regelmäßig den Antrag als unzulässig zurückweisen, wodurch die Gefahr der Masseschmälerung weiterbesteht.

5.4.1.2.3 Nicht rechtzeitige Antragsstellung

Auch die nicht rechtzeitige Stellung des Insolvenzantrags löst eine Strafbarkeit aus. Demnach kann eine nachträgliche Stellung des Insolvenzantrags nach verstreichen der Höchstfrist von 3 Wochen, die Strafbarkeit nicht verhindern.

5.4.1.2.4 Vorsatz und Strafmaß

Der Geschäftsführer muss mit Vorsatz gehandelt haben. Bedingter Vorsatz ist ausreichend. Er muss es demnach für möglich halten und billigend in Kauf nehmen, dass eine Antragspflicht besteht und er diese verletzt. Hat der Geschäftsführer nicht vorsätzlich gehandelt, so genügt auch fahrlässiges handeln, um eine Strafbarkeit auszulösen. Fahrlässig handelt der Geschäftsführer, wenn er den Anhaltspunkten für das Vorliegen einer Krise nicht nachgeht, verkennt, oder die Antragsstellung sorgfaltswidrig versäumt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Geschäftsführer den Eröffnungsgrund nicht kennt, er sich aber nicht ausreichend über die finanzielle Lage der Gesellschaft informiert hat (Fußnote)

Das Strafmaß beträgt Geldstrafe oder bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe. Bei fahrlässigem Handeln reicht das Strafmaß von einer Geld- bis zu einer Freiheitsstrafe von maximal einem Jahr.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Gesellschaftsrecht in der Insolvenz“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschafts- sowie Insolvenzrecht und Thomas Dörner, wissenschaftlicher Mitarbeiter, 1. Auflage 2014, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2014, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-26-7


 

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Stand: Dezember 2014


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Gründer und Managing Partner der Kanzlei Brennecke & Partner. Er ist überwiegend im Bereich des Insolvenzrechts für Unternehmer und Unternehmen tätig.

Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht gestaltet er Sanierungen und begleitet Firmeninsolvenzen. Rechtsanwalt Brennecke berät insbesondere Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für diese bestehenden  Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Unternehmenssanierung unter dem Blickwinkel des Unternehmens als Vermögensbestandteil des Gesellschafters. Er vertritt bei unzulässigen oder unbegründeten Insolvenzanträgen. Rechtsanwalt Brennecke verhandelt mit Insolvenzverwaltern hinsichtlich des Erwerbs von Unternehmen aus der Insolvenz zum Zwecke der Unternehmensfortführung durch Investoren oder Familienangehörige. Weiter vertritt Rechtsanwalt Brennecke bei Ansprüchen des Insolvenzverwalters aus Anfechtung gegen Gesellschafter, Familienangehörige oder Dritte sowie bei (den häufig unterschätzten) Haftungsansprüchen gegen Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften.   

Er berät Insolvenzschuldner hinsichtlich der Erlangung der Restschuldbefreiung und der hierfür erforderlichen Obliegenheiten und vertritt im gesamten Insolvenzverfahren um sicherzustellen, dass der Schuldner die an ihn gestellten Obliegenheitsanforderungen zur Erlangung der Restschuldbefreiung (die über das hinausgehen, was ein Insolvenzverwalter vom Schuldner verlangt und verlangen darf) erfüllt. Der Irrtum, dass Insolvenzschuldner alleine dann schon Restschuldbefreiung erhielten, wenn sie alle Anforderungen des Insolvenzverwalters erfüllen, ist leider immer noch weit verbreitet.

Rechtsanwalt Brennecke berät Schuldner über das Vorgehen bei der Nutzung der Alternativen des europäischen Insolvenzrechts zur Restschuldbefreiung. In wenigen speziellen Fällen bietet ausländisches Insolvenzrecht Vorteile.

Er hat mehrere Bücher im Bereich Insolvenzrecht veröffentlicht, so

  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-267
  • "Die Limited in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-06-9
  • "Die Restschuldbefreiung", 2006, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-00-7 
  • "Privatinsolvenz/Verbraucherinsolvenz - Eine Einführung", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-13-1
  • "Insolvenz und Restschuldbefreiung in Europa", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-05-2
  • "Der Insolvenzplan und der Verbraucherinsolvenzplan - Sanierungsinstrument in der Insolvenz - für Verbraucher und Unternehmen", ISBN 978-3-939384-06-9
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6 
  • "Das Recht der GmbH", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, 2014, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8

Weitere Veröffentlichungen sind in Vorbereitung, so

  • „Selbständigkeit in der Insolvenz“
  • „Schutzschirm und Eigenverwaltung“
  • „Die Liquidation von Kapitalgesellschaften“

Er ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein und Dozent für Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.  Er moderiert die Gruppe Insolvenz und Insolvenzvermeidung bei XING.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißtdas eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
  • Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
  • Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer 
  • Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
  • Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters 
  • Selbständigkeit in der Insolvenz – die große Chance des Neustarts


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