Die Gesellschafterversammlung: Ein Leitfaden – Teil 16 – Fehlerhafte Gesellschafterbeschlüsse

8 Fehlerhafte Gesellschafterbeschlüsse

Das GmbH-Recht trifft selbst keine Regelungen darüber, welche Folgen es nach sich zieht, wenn im Rahmen der Beschlussfassung der Gesellschafter Fehler unterlaufen sind. Hierfür werden die Bestimmungen aus dem Aktienrecht (§§ 241 ff. AktG analog) zugrunde gelegt.(Fußnote) Wie mit einem solchen fehlerhaften Beschluss zu verfahren ist, hängt davon ab, ob ein

  • Schein-
  • schwebend unwirksamer
  • nichtiger oder
  • anfechtbarere Beschluss

vorliegt.

8.1 Scheinbeschlüsse

Von einem "Scheinbeschluss" spricht man, wenn schon aus evidenten Gründen kein Beschluss vorliegen kann, etwa, wenn jemand wahrheitswidrig behauptet, ein entsprechender Beschluss sei gefasst worden oder Nicht-Gesellschafter einen vermeintlichen Beschluss gefasst haben. Naturgemäß kann von einem solchen Scheinbeschluss keine Rechtswirkung ausgehen, auch wenn dieser in das Handelsregister eingetragen wurde. Er ist sodann von Amts wegen zu löschen (§ 395 FamFG).(Fußnote)

Beispiel
A, B und C haben einstimmig beschlossen, dass der Gesellschaftsvertrag der X GmbH in entscheidenden Punkten geändert wird. Die drei sind jedoch gar keine Gesellschafter der X GmbH. Die Beschlüsse wurden dennoch in das Handelsregister eingetragen.

  • Die Eintragungen sind von Amts wegen durch das Registergericht aus dem Handelsregister zu löschen.

Ob tatsächlich nur ein Scheinbeschluss vorliegt, kann prozessual mit einer Feststellungsklage geklärt werden.(Fußnote)

8.2 Schwebend unwirksame Gesellschafterbeschlüsse

Einige Beschlüsse bedürfen zu ihrer Wirksamkeit weiterer Mitwirkung, etwa durch den Gesellschaftervertrag mit Vetorechten ausgestatteter Gesellschafter. Bis zu diesem Mitwirkungsakt sind derartige Beschlüsse schwebend unwirksam. Wird die Mitwirkung verweigert, wird der Beschluss endgültig unwirksam.

Beispiel
Gesellschafter A ist vom Gesellschaftsvertrag mit einem Vetorecht ausgestattet. Bei einer Gesellschafterversammlung ist er abwesend, Beschlüsse werden gleichwohl gefasst.

  • Bis A den Beschlüssen zustimmt, sind diese schwebend unwirksam.

Fallgruppen ergeben sich insbesondere aus den Regelungen des Gesellschaftsvertrages, wie zum Beispiel

  • die Zustimmung eines mit einem entsprechenden Sonderrecht ausgestatteten Gesellschafters oder
  • im Falle einer unterbliebenen Protokollierung der Beschlüsse, die nach der Satzung als Wirksamkeitsvoraussetzung konstituiert ist.

Beispiel
Gesellschafter A fehlt bei einer Gesellschafterversammlung. Gesellschafterkollege B denkt, dass es sicherlich im Interesse seines Freundes A sei, wenn er für ihn mit abstimme.

  • A hat den B nicht bevollmächtigt, ihn im Rahmen der Gesellschafterversammlung zu vertreten. Es hängt somit von ihm ab, ob er die Stimmabgabe im Nachhinein genehmigt oder nicht. Bis dahin sind die Beschlüsse schwebend unwirksam, sofern nicht auch ohne die Stimmen des A das notwendige Quorum erreicht wurde.

Darüber hinaus können Beschlüsse auch wegen der Stimmabgabe durch einen Vertreter ohne Vertretungsmacht(Fußnote) bis zur Genehmigung durch den Vertretenen schwebend unwirksam sein.(Fußnote)


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Die Gesellschafterversammlung: Ein Leitfaden“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, und Dipl.-Jur. Marc Schieren, M. L. E., mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2016, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-50-2.


 

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Stand: Januar 2016


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Fachanwalt für Insolvenzrecht.

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    z.B. Beratung zu Gesellschaftskonzepten, Gestaltung von Gesellschaftsverträgen, Geschäftsführerverträgen, Handelsregisteranmeldungen, Vorbereitung und Begleitung  bei Notarterminen 
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  • Liquidation von Gesellschaften
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  • Geschäftsführerverträgen
  • Sanierung, Insolvenzvermeidung und Insolvenzbegleitung:
    Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät und begleitet er Sanierungen und betreut Geschäftsführer und Gesellschafter bei Firmeninsolvenzen. Er unterstützt Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für sie bestehenden Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Wahrung der Unternehmenswerte. Er unterstützt bei der Suche nach Investoren und Wagniskapitalgebern (venture capital), begleitet Verhandlungen und erstellt Investorenverträge.


Rechtsanwalt Harald Brennecke hat im Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht veröffentlicht:

  • "Das Recht der GmbH", Verlag Mittelstand und Recht, 2015, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8
  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-26-7
  • "Die Limited in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6
  • "Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG: Auskunftsrechte der Kommanditisten einer Publikums-KG gegen Treuhänder“, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-28-1
  • "Die Gesellschafterversammlung: Ein Leitfaden", Harald Brennecke und Dipl.-Jur. Marc Schieren, M. L. E., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-50-2
  • "Arztpraxis – Kauf und Übergang", Harald Brennecke und Michael Kaiser, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-54-0

Folgende Veröffentlichungen von Rechtsanwalt Brennecke sind in Vorbereitung:

  • Die Due Diligence – Rechtliche Prüfung beim Unternehmenskauf
  • Die Liquidation der Kapitalgesellschaft
  • Die Unternehmergesellschaft (UG)

Harald Brennecke ist Dozent für Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein.  
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Gesellschaftsrecht für Steuerberater und Unternehmensberater – Grundlagen des Gesellschaftsrechts
  • Gesellschaftsvertragsgestaltung – Grundlagen und Risiken
  • Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) – kleine Chance, großes Risiko
  • Welche Gesellschaftsform ist die Richtige? Vor- und Nachteile der Rechtsformen für Unternehmer
  • Geschäftsführerhaftung – Geschäftsführung von Kapitalgesellschaften; das letzte große Abenteuer der westlichen Zivilisation
  • Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißt das eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
  • Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
  • Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer
  • Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
  • Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters

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