Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters - Teil 26 - Tankstellenhalter
Ein Tankstellenhalter ist rechtlich ein Handelsvertreter.
Er hat nach Vertragsende einen Anspruch auf Handelsvertreterausgleich entsprechend § 89b HGB [Ausgleichsanspruch].
Im Folgenden sind die Voraussetzungen für den Anspruch auf Handelsvertreterausgleich für den Halter einer Tankstelle dargestellt:
Unternehmervorteile
Ein Tankstellenhalter hat einen Ausgleichsanspruch, wenn der Tankstellenunternehmer nach Beendigung des Vertretervertrages erhebliche Vorteile aus der Geschäftsverbindung mit
- Stammkunden ziehen kann, die
- der Tankstellenvertreter neu für ihn gewonnen hat
Neukunden
Neue Kunden eines Tankstellenhalters müssen neue Kunden der Mineralölgesellschaft sein, die der Halter der Tankstelle vertritt. Wenn sie in der Zeit, in der sie noch keine Kunden einer bestimmten Tankstelle waren, Kraftstoff von derselben Mineralölgesellschaft bezogen haben, sind sie keine neuen Kunden.
Stammkunden
Der Unternehmer hat nur Vorteile aus den Geschäftsverbindungen, die nach Ende des Handelsvertretervertrags voraussichtlich eine gewisse Dauer haben werden.
Bei Stammkundschaft drängt sich die Annahme weiterer Geschäftsabschlüsse auf. Laufkunden werden dagegen bei der Ausgleichsermittlung nicht berücksichtigt.
Der Umsatzanteil der von dem Halter der Tankstelle geworbenen Stammkunden wird aufgrund statistischer Marktforschungsergebnisse geschätzt. Der Tankstellenhalter selbst muss diesen Umsatz nicht konkret darlegen.
Mitursächliche Vermittlungstätigkeit
Ein Kunde ist vom Tankstellenhalter geworben, wenn der Halter der Tankstelle für den Vertragsschluss zwischen dem Kunden und dem Unternehmer mitursächlich war. Bei einer Selbstbedienungstankstelle verursacht der Halter der Tankstelle den Geschäftsabschluss mit, wenn er die Station offen und die Vorrichtungen betriebsbereit hält .
Provisionsverluste
Um Provisionsverluste aus künftigen Geschäften zu ermitteln ist eine Prognose erforderlich. Basis für die Prognose ist die Vermittlungsprovision der letzten zwölf Vertragsmonate. Mit Berücksichtigung der Abwanderungsquote ermittelt man die möglichen Provisionseinnahmen in den Jahren nach der Vertragsbeendigung.
Ausgleichspflichtige Provisionsverluste
Dem Handelsvertreterausgleich unterfallen nur Verluste von Vermittlungsprovisionen. Verlorene Provisionen für verwaltende Tätigkeit werden dagegen nicht ausgeglichen.
In Tankstellenverträgen kann eine Gesamtprovision oder eine nach Vermittlungsprovision und Verwaltungsprovision aufgeteilte Vergütung vereinbart werden. Oft werden in diesen Tankstellenpachtverträgen der Anteile an Verwaltungsprovision hoch und der Anteil an Vermittlungsprovision niedrig angesetzt, um den Handelsvertreterausgleich zu begrenzen.
Der tatsächliche Umfang einer Verwaltungstätigkeit durch den Tankstellenvertreter kann von der getroffenen Vereinbarung abweichen. Sind sich die Parteien nicht einig, wie die Gesamtvergütung aufzuteilen ist, muss der Tankstellenunternehmer darlegen, dass die verwaltende Tätigkeit überwiegend war.
Die Lagerhaltung und Auslieferung gehören zur werbenden Tätigkeit des Halters der Tankstellenhalter, das Inkasso hingegen nicht.
Verlustprognose
Für den Prognosezeitraum ist die voraussichtliche Dauer der Kundenbeziehung maßgeblich. Die Prognose wird in der Regel für den Zeitraum von drei bis vier Jahren angestellt. Für die Einschätzung der Kundentreue ist die Lage der Tankstelle und die Konkurrenzsituation bedeutend.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters" von Harald Brennecke und Irina Schatz, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-04-5, 2007
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Über die Autoren:
Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Harald Brennecke ist seit Jahren im Vertriebsrecht, insbesondere in den Bereichen Handelsvertreterrecht, Franchiserecht und Vertragshändlerrecht tätig.
Er vertritt Unternehmen, Handelsvertreter und Vertragshändler bei der Gestaltung und Verhandlung von Handelsvertreterverträgen und Vertragshändlerverträgen. Er begleitet bei Auseinandersetzungen über Provisionen, Überhangsprovisionen oder Handelsvertreterausgleich für Handelsvertreter, Versicherungsvertreter oder Franchisenehmer. Er begleitet bei der Erstellung n Prüfung von Buchauszügen.
Er begleitet den Aufbau und die Konzeption von Franchisesystemen und Partnersystemen im Bereich Handel, Dienstleistung und Beratung. Er gestaltet und prüft Franchiseverträge und Masterfranchiseverträge. Er verhandelt für Parteien von Franchisesystemen im Interesse einer konstruktiven Zusammenarbeit und vertritt bei Verletzungen der Verpflichtungen von Franchisegebern und Franchisenehmern.
Rechtsanwalt Brennecke vertritt weiterhin bei der Verletzung von Wettbewerbsverboten und Geschäftsgeheimnissen. Er ist besonders spezialisiert auf zivilrechtliche wie strafrechtliche Verfahren in Bezug auf unzulässige Verwendung von Kundendaten und anderen Geschäftsgeheimnissen (17 UWG).
Rechtsanwalt Harald Brennecke hat mehrere Bücher im Bereich Vertriebsrecht veröffentlicht, so
- "Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-04-5
- "Die Wettbewerbsabrede nach Beendigung des Handelsvertretervertrages", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
- "Die Provision des Handelsvertreters - Eine Einführung", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-14-4
- "Franchiserecht - Eine Einführung in das Recht des Franchising", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-15-1
- "17 UWG - Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0
Rechtsanwalt Brennecke ist Dozent für Vertriebsrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:
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