Beginn der Rücktrittsfrist des Versicherers bei vorvertraglicher Anzeigenpflichtverletzung


Der Versicherungsnehmer ist bei Abschluss von Versicherungsverträgen verpflichtet, alle im Antrag genannten Fragen wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten. Beantwortet er eine oder mehrere Fragen nicht wahrheitsgemäß und vollständig, ist der Versicherer berechtigt von dem Vertrag zurückzutreten.

Der Versicherer kann auch nach Eintritt eines Versicherungsfalles von dem abgeschlossenen Versicherungsvertrag mit der Folge zurücktreten, dass die für den Schadenfall vereinbarte Versicherungssumme nicht zu zahlen ist. Ein Rücktritt nach bereits eingetretenem Schadenfall ist zulässig, wenn nicht auszuschließen ist, dass der nicht angezeigte Gefahrumstand Einfluss auf den Eintritt des Versicherungsfalles gehabt hat.

Der Versicherer ist berechtigt innerhalb einer Rücktrittsfrist von einem Monat ab Kenntnis der im Antrag falsch beantworteten Fragen von dem Versicherungsvertrag zurückzutreten. Hierbei kommt es auf die Kenntnis des Sachbearbeiters der Versicherung an. Das bedeutet, dass der Sachbearbeiter, der die Aufgabe hat, den Sachverhalt und eine mögliche Anzeigenpflichtverletzung zu prüfen, Kenntnis von einer solchen Anzeigenpflichtverletzung haben muss.

Eine Vorverlegung des Fristbeginnes im Rahmen des Rücktirttsrechts auf einen Zeitpunkt vor der tatsächlichen Kenntnisnahme des Sachbearbeiters kann nach der gängigen Rechtsprechung erfolgen, wenn der Sachbearbeiter die Kenntnisnahme in ungebührlicher Weise, z.B. durch Nachlässigkeit oder Missbrauchsabsicht, verhindert (BGH Urteil vom 30.09.1998, IV ZR 248/97).

Besteht bereits bei Antragstellung bei dem Versicherer der Verdacht, dass eine Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht vorliegen könnte, ist der Versicherer verpflichtet, bei dem Versicherungsnehmer, bzw. bei Gesundheitsfragen auch bei den angegebenen Ärzten, zurückzufragen, um offene Fragen zu klären und seiner Anzeigepflicht zu genügen. Der Versicherer ist hier verpflichtet, seiner Rückfrageobliegenheit in einer angemessenen Zeit nachzukommen. Unterlässt er Rückfragen oder stellt er diese zurück, ist er zu einem späteren Zeitpunkt nicht berechtigt aus diesen Gründen vom Vertrag zurückzutreten.

Beispiel:

In einem Verfahren vor dem OLG Düsseldorf (Urteil vom 16.11.2004) erhielt der Versicherer ein Schriftstück, aus welchem sich ergab, dass der Versicherungsnehmer im Antrag unrichtige Angaben gemacht hatte. Dieses Schriftstück wurde einige Tage nach Zugang bei dem Versicherer von dem Sachbearbeiter bearbeitet. Das OLG Düsseldorf ging davon aus, dass hier die Frist mit Kenntnisnahme durch den Sachbearbeiter, hier Bearbeitung durch den Sachbearbeiter, erfolgte. Auch wenn dies einige Tage nach Zugang des Schreibens bei dem Versicherer geschah, ist die Frist gewahrt.


Kontakt: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2006


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist im Datenschutzstrafrecht als Strafverteidiger tätig.

Rechtsanwalt Brennecke hat zum Datenschutzrecht veröffentlicht:

  • „17 UWG – Betriebsgeheimnisse und Verrat durch (ehemalige) Mitarbeiter“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0
  • "Einführung in das Datenschutzrecht", Kapitel im E-Business Handbuch für Entscheider, 2. Aufl., ISBN 3.540-43263-9, 2002, Springer-Verlag

Folgende Veröffentlichung von Rechtsanwalt Brennecke ist in Vorbereitung:

  • Einführung in das Datenschutzstrafrecht

Rechtsanwalt Brennecke war an der IHK Karlsruhe als Dozent für Datenschutzrecht tätig. Er ist Dozent für Datenschutzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

  • Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis
  • Datenschutzstrafrecht
  • Datenschutz in Franchisesystemen – Die unterschätzte Gefahr für Franchisesysteme

Kontaktieren Sie Rechtsanwalt Harald Brennecke unter:
Mail: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28

 

Gericht / Az.: OLG Düsseldorf Urteil vom 16.11.2004, I – 4 U 57/04 // BGH Urteil vom 30.09.1998, IV ZR 248/97
Normen: § 20 Abs. 1 VVG, § 16 VVG

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