Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters - Teil 16 - Ausschluss des Ausgleichsanspruchs

Einverständlicher Eintritt eines Dritten in das Handelsvertretervertragsverhältnis

Tritt ein Dritter anstelle des bisherigen Handelsvertreters aufgrund einer Vereinbarung zwischen dem Unternehmer und dem Vertreter in das bestehende Vertragsverhältnis ein, schließt dies den Ausgleichsanspruch aus. Bei diesem Vorgang handelt es sich um eine Vertragsübernahme.

Eintrittsvereinbarung

Die Auswechslung des Vertragspartners führt dazu, dass das Vertragsverhältnis mit dem bisherigen Handelsvertreter nicht beendet, sondern mit dem Dritten fortgesetzt wird.
Der Ausgleichsanspruch des alten Vertreters scheitert somit an der fehlenden Beendigung des Vertrages. Der Dritte tritt in alle Rechte und Pflichten des bestehenden Handelsvertreterverhältnisses ein . Dabei stellt sich die Frage, ob die vom bisherigen Handelsvertreter neu geworbenen Stammkunden vom eintretenden Dritten übernommen werden und er deshalb auch für diese, bei seinem Ausscheiden, einen Ausgleich verlangen kann. Diese Frage wird unterschiedlich beantwortet .
Für den eintretenden Dritten als Nachfolgevertreter ist hier eine gesonderte Vereinbarung mit dem Unternehmer anzuraten, um einen späteren Streit zu vermeiden. Eine entsprechende Vertragsklausel könnte lauten: „Die beim Vertragseintritt übernommenen neu geworbenen Stammkunden des bisherigen Vertreters werden als neu geworbene Stammkunden des eintretenden Nachfolgers behandelt. Siehe Kundenliste......“

Gegenleistung des Dritten

Da der Ausgleichsanspruch bei einer solchen Vertragsübernahme ausgeschlossen ist, ist der Handelsvertreter auf eine entsprechende Zahlung durch den Nachfolger angewiesen. Eine solche Gegenleistung des Nachfolgers sollte durch den ausscheidenden Vertreter regelmäßig vor dem Eintritt des Nachfolgers mit diesem vereinbart werden. Der einmal erfolgte Eintritt des Dritten schließt den Ausgleichsanspruch des bisherigen Vertreters aus - unabhängig davon, ob eine Vergütungsvereinbarung geschlossen wurde.
Der gesetzlichen Regelung liegt der Gedanke zugrunde, dass der Handelsvertreter nicht doppelt begünstigt werden soll. Dies wäre dann der Fall, wenn er eine Zahlung durch den Nachfolger erhalten würde und den Ausgleich gegen den Unternehmer geltend machen könnte .
Dem ausscheidende Vertreter ist daher zu raten, mit dem Nachfolger eine eigene, schriftliche und wirksame Vergütungsvereinbarung zu schließen. Dabei sollte er sicher stellen, dass diese Vergütung nicht geringer ist als der Ausgleich nach § 89 b HGB und durchsetzbar, d.h., dass der Neuvertreter zahlungskräftig genug ist. Um dies abzusichern ist es sinnvoll, eine Sicherheit für die Vergütungsforderung zu bestellen.
Weiterhin ist eine Vereinbarung mit dem Unternehmer zweckmäßig, die den Ausgleich nur in der Höhe ausschließt, soweit vom Nachfolger tatsächlich Zahlungen erfolgen .

Zeitpunkt der Vereinbarung

Eine Vereinbarung über den Eintritt eines Dritten ist erst nach der Vertragsbeendigung zulässig, da der Ausgleichsanspruch nicht vor Vertragsbeendigung ausschliessbar ist.

Abwälzungsvereinbarung

Der Unternehmer kann mit einem Dritten, der die Tätigkeit des bisherigen Vertreters fortführen will, eine Regelung treffen, die diesen Nachfolger zur Erstattung des Ausgleichs verpflichtet, den der Unternehmer dem ausgeschiedenen Handelsvertreter auszuzahlen hat.

Interne Abwälzungsvereinbarung
Eine interne Abwälzungsvereinbarung wirkt sich in keiner Weise auf das bisherige Vertragsverhältnis aus.
Der Nachfolger zahlt dem Unternehmer einen „Einstand“ für die Übername der Handelsvertretung. Diese Einstandszahlung alleine bewirkt nicht, dass die Neukunden des Altvertreters als Neukunden des Nachfolgers behandelt werden. Vielmehr ist eine ausdrückliche entsprechende Vereinbarung mit dem Geschäftsherrn notwendig, um diese Kunden in den Neukundenbestand des Nachfolgers zu überführen .
Diese Vereinbarung verlagert die wirtschaftliche Last des Handelsvertreterausgleichs vom Unternehmer auf den Dritten. Der Anspruch des ausgeschiedenen Handelsvertreters gegen den Unternehmer bleibt unberührt.

Den Unternehmer befreiende Abwälzungsvereinbarung
Der Unternehmer kann mit einer vom Handelsvertreter genehmigten Vereinbarung mit dem Dritten die Ausgleichsschuld nicht nur wirtschaftlich, sondern auch rechtlich auf den Dritten übertragen. Da dies einen Schuldnerwechsel darstellt, ist eine Genehmigung des Gläubigers, hier des Vertreters, zwingend erforderlich.

Die Schuldübernahme ist in § 415 BGB geregelt.
Bis zur Genehmigung haften der Nachfolger und der Unternehmer für den Ausgleich als Gesamtschuldner nach § 421 BGB. Der ausgleichsberechtigte Handelsvertreter kann sich nach Belieben an jeden Gesamtschuldner halten, insgesamt jedoch nur bis zur Höhe der Schuld.

Die Genehmigung dieser Schuldübernahme durch den Handelsvertreter befreit den Unternehmer von seiner Ausgleichspflicht. Er kann seinen Ausgleich nur noch von seinem Nachfolger verlangen.
Die Vereinbarung zwischen dem Unternehmer und dem Dritten kann jederzeit getroffen werden. Die Genehmigung seitens des Vertreters darf allerdings erst nach der Vertragsbeendigung erfolgen. Genehmigt der Vertreter die Schuldübernahme zu einem Zeitpunkt, in dem das Vertragsverhältnis noch besteht, ist die Genehmigung unwirksam .

Auch an dieser Stelle sollte der Handelsvertreter an eine Sicherung seines Anspruchs, etwa durch eine Bankbürgschaft, denken. Zumeist ist das Risiko eines Zahlungsausfalls bei Einzelpersonen höher als bei Unternehmen. Zumeist sind Zahlungsschwierigkeiten von Unternehmen früher erkennbar.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters" von Harald Brennecke und Irina Schatz, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-04-5, 2007


 

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Stand: Februar 2007


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Portrait Harald-Brennecke

Harald Brennecke ist seit Jahren im Handelsvertreterrecht und sonstigen Vertriebsrecht tätig. Seine Schwerpunkte liegen im Bereich Handelsvertreterausgleich und Handelsvertreterprovision. Er erstellt und prüft alle Formen von Vertriebsverträgen und prüft Ihren Handelsvertretervertrag, Vertragshändlervertrag, Handelsmaklervertrag oder Franchisevertrag.

Er berät und vertritt bei Auseinandersetzungen über Vertreterprovisionen, Provisionsvorauszahlungen sowie (unberechtigte) Provisionsrückzahlungsansprüche gegen Handelsvertreter, Versicherungsvertreter und Handelsmakler.
Er berät im Vorfeld von Beendigungen von Handelsvertreterverträgen, Vertragshändlerverträgen, gestaltet oder prüft Kündigungen und verhandelt Vertragsaufhebungen des Vertretungsverhältnisses.
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Er berät und vertritt Unternehmer und Vertreter bei der Gestaltung von Kooperationsverträgen und bei der Geltendmachung von Ansprüchen aus Provisionsvorschüssen.

Er hat mehrere Bücher zum Thema veröffentlicht, so

  • "Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-04-5
  • "Die Provision des Handelsvertreters - Eine Einführung", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-14-4
  • "Die Wettbewerbsabrede nach Beendigung des Handelsvertretervertrages", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
  • "Franchiserecht - Eine Einführung in das Recht des Franchising", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-15-1
  • "17 UWG - Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0

Rechtsanwalt Brennecke ist Dozent für Handelsvertreterrecht. Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

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