Einführung in das Vergaberecht Teil IV Arten der Ausschreibung

Es gibt 3 verschiedene Arten von Ausschreibungen. Diese sind in § 101 GWB definiert. Danach kann ein offenes Verfahren, ein nicht offenes Verfahren oder ein Verhandlungsverfahren durchgeführt werden.

Beim Offenen Verfahren oder auch öffentliche Ausschreibung genannt, werden die Bauleistungen nach öffentlicher Aufforderung zur Gebotsabgabe an eine unbeschränkte Zahl von Bietern vergeben. Dabei ist der Grundsatz zu beachten,, dass immer eine öffentliche Ausschreibung stattfinden muss, wenn nicht die Eigenart der Leistung oder besondere Umstände eine Ausnahme davon zulassen.

Bei einem Nichtoffenen Verfahren oder auch beschränkte Ausschreibung wird die Bauleistung nach Aufforderung einer beschränkten Anzahl von Bietern vergeben.
Eine beschränkte Ausschreibung ist jedoch nur dann zulässig, wenn die öffentliche Ausschreibung

- für den Auftraggeber oder die Bewerber einen Aufwand verursachen würde, der zu dem erreichbaren Vorteil oder dem Wert der Leistung im Missverhältnis steht
- kein annehmbares Ergebnis gebracht hat
- oder unzweckmäßig ist.

Eine weitere Möglichkeit einer beschränkten Ausschreibung ist die Durchführung dieses Verfahrens nach einem Öffentlichen Teilnahmewettbewerb. Dies ist jedoch auch nur dann möglich, wenn die Leistung nach ihrer Eigenart nur von einem beschränkten Kreis von Unternehmern in geeigneter Weise ausgeführt werden kann oder wenn die Bearbeitung des Angebots eben wegen diese Eigenart einen außergewöhnlich hohen Aufwand erfordern würde.
Das Verhandlungsverfahren, oder auch freihändige Vergabe, stellt für den öffentlichen Auftragnehmer eine Ausnahme dar. Beim Verhandlungsverfahren wendet sich der Auftraggeber an ausgewählte Unternehmer und verhandelt mit einem oder mehreren dieser Unternehmer über den Auftragsinhalt, es besteht also kein Unterschied zur privaten Auftragsvergabe. Es wird lediglich unterschieden, ob vor der Auftragsvergabe ein Aufruf zum Wettbewerb erfolgte oder nicht.

Ein solches Verhandlungsverfahren darf jedoch nur durchgeführt werden nach Öffentlicher Vergabebekanntmachung, wenn sowohl im offenen als auch im nicht offenen Verfahren kein annehmbares Angebot abgegeben wurde, wenn das betroffene Bauvorhaben nur zu Forschungs-, Versuchs-, oder Entwicklungszwecken und nicht mit dem Ziel der Rentabilität oder der Deckung der Entwicklungskosten durchgeführt wird oder wenn die Leistung nach Art und Umfang nicht eindeutig beschrieben werden kann.
Insbesondere beim letzten Punkt ist zu beachten, dass der Auftraggeber nicht voreilig durch Annahme einer unbeschreibbaren Leistung sich seiner Pflicht zur Durchführung eines ordnungsgemäßen Vergabeverfahrens entziehen kann. Er muss vielmehr alle Anstrengungen unternehmen, die von ihm gewollte Leistung abschließend zu definieren. Es ist ihm auch nicht gestattet, das Risiko unzureichender oder fehlerhafter Leistungsbeschreibungen auf den Auftragnehmer zu verlagern. Eine solche mangelhafte Leistungsbeschreibung kann zur Angreifbarkeit des Vergabeverfahrens führen.

Ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige öffentliche Vergabebekanntmachung ist nur dann zulässig, wenn
- bei einem Offenen oder Nichtoffenen Verfahren gar kein, nur auszuschließende Angebote oder kein annehmbares Angebot abgegeben worden ist
- die Arbeiten aus technischen oder künstlerischen nur an ein bestimmtes Unternehmen vergeben werden kann
- wegen besonderer Dringlichkeit der Leistung die Ausschreibungsfrist nach § 18 a VOB/A nicht eingehalten werden kann

Dabei ist jedoch zu beachten, dass diese Dringlichkeit eng auszulegen ist. Insbesondere darf die Dringlichkeit nicht durch Versäumnisse des Auftraggebers herbeigeführt worden sein, etwa weil er es versäumt hat bestimmte Leistungen rechtzeitig auszuschreiben. Die Vorschrift ist eher auf unvorhersehbare Fälle zugeschnitten, bei denen Gefahr in Verzug und deshalb sofortiges Handeln geboten ist.

Eine Ausnahme im Bereich der Vergabe großer Bauvorhaben bildet die Baukonzession gemäß § 32 VOB/A, da auf diese die Vorschriften der a-Paragraphen gemäß § 32 a Nr.1 I VOB/A keine Anwendung findet.

Eine Baukonzession liegt immer dann vor, wenn dem Bauunternehmer das Recht auf Nutzung des Gebäudes, anstatt einer Vergütung gewährt werden soll. Dabei kann dem Unternehmer auch ein Teil der Bauleistung vergütet werden, nicht jedoch der gesamte Wert der Leistung. Die Nutzung kann auch so gestaltet sein, dass der Unternehmer das Gebäude ganz oder teilweise in eigenem wirtschaftlichen Risiko vermietet und den erzielten Mietzins selbst einbehält. Dabei ist es auch unschädlich, wenn ein Teil des Gebäudes durch die öffentliche Hand angemietet wird und insofern das wirtschaftliche Risiko schon von vornherein minimiert wird. Dies ist als „Draufgabe“ zulässig.



 

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Stand: Dezember 2006


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