Mitbestimmung in der AG und Vergleich zur SE
Mitbestimmung in der AG
In der deutschen Aktiengesellschaft wird ebenfalls, wie in der SE, zwischen betrieblicher und unternehmerischer Mitbestimmung unterschieden. Für soziale und arbeitsrechtliche Angelegenheiten ist der Betriebsrat zuständig. Gesetzliche Regelungen finden sich dazu im Betriebsverfassungsgesetz. Bei der unternehmerischen Mitbestimmung geht es um Einflussnahme der Arbeitnehmer auf die Unternehmensleitung und Organe der AG (Zitat). Maßgebliche Rechtsgrundlagen der unternehmerischen Mitbestimmung finden sich insbesondere im Mitbestimmungsgesetz und im Drittelbeteiligungsgesetz. § 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 MitbestG gewährt Mitarbeitern in Unternehmen, die in der Rechtsform der Aktiengesellschaft betrieben werden und mehr als 2.000 Mitarbeiter beschäftigen, ein Mitbestimmungsrecht (Zitat). Bei Konzernverhältnissen erfolgt eine Zurechnung der Arbeitnehmer des beherrschten Unternehmens an das beherrschende Unternehmen, wenn dieses nicht ohnehin mindestens 2.000 Mitarbeiter beschäftigt, vgl. § 5 Abs. 1 MitbestG (Zitat). Nach § 7 MitbestG muss der Aufsichtsrat der AG je nach Mitarbeiterzahl zur Hälfte mit Anteilseignern und Arbeitnehmern besetzt werden. Um den Einfluss der Anteilseigner zu gewährleisten, darf der Aufsichtsratsvorsitzende - der nicht gegen den Willen der Anteilseigner berufen werden darf - im Falle einer Stimmengleichheit eine zweite Stimme abgeben (Zitat). In den Anwendungsbereich des Drittelbeteiligungsgesetzes fallen Unternehmen, die in der Rechtsform der AG betrieben werden und mehr als 500 Mitarbeiter beschäftigen, vgl. § 1 Abs. 1 DrittelbG. Außerdem muss der Aufsichtsrat zu einem Drittel aus Arbeitnehmervertretern, und zu zwei Drittel aus Anteilseignern der Gesellschaft bestehen, § 4 Abs. 1 DrittelbG. Ebenso wie das Mitbestimmungsgesetz ist eine Zurechnung von Mitarbeitern in Konzernen vorgesehen.
Die unternehmerische Mitbestimmung kann insoweit vermieden werden, indem die Mitarbeiterzahl begrenzt wird, damit die Schwellenwerte des Mitbestimmungsgesetzes (2.000) und des Drittelbeteiligungsgesetzes (500) nicht überschritten werden. Im Ausland ansässige Unternehmen unterfallen ebenfalls nicht dem Anwendungsbereich der deutschen Mitbestimmung. Allerdings gilt dies nicht für die inländische Tochtergesellschaft eines ausländischen Mutterunternehmens. Eine Vermeidungsstrategie der Mitbestimmung besteht insoweit, dass die deutsche Niederlassung nicht in Form einer rechtlich selbstständigen Gesellschaft, die in den Anwendungsbereich der deutschen Mitbestimmung fallen würde, betrieben wird, sondern als rechtlich unselbständige Niederlassung des ausländischen Unternehmens geführt wird. Eine andere Möglichkeit besteht darin die Arbeitsplätze ins Ausland zu verlegen und die Arbeitnehmer bei ausländischen Tochterunternehmen zu beschäftigen. Diese Vermeidungsstrategie ist deshalb möglich, weil im Ausland tätige Arbeitnehmer bei der Berechnung der Schwellenwerte unberücksichtigt bleiben (Zitat).
2.7.3 Gesamtbetrachtung
Die in Deutschland ansässige SE wird nicht ausdrücklich in das Mitbestimmungsgesetz oder Drittelbeteiligungsgesetzes einbezogen. Daher ist sie nicht vom Anwendungsbereich der deutschen Mitbestimmung erfasst (Zitat). Stattdessen basiert die Frage nach der Mitbestimmung in der SE auf Verhandlungsverfahren. Das Verhandlungsverfahren kann
Vorteile für beide Seiten - sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber - hervorbringen, da die Verhandlungswege im Optimal-Fall eine „maßgeschneiderte Arbeitnehmervertretungsstruktur“ oder gar eigene Arbeitnehmerbeteiligungsmodelle erschaffen werden können (Zitat). Der Arbeitnehmermitbestimmung in der SE kommt eine große Bedeutung zu, da die Gesellschaft erst eingetragen werden kann, wenn eine solche Vereinbarung vorliegt. Allerdings kann der damit verbundene Zeitaufwand zu Schwierigkeiten bei der Gründung führen. (Zitat).
Vorteilhaft ist, dass die Gründung einer SE und das Arbeitnehmerbeteiligungsverfahren nicht zu einer Mitbestimmung führen, wenn in den beteiligten Gründungsgesellschaften zuvor keine existiert hat. Dies liegt daran, dass das Vorher-Nachher-Prinzip das höchste in den beteiligten Gesellschaften bestehende Mitbestimmungsniveau erhält. Dies ermöglicht jedoch bei Gründungsgesellschaften mit einem hohen Mitbestimmungsniveau eher keine „Flucht aus der Mitbestimmung“ (Zitat). Es besteht jedoch im Falle der Umwandlung einer AG in eine SE die Chance, mindestens das vorhandene Niveau der Mitbestimmung zu erhalten. Droht eine Mitbestimmung aufgrund einer Überschreitung der Schwellen des MitbestG und des DrittelbG kann die rechtzeitige Umwandlung in eine SE die Verschärfung der Mitbestimmung verhindern und wie bereits erwähnt, zumindest das vorhandene Niveau erhalten (Zitat).
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