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Verbot von Überkompensation § 15 Abs. 4 InsO

1.1.1 Geringerer Schaden

Die Gesamtgläubigerschaft soll durch die Erstattungspflicht des Geschäftsführers nicht besser dastehen, als wenn keine verbotenen Zahlungen getätigt worden wären. Daher findet sich in § 15b Abs. 4 S. 2 InsO ein Verbot von Überkompensation.

Demnach kann sich der Geschäftsführer darauf berufen, dass bei der Gläubigerschaft der GmbH ein geringerer Schaden als die Höhe der Zahlung entstanden ist. Die Haftung soll sich lediglich auf die Höhe dieses Schadens beziehen. Der Schaden beläuft somit auf die Minderung des Gesellschaftsvermögens, während das Zahlungsverbot nach § 15b Abs. 1 InsO galt. Dabei kann die Differenz des Gesellschaftsvermögens zum Zeitpunkt, an welchem die Insolvenzreife eingetreten ist und dem Zeitpunkt, an dem das Insolvenzverfahren eröffnet wird, zur Berechnung verwendet werden (vgl. (Zitat).

Der Geschäftsführer muss daher beweisen können, dass der Schaden, der bei der Gläubigerschaft entsteht, geringer ist als die Summe der getätigten Zahlungen. Die Bewertung des Schadens ist aus wirtschaftlicher Sicht zu beurteilen.

1.1.2 Erhaltener Gegenwert

Der Geschäftsführer haftet nicht, wenn die Gesellschaft im Gegenzug zu ihrer Zahlung einen Zufluss zu ihrer Masse erhält. Auch bei nicht privilegierten Zahlungen, für die die haftungsbegründenden Voraussetzungen gegeben sind, bewirkt der Ausgleich, dass die Ersatzpflicht entfällt, weil die Aktivmasse nach der Gesamtbetrachtung gleichbleibt und eine Verschlechterung der Befriedigungsaussichten der Gläubiger nicht stattfindet (Zitat).

Handelt es sich bei dem erhaltenen Gegenwert um einen Gegenstand, kommt es nicht darauf an, dass sich der Gegenstand zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung noch in der Masse der GmbH befindet. Vielmehr ist der Zeitpunkt relevant, in dem der Ausgleich zwischen der Masseverkürzung und dem Massezufluss stattfindet. (Zitat).

1.1.2.1 Verwertbarkeit des Gegenwerts

Damit der Ausgleich berücksichtigt werden kann, muss der erlangte Gegenwert zugunsten der Gesamtgläubigerschaft direkt liquide verwertbar sein. Durch diese Voraussetzung soll garantiert werden, dass das Vermögen lediglich umgeschichtet wird. Handelt es sich bei der erlangten Gegenleistung um einen Gegenstand, der vom Insolvenzverwalter nur ausgesondert oder abgesondert verwertet werden könnte (beispielsweise, weil sie unter Eigentumsvorbehalt oder mit anderen Sicherungsrechten belastet sind), findet lediglich eine Vermögensumschichtung statt. Daher werden erworbene Gegenstände, die einzelnen Sicherungsnehmern zustehen, nicht von dem Ausschluss erfasst. Ebenso verhält es sich, wenn lediglich eine Forderung begründet wird. Eine Ausnahme davon sind Forderungen gegenüber Kreditinstituten bei der Einzahlung auf ein kreditorisch geführtes Konto, da diese Forderungen bilanziell betrachtet als Buchgeld gewertet werden und dadurch direkt abrufbar sind. Somit findet eine Differenzierung zwischen unschädlichen Vermögensumschichtung von schädlichen Vermögensverschiebungen statt (Zitat).

1.1.2.2 Bewertung des Gegenwerts

Die Bewertung des Gegenwerts ist zum Zeitpunkt des Zuflusses vorzunehmen und sie richtet sich nach dem Liquidationswert. Eine Steigerung bzw. eine Verringerung des Wertes ist nicht zu beachten. Der erhaltene Gegenwert muss sich in seiner Form zu dem Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung nicht mehr im Vermögen der Gesellschaft befinden. (Zitat).

1.1.2.3 Zusammenhang zwischen Zahlung und Gegenleistung

Weiterhin verlangt der BGH einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Masseschmälerung und dem Massezufluss. Zum einen ist damit ein wirtschaftlicher Zusammenhang gemeint. So muss die Zahlung des Geschäftsführers vor dem Erhalt der Gegenleistung geschehen. Leistet der Geschäftsführer danach, findet lediglich eine Befriedigung einer Verbindlichkeit statt und es kann nicht zu einem Haftungsausschluss führen. Leistung Zug-um-Zug ist ebenfalls möglich (Zitat).

1.1.2.3.1 Leistende Person

Die Person, die die Gegenleistung tätigt, muss nicht mit der Person, die die Zahlung erhält, identisch sein. So kann die GmbH durch die Zahlung einen Anspruch gegenüber Dritten erwerben, wenn dieser Dritte daraufhin an die Masse der GmbH leistet. Erforderlich ist lediglich ein wirtschaftlicher Zusammenhang (Zitat).

1.1.2.3.2 Reparatur

Wird durch die Zahlung ein Schaden an einem Vermögensgegenstand der GmbH verhindert oder dieser Gegenstand erhalten, etwa durch eine Reparatur, kann der erhaltene Wert des Gegenstandes gegengerechnet werden. Es liegt ein konkreter Zusammenhang zwischen der Zahlung und dem Vermögensvorteil durch den abgewendeten Schaden bzw. dem Erhalt der Sache vor (Zitat).

1.1.2.3.3 Sicherheiten

Wird durch eine Zahlung der GmbH eine belastende Sicherheit der GmbH frei, kann diese Sicherheit als erhaltener Gegenwert berücksichtigt werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob durch die Zahlung eine zur Sicherung abgetretene Sache automatisch durch einen akzessorischen Zusammenhang oder durch eine Sicherheitsabrede frei wird. Durch eine Zahlung auf ein debitorisch geführtes Konto kann somit ein Gegenwert ausgelöst werden, wenn durch die Zahlung ein von der Bank besicherter Gegenstand oder eine zur Sicherung abgetretene Forderung frei wird (Zitat).

1.1.2.3.4 Anfechtungsanspruch

Ein Gegenwert kann in einem erhaltenen Anfechtungsanspruch liegen. Dafür muss der erhaltene Anfechtungsanspruch direkt liquide verwertbar sein. Der Anfechtungsanspruch muss sich direkt auf die haftungsauslösende Zahlung richten. Macht der Insolvenzverwalter den Anfechtungsanspruch tatsächlich geltend, ist der aus der Anfechtung erhaltenen Wert gegenzurechnen. Im Übrigen siehe unten unter 2.5.5.

1.1.2.3.5 Kreditlinie

Wird durch eine Zahlung auf ein debitorisch geführtes Konto durch die Bank die Möglichkeit gegeben wieder über dieses Konto zu verfügen, kann dies nicht berücksichtigt werden. Durch die frei gewordene Kreditlinie kann die GmbH die Gläubigergesamtheit nicht befriedigen. Durch die Möglichkeit von dem debitorisch gezahlten Konto wieder Zahlen zu können wird nur ermöglicht, dass ein Passivtausch stattfindet. Die Zahlung führt nur zu einer Minderung der verteilungsfähigen Masse (Zitat).

Beispiel

Dem Geschäftsführer G der X-GmbH war nicht bewusst, dass die GmbH zahlungsunfähig geworden ist. Daher kauft er trotz der Insolvenzreife für die Produktion notwendiges Holz im Ausland in Höhe von 40000 Euro. Er zahlt das Geld Zug-um-Zug mit der Übereignung des Holzes. Kurz darauf bemerkt G die Krisensituation der X-GmbH und stellt einen Insolvenzantrag. Das Holz befindet sich weiterhin in dem Vermögen der Gesellschaft. Aufgrund neuer Regulierungen im Handel sinkt der Preis für das Holz bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf 30000 Euro.

  • G haftet persönlich für die Zahlung in Höhe von 40000 Euro. Er kann im Insolvenzverfahren den erhaltenen Wert des Holzes nach § 15b Abs. 4 S. 2 InsO entgegenhalten. Dabei bemisst sich der Wert am Liquidationswert zum Zeitpunkt der Zahlung. Entspricht der Liquidationswert des Holzes zum Zeitpunkt der Zahlung dem Wert der Zahlung, entfällt der Anspruch komplett. Die Wertminderung des Holzes bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens spielt keine Rolle.

Beispiel

G hat als Geschäftsführer der X-GmbH eine Lagerhalle im Wert von 800.000 Euro an die Bank B übereignet. Die Sicherung dient dazu, ein debitorisch geführtes Konto der X-GmbH bei B zu besichern. Die X-GmbH wird zahlungsunfähig. Ein Schuldner der X-GmbH zahlt, ohne zu von der insolvenzreife zu wissen, eine fällige Verbindlichkeit auf das debitorisch geführte Konto der X-GmbH. Dadurch wird die besicherte Lagerhalle der X-GmbH wieder frei.

  • Die Zahlung des Schuldners auf das debitorisch geführte Konto der X-GmbH stellt eine verbotene Zahlung nach § 15b Abs. 1 InsO dar. G haftet nach § 15b Abs. 4 InsO persönlich für diese Zahlung. Dem Erstattungsanspruch gegen G kann dieser jedoch entgegenhalten, dass die besicherte Lagerhalle wieder frei geworden ist. Der Zahlung kann G daher haftungsmindernd den freigewordenen Wertanteil der Lagerhalle entgegenhalten.


 

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