Gesellschaftsrecht in der Insolvenz – Teil 11 – Anfechtung von Darlehensrückzahlungen

2.2.3 § 135 InsO

2.2.3.1 Anfechtung von Darlehensrückzahlungen, § 135 Absatz 1 InsO

Die Anfechtbarkeit der Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen oder einer gleichgestellten Forderung im letzten Jahr von einem Insolvenzantrag gemäß § 135 InsO ist mittlerweile kein Geheimnis mehr. Der Gesetzgeber hat sich hier für eine einfache Fristenregelung unabhängig vom Vorliegen einer Krise oder Kenntnis davon entschieden. Jegliche Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen innerhalb der Jahresfrist ist anfechtbar18.

Es folgen die Voraussetzungen einer Anfechtung nach § 135 Abs. 1 InsO. Zunächst müssen die Voraussetzungen von § 129 InsO, Rechtshandlung und eine Gläubigerbenachteiligung vorliegen. Eine Gläubigerbenachteiligung liegt regelmäßig vor, wenn durch die Rückzahlung die Insolvenzmasse verringert wird. Eine Gläubigerbenachteiligung liegt nicht vor, wenn trotz der Darlehens-rückzahlung die Insolvenzmasse ausreicht, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen. Dies wird allerdings in der Praxis nur selten der Fall sein. Die Voraussetzungen von § 129 InsO sind im Zusammenhang mit Gesellschafterdarlehen meist unproblematisch, sodass hierauf nicht weiter eingegangen wird. Grundsätzlich ist daher eine Anwendung von § 135 InsO möglich. Zunächst gilt § 135 Abs. 1 InsO für den darlehensgebenden Gesellschafter. Doch auch dem Gesellschafter gleichgestellte Dritte, wie z.B. ein Treugeber, unterliegen dieser Norm. Ebenso gilt sie für Darlehensgeber, die nachträglich Gesellschafter werden19.

Weiterhin muss ein Gesellschafterdarlehen oder eine gleichgestellte Forderung vorliegen.
Zu den Darlehen zählen neben den Gelddarlehen auch Sachdarlehen. Einem Darlehen gleichgestellte Forderungen sind hauptsächlich gestundete oder stehen gelassene Forderungen20.

Danach ist zu unterscheiden, ob für die Gesellschafterforderung eine Sicherung oder Befriedigung gewährt worden ist.
Im Fall der Sicherung einer Gesellschaftsforderung besteht die Anfechtungsmöglichkeit bis zu zehn Jahren vor dem Eröffnungsantrag des Insolvenzverfahrens.
Wird dem Gesellschafter Befriedigung gewährt, z.B. durch Rückzahlung der Darlehenssumme, so ist diese Rückzahlung anfechtbar, wenn diese im letzten Jahr vor dem Eröffnungsantrag an den Gesellschafter gezahlt wurde21.

Beispiel:
Der Geschäftsführende Gesellschafter G zahlt sich sein Monatsgehalt für Januar nicht aus. Erst im Februar zahlt er sich das ihm zustehende Januargehalt aus und lässt das Februargehalt wieder stehen. Diese Praxis führt er bis in den Dezember fort. Im Januar des nächsten Jahres wird die Insolvenz über die Gesellschaft des G eröffnet.
Der Insolvenzverwalter kann nun nach § 135 Abs. 1 InsO die im letzten Jahr stehen gelassenen Gehaltszahlungen des G anfechten.

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Gesellschaftsrecht in der Insolvenz“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Insolvenzrecht und Thomas Dörner, wissenschaftlicher Mitarbeiter, 1. Auflage 2014, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht 2014, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-26-7


 

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Stand: April 2014


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Gründer und Managing Partner der Kanzlei Brennecke & Partner. Er ist überwiegend im Bereich des Insolvenzrechts für Unternehmer und Unternehmen tätig.

Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht gestaltet er Sanierungen und begleitet Firmeninsolvenzen. Rechtsanwalt Brennecke berät insbesondere Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für diese bestehenden  Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Unternehmenssanierung unter dem Blickwinkel des Unternehmens als Vermögensbestandteil des Gesellschafters. Er vertritt bei unzulässigen oder unbegründeten Insolvenzanträgen. Rechtsanwalt Brennecke verhandelt mit Insolvenzverwaltern hinsichtlich des Erwerbs von Unternehmen aus der Insolvenz zum Zwecke der Unternehmensfortführung durch Investoren oder Familienangehörige. Weiter vertritt Rechtsanwalt Brennecke bei Ansprüchen des Insolvenzverwalters aus Anfechtung gegen Gesellschafter, Familienangehörige oder Dritte sowie bei (den häufig unterschätzten) Haftungsansprüchen gegen Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften.   

Er berät Insolvenzschuldner hinsichtlich der Erlangung der Restschuldbefreiung und der hierfür erforderlichen Obliegenheiten und vertritt im gesamten Insolvenzverfahren um sicherzustellen, dass der Schuldner die an ihn gestellten Obliegenheitsanforderungen zur Erlangung der Restschuldbefreiung (die über das hinausgehen, was ein Insolvenzverwalter vom Schuldner verlangt und verlangen darf) erfüllt. Der Irrtum, dass Insolvenzschuldner alleine dann schon Restschuldbefreiung erhielten, wenn sie alle Anforderungen des Insolvenzverwalters erfüllen, ist leider immer noch weit verbreitet.

Rechtsanwalt Brennecke berät Schuldner über das Vorgehen bei der Nutzung der Alternativen des europäischen Insolvenzrechts zur Restschuldbefreiung. In wenigen speziellen Fällen bietet ausländisches Insolvenzrecht Vorteile.

Er hat mehrere Bücher im Bereich Insolvenzrecht veröffentlicht, so

  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-267
  • "Die Limited in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-06-9
  • "Die Restschuldbefreiung", 2006, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-00-7 
  • "Privatinsolvenz/Verbraucherinsolvenz - Eine Einführung", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-13-1
  • "Insolvenz und Restschuldbefreiung in Europa", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-05-2
  • "Der Insolvenzplan und der Verbraucherinsolvenzplan - Sanierungsinstrument in der Insolvenz - für Verbraucher und Unternehmen", ISBN 978-3-939384-06-9
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6 
  • "Das Recht der GmbH", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, 2014, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8

Weitere Veröffentlichungen sind in Vorbereitung, so

  • „Selbständigkeit in der Insolvenz“
  • „Schutzschirm und Eigenverwaltung“
  • „Die Liquidation von Kapitalgesellschaften“

Er ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein und Dozent für Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.  Er moderiert die Gruppe Insolvenz und Insolvenzvermeidung bei XING.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißtdas eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
  • Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
  • Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer 
  • Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
  • Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters 
  • Selbständigkeit in der Insolvenz – die große Chance des Neustarts


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