Steuerrechtliche Aspekte in der Insolvenz Teil 2: 2.1.1. Die Behandlung der einzelnen Steuerarten und Erhebungsformen - Die Einkommensteuer (2)

Die Lohnsteuer stellt in diesem Zusammenhang eine besondere Erhebungsform der Einkommensteuer dar. Steuerschuldner ist der Arbeitnehmer, der Arbeitgeber ist lediglich verpflichtet, bei jeder Lohnzahlung die Lohnsteuer einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen. Den Arbeitgeber trifft daher eine Mitwirkungspflicht. Gemäß § 38 Abs. 3 EStG hat er sie bei jeder Lohnzahlung einzubehalten und gemäß § 41 EStG anzumelden und abzuführen. Die Lohnsteuer entsteht gemäß § 38 Abs. 2 Satz 2 EStG mit dem Zufluss des Arbeitslohns bei dem Arbeitnehmer.
Die Einordnung der Lohnsteuer als Insolvenzforderung oder Masseverbindlichkeit richtet sich hier wieder nach dem Zeitpunkt des Begründetseins. Die Lohnsteuerforderung ist in dem Zeitpunkt begründet, in dem auch der Lohnanspruch begründet ist, also mit Erbringung der Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer.
Ist die Lohnsteuerforderung bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet, so handelt es sich folglich um eine Insolvenzforderung. Andernfalls liegt eine Masseverbindlichkeit vor. Der Insolvenzverwalter hat auch in Bezug auf die Lohnsteuer alle Pflichten zu erfüllen, die zuvor der Insolvenzschuldner zu erfüllen hatte. Dementsprechend hat er insbesondere auch die Lohnsteueranmeldungen sowohl für den Zeitraum vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens als auch für den nach Verfahrenseröffnung abzugeben.
Darüber hinaus tritt der Insolvenzverwalter in die Pflichten des Arbeitgebers ein, wenn er nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens Arbeitnehmer weiter beschäftigt oder neue Arbeitsverhältnisse begründet. Die Lohnsteuer ist in diesen Fällen als Masseverbindlichkeit einzuordnen. Hier treffen den Insolvenzverwalter dieselben Pflichten, die grundsätzlich vom Arbeitgeber zu erfüllen sind. Der Insolvenzverwalter haftet daher im Falle einer nicht abgeführten Lohnsteuer gemäß §§ 34, 69 AO hierfür auch persönlich.

Bei der Durchsetzung der Einkommensteuerschuld muss unterschieden werden, ob die Einkommensteuerschuld zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits entstanden, begründet und fällig war. Daher müssen die Einkommensteuerabschlusszahlung und die Einkommensteuervorauszahlung getrennt voneinander betrachtet werden.
Die Vorauszahlungspflichten zur Einkommensteuer entstehen gemäß § 37 EStG mit Beginn eines jeden Kalendervierteljahres. Sie sind daher jeweils am 10.03., 10.06., 10.09. und 10.12 eines jeden Kalenderjahres fällig. Die Art der Durchsetzung der Vorauszahlungen hängt von dem Zeitpunkt der Entstehung der Forderung ab. Die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstandene Vorauszahlungsschuld ist als Insolvenzforderungen zu qualifizieren und als solche zur Insolvenztabelle anzumelden. Fällt die Entstehung auf einen Zeitpunkt nach Verfahrenseröffnung, handelt es sich um sonstige Masseverbindlichkeiten. Im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht fällige Vorauszahlungen sind ebenfalls anzusetzen. Dies erfolgt nach § 41 InsO.
Im Hinblick auf die Einkommensteuerabschlusszahlung muss dahingehend differenziert werden, ob sie vor oder nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet war. Denn entstehen tut die Einkommensteuerabschlusszahlung in jedem Fall gemäß § 36 Abs. 1 EStG erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, nämlich mit Ablauf des Veranlagungszeitraumes. Dies ist regelmäßig, wie bereits erörtert, das Kalenderjahr. Der Teil der Abschlusszahlung, der als Insolvenzforderung einzuordnen ist, ist folglich als aufschiebend bedingte Forderung im Sinne des § 191 Abs. 1 InsO zu behandeln. Die Abschlusszahlung für einen vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgeschlossenen Veranlagungszeitraum ist in diesem Zusammenhang als unbedingte Insolvenzforderung anzusehen. Eine solche Forderung, die zum Zeitpunkt der Eröffnung wegen fehlender Bekanntgabe des Steuerbescheides noch nicht fällig war, gilt gemäß § 41 Abs. 1 InsO als fällig und ist zur Insolvenztabelle anzumelden.

 

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Stand: 04/2010


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