Einführung ins Erbrecht Teil 7: Vor- und Nacherbschaft - 1. Begriffe

Der Erblasser kann die Vermögensverhältnisse über mehrere Generationen hinweg regeln. Er ordnet für diesen Fall in seinem letzten Willen die Vor- und Nacherbschaft an. Durch diese Vorgehensweise kann der Erblasser bestimmen, dass sein Vermögen innerhalb der Familie bleibt und wem die Rechte daran als Erben zustehen. Der Vor- und der Nacherbe erben das Vermögen des Erblassers entweder im vollem Unfang oder sie erben eine Vermögensquote. Die Vor- und Nacherbschaft bezieht sich nicht auf einzelne Gegenstände.

Als Vor- und Nacherbe kann jede natürliche Person eingesetzt werden. Im Gegensatz zur direkten Erbeinsetzung, kann auch ein ungezeugtes Kind als Nacherbe eingesetzt werden. Es muss allerdings im Zeitpunkt des Nacherbfalls gezeugt sein.
Der Vorerbe wird zunächst für bestimmte Zeit Erbe des Erblassers. Nacherbe ist derjenige, der nach dem Vorerben Erbe des Erblassers wird, §§ 2100 ff. BGB. Sowohl der Vorerbe als auch der Nacherbe sind also Erben des Erblassers. Der Nacherbe ist damit nicht Erbe des Vorerben. Dieser kann ihm daher die von ihm (vor)geerbte Erbschaft nicht durch Testament entziehen. Anderes gilt nur dann, wenn der Nacherbe vom Erblasser unter der Bedingung eingesetzt ist, dass der Vorerbe nichts anderes verfügt.

Sofern der Nacherbe ein Kind des Erblassers ist, erhält der Nacherbe keinen Pflichtteilsanspruch. Einen Pflichtteilsanspruch erhält nämlich nur derjenige, welcher durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen ist oder das Erbe ausgeschlagen hat. Da aber der Nacherbe direkter Erbe des Erblassers ist, ist er somit nicht pflichtteilsberechtigt. Schlägt er allerdings die (Nach)Erbschaft aus, hat er einen Anspruch auf den gesetzlichen Pflichtteil.

Vielfach kommt es anders, als der Erblasser es in seiner letztwilligen Verfügung geplant hat. Verstirbt der Vorerbe vor dem Erblasser sind die Nacherben im Zweifel dessen Ersatzerben. Die „Nacherben“ ersetzen den „Vorerben“ und erben direkt vom Erblasser.

Sollte es zu einem frühzeitigen Versterben des Nacherben kommen, ist entscheidend, ob er vor oder nach dem Erblasser stirbt. Stirbt der angeordnete Nacherbe vor dem Erblasser, so wird der Vorerbe endgültiger Erbe. Außer der Erblasser hat ausdrücklich für diesen Fall eine andere Regelung angeordnet. Verstirbt der angeordnete Nacherbe nach dem Erblasser, aber vor Vorerben, geht das Nacherbrecht auf die Kinder und Enkelkinder des Nacherben über. Auch hier kann der Erblasser vorausschauend eine andere Regelung in seiner letztwilligen Verfügung vorsehen.

Eine besondere Situation besteht, wenn der Vorerbe keine Kinder hat. Der Erblasser bestimmt eines seiner Kinder zum Vorerben in der Gewissheit, dass dieses keine Kinder hat und bestimmt einen Nacherben. Bekommt das zum Vorerben eingesetzte Kind später ein Kind, ist anzunehmen, dass die Anordnung der Vor- und Nacherbschaft nicht mehr gelten soll. Die Unbeachtlichkeit der Vor- und Nacherbschaft begründet sich auf die gesetzliche Vermutung, dass das Vermögen innerhalb der Familie verbleiben soll. Dies führt dazu, dass das Kind endgültiger Erbe des Erblassers wird. Etwas anderes gilt nur, wenn der Erblasser eine ausdrückliche Regelung vorgenommen hat.

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Erbrecht – Eine Einführung“ von Harald Brennecke, Dr. Maren Augustin und Isabell Hartung, ISBN 978-3-939384-17-5.


 

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Stand: September 2009


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt

Portrait Harald-Brennecke

Harald Brennecke ist seit 1997 mit erbrechtlichen Mandaten befasst.
Als Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht berät er insbesondere bei der Gestaltung von Unternehmertestamenten, der Übertragung von Unternehmensanteilen und der Ausarbeitung von Unternehmererbverträgen im Hinblick auf die Sicherung der Unternehmensnachfolge. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät er Erben und potenzielle Erben bei überschuldetem Nachlass in Bezug auf Erbausschlagung, Dürftigkeitseinreden und der Beantragung und Begleitung bei Nachlassinsolvenzverfahren.
Er berät weiterhin bei der Erstellung von Testamenten und der Gestaltung von Vermögensübergängen, insbesondere aus erbschaftssteuerlicher Sicht und der Auseinandersetzung von Erbengemeinschaften. Er berät bei Pflichtteilsansprüchen, Vermächtnissen sowie bei Fragen der Vorerbschaft und Nacherbschaft. Er begleitet Erben bei der Beantragung von Erbscheinen und der Abwicklung der Erbschaft.

Harald Brennecke hat im Erbrecht veröffentlicht:

  • "Erbrecht – Eine Einführung“ von Harald Brennecke und Dr. Maren Augustin, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-17-5
  • „Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen“, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8

Bereits 1999 war er Experte für Erbrecht in einer Serie von Live-Fernsehsendungen.
Rechtsanwalt Brennecke ist Dozent für Erbrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

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