Wettbewerbsrecht - Einführung ins Recht des unlauteren Wettbewerbs - UWG - Teil 16 - Gezielte Behinderung Teil 2
4.2.4.5. Behinderung durch Mitarbeiterabwerbung
Es ist unlauter, den Mitarbeiter eines Mitbewerbers zum Vertragsbruch zu verleiten, also gezielt auf dessen Vertragsbruch hinzuwirken.
Das Vorgehen muss erkennen lassen, dass der abwerbende Unternehmer den Mitbewerber durch planmäßiges Ausspannen eingearbeiteter Arbeitskräfte schädigen will.
Beispiel:
Der abgeworbene Mitarbeiter wird überhaupt nicht benötigt.
4.2.4.6. Behinderung durch Boykott
Ein Boykott ist eine Aufforderung zu Liefer- oder Bezugssperren. Die Aufforderung muss nicht ausdrücklich als Boykott bezeichnet werden. Grundsätzlich ist ein Boykott eine von mehreren Seiten organisierte Sperre. Somit sind mindestens drei Beteiligte Voraussetzung eines Boykotts:
- Verrufer (Derjenige, von dem der Boykott ausgeht, der zum Boykott aufruft)
- Adressat des Boykottaufrufs (der den Boykott umsetzen soll)
- Boykottierter (der in Verruf gebracht wurde, der boykottiert wurde)
Dabei ist ein wesentliches Merkmal des Boykott-Tatbestandes, dass der Adressat des Boykotaufrufs eine funktionell selbstständige Rolle im Wettbewerb einnimmt. Daran fehlt es etwa bei 100 prozentigen Tochtergesellschaften oder weisungsgebundenen Personen wie Arbeitnehmern oder Handelsvertretern. Fehlt es an einer solchen freien Willensbildung, scheidet der Boykott von vornherein aus. Weiterhin muss eine eventuelle Bezugs- oder Liefersperre auf den Boykottaufruf zurückgehen. Im Gegensatz dazu ist es nicht erforderlich, dass der ursprüngliche Adressat des Boykottaufrufs und der letztendlich Ausführende identisch sind.
Beispiel:
Boykottaufruf an Leser einer Zeitung.
4.2.4.7. Behinderung durch Störung des Betriebes
Die Unlauterkeit kann sich aus psychischen oder physischen Einwirkungen ergeben.
Stets unlauter ist die vorsätzliche Beeinträchtigung betrieblicher Abläufe im Unternehmen des Mitbewerbers.
Beispiele:
o Die Zerstörung oder Beschädigung von Maschinen
o Das Versperren einer Zufahrt zum Betrieb
Ein besonderer Fall ist die Betriebsspionage.
Auch wenn die Vorschriften über den Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen (siehe unter 7.2.) nicht eingreifen, ist das Auskundschaften von internen Betriebsverhältnissen, mit der Absicht künftigen Wettbewerb vorzubereiten, unlauter.
Beispiele:
Ein Mitbewerber besichtigt eine Maschine und kundschaftet ihren Bau unter dem Vorwand aus, Kaufinteressent zu sein.
4.2.4.8. Behinderung durch Preisunterbietung
Gezielte Preisunterbietung von Konkurrenten kann sich ebenfalls als unlautere gezielte Behinderung erweisen. Hier sind besonders
- Marktmacht der Beteiligten
- Dauer der fraglichen Wettbewerbsmaßnahme
- Zielsetzung der Wettbewerbsmaßnahme
- Auswirkungen der Maßnahme auf den betreffenden Markt in der folgenden Zeit
zusammenhängend zu berücksichtigen.
Von einer unlauteren Maßnahme kann ausgegangen werden, wenn die Preisunterbietung geeignet ist, einzelne Mitbewerber zu verdrängen, zu vernichten oder dies konkret erreicht werden soll.
Beispiel:
Ein großes Unternehmen bietet Waren unter dem Einkaufpreis an, um ein kleineres Unternehmen vom Markt zu verdrängen, dass so billige Preise nicht so lange anbieten kann.
4.2.4.9. Behinderung durch Diskriminierung
Unter einer Diskriminierung ist die sachlich nicht gerechtfertigte unterschiedliche Behandlung von Personen zu verstehen.
Diskriminiert werden kann durch:
- den Preis, die Rabatte und die Konditionen
sofern sie in der Absicht vorgenommen werden, bestimmte Mitbewerber vom Markt zu verdrängen. Dies wird als Vernichtungsunterbietung bezeichnet.
- die Ablehnung von Vertragsabschlüssen gegenüber Abnehmern oder Lieferanten
hier müssen jedoch im Einzelfall besondere Umstände hinzukommen, da die Vertragsfreiheit im Grundsatz unberührt bleiben soll.
Bedient sich der Diskriminierende einer Mittelsperson, muss er sich deren Verhalten zurechnen lassen, wenn diese keine Entschlussfreiheit besitzt, sondern unselbstständig und weisungsgebunden handelt.
4.2.4.10. Behinderung durch Domaingrabbing
Eine Abgrenzung zwischen Domaingrabbing (Registrierung von Domains auf Vorrat zu unterschiedlichen Zwecken – oft als „Hamstern“ bezeichnet) und Domainhandel (Registrierung von Domains auf Vorrat zwecks Verkauf) ist kaum möglich; beides bezeichnet die Registrierung von Domains in einer größeren Zahl als zur unmittelbaren eigenen Verwendung.
Als Voraussetzung für die Unlauterkeit von Domain-Eintragungen gilt, dass die Registrierung und Aufrechterhaltung einer Domain nach Lage der Dinge nur den Zweck haben kann, sich durch deren Verkauf oder Lizenzierung an Dritte, die wirtschaftlich auf die Nutzung der Domain angewiesen sind, zu bereichern. Ein Indiz dafür ist es, wenn der Domain-Inhaber für sich eine Vielzahl von Domains registrieren lässt, ohne einen ernsthaften Benutzungswillen (für sich selbst im eigenen Geschäftsbetrieb oder für Dritte z. B. aufgrund eines bestehenden oder potenziellen Beratungskonzepts) zu haben.
4.2.4.11. Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung
Hier wird vom Verwarner ein angeblicher Verstoß gegen ein Schutzrecht beanstandet und dazu aufgefordert dies zu Unterlassen. Die Verwarnung kann sich an den Abnehmer oder Hersteller richten.
Streitig ist in diesem Zusammenhang die Frage wann die Verwarnung unberechtigt ist, dies ist in der Regel der Fall, wenn das geltend gemachte Recht nicht besteht, es nicht verletzt wurde oder der Verwarner nicht berechtigt ist dies geltend zu machen.
Gegen eine unberechtigte Schutzrechtsverwarnung können Unterlassungs-, Beseitigungs- und Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden. Erfolgt die Verwarnung gegen einen Abnehmer, kann dies auch vom Hersteller geltend gemacht werden. Der Schadensersatzanspruch setzt jedoch stets ein Verschulden des Verwarners voraus.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Wettbewerbsrecht - Einführung ins Recht des unlauteren Wettbewerbs - UWG" von Harald Brennecke und Florin Brückner, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-12-0.
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Über die Autoren:
Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Rechtsanwalt Harald Brennecke berät und vertritt als Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz bei Verstößen im Bereich des unlauteren Wettbewerbs, sei es im außergerichtlichen Bereich der Abmahnungen und Abschlussschreiben, im Bereich der einstweiligen Verfügungen oder in gerichtlichen Hauptsacheverfahren und wehrt unberechtigte Abmahnungen ab. Er verhandelt Vertragsstrafevereinbarungen zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr zwischen Verletzern und Verletzten.
Er prüft Werbeauftritte und Werbemaßnahmen wie Internetseiten, Onlineshops, Firmenauftritte, Prospekte und AGB auf wettbewerbswidrige Inhalte zur Vermeidung von Abmahnrisiken.
Rechtsanwalt Brennecke berät Unternehmer beim Schutz ihrer Geschäftsgeheimnisse und Kundendaten. Er ist im Bereich der UWG-Straftaten als Srafverteidiger und bei der Ermittlung und Dokumentation von Straftaten und der Erstellung von Strafanzeigen tätig, unter anderem bei Strafbarer Werbung, 16 UWG oder Verrat von Geschäftsgeheimnissen, 17 UWG, wie z.B. die unberechtigte Verwendung von Kundendaten.
Harald Brennecke hat im unter anderem veröffentlicht:
- "Wettbewerbsrecht - Einführung in das Recht des unlauteren Wettbewerbs und das UWG", Harald Brennecke und Florin Brückner, 2010, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-12-0.
- "17 UWG - Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen“, 2015, ISBN 978-3-939384-38-0, Verlag Mittelstand und Recht
- "Urheberrecht - eine Einführung", von Harald Brennecke und Simon Hofmann, 2011, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-23-6
- "Lizenzrecht - eine Einführung. Lizenzarten und Lizenzverträge.“ von Harald Brennecke und Florin Brückner, 2010, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-08-3
- "Markenrecht - eine Einführung Markenformen, Markenschutz und Markenanmeldung ", Harald Brennecke und Florin Brückner, 2010, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-22-9
Weitere Veröffentlichungen von Harald Brennecke sind in Vorbereitung, unter anderem zum Thema
- Recht im Marketing
Harald Brennecke ist Dozent für Wettbewerbsrecht, Urheberrecht und Lizenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:
- Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis
- Strategische Ausrichtung von Unternehmen aus wettbewerbsrechticher Sicht
- Markenschutzstrategien als betriebswirtschaftliches Instrument
- Onlineshops rechtssicher gestalten
- Lizenzvertragsgestaltung
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- Vertriebslizenzen in Recht und PraxisK
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