Wettbewerbsrecht - Einführung ins Recht des unlauteren Wettbewerbs - UWG - Teil 12b - Das Transparenzgebot

4.1.4. Das Transparenzgebot

Insbesondere unlauter handelt gemäß § 4 Nr. 4 UWG, wer „bei Verkaufsförderungsmaßnahmen wie Preisnachlässen, Zugaben oder Geschenken die Bedingungen für ihre Inanspruchnahme nicht klar und eindeutig angibt“. Der Gesetzgeber will damit dem besonderen Informationsbedarf der Kunden bei Verkaufsförderungsmaßnahmen gerecht werden.

Der BGH hat mit Urteil vom 11. März 2009 festgestellt, dass § 4 Nr. 4 UWG mit Art. 7 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 der EG Richtlinie in Einklang steht, also richtlinienkonform ist.

Es kann auf den Umstand ankommen, ob im Zeitpunkt des Kaufes einer Ware oder bei der Einlösung eines Gutscheins die beworbene Zugabe oder das beworbene Geschenk noch vorrätig ist.

Sollen nur bestimmte Kunden in den Genuss der Verkaufsförderungsmaßnahmen gekommen, musste der Werbende konkrete Angaben darüber machen, welcher Personenkreis bedacht oder ausgeschlossen sein soll und daher müssen die Kriterien wie etwa Wohnort, Geschlecht, Beruf, oder Alter genannt werden. Sofern das Angebot auf bestimmte Waren beschränkt ist, ist dies ebenfalls anzugeben. Gleiches betrifft eine zeitliche Einschränkung der Verkaufsförderungsaktion.

§ 4 Nr. 4 UWG fordert lediglich Angaben über die Bedingung der Inanspruchnahme von Verkaufsförderungsmaßnahmen, also keine Angaben über die Vergünstigung selbst, also über den Wert der Zugabe / des Geschenks oder über die Höhe des Preisnachlasses. Diese Angaben können jedoch nach anderen Normen, z.B. nach § 5 UWG anzugeben sein.
Macht der Unternehmer jedoch Preisangaben, müssen diese richtig und vollständig sein, da sie andernfalls irreführen, was gegen § 5 Abs. 2 UWG verstoßen würde. Maßstab dürften die Vorschriften der Preisangabenverordnung sein.

Zu benennen sind:
+ Personenkreis (falls eingeschränkt)
+ Warenkreis (falls eingeschränkt)
+ Zeitraum (außer bei Abverkäufen)

Nicht nach 4 Nr. 4 UWG benannt werden muss:

- Wert der Zugabe / Wert des Geschenks
- Höhe des Preisnachlasses
- wertqualifizierende Angaben

Wertqualifizierende Angaben meint Merkmale, die den Wert der Zugabe genauer erkennen lassen (Produkttransparenz). Auch hierzu besteht keine allgemeine Verpflichtung aus § 4 Nr. 4 UWG.

Beispiel:

Die Angabe "solange der Vorrat reicht“, genügt aus, wenn die vorhandene Zugabemenge geringer ist als die Hauptangebotsmenge. Genaue Mengenangaben sind dann nicht erforderlich.
(BGH, I ZR 224 / 06 vom 18. Juni 2009

Renovierungszuschuss
die Werbung eines Baumarkt damit, dass er bei einem Kauf einen Renovierungszuschuss ergebe, ist zu ungenau, mehrdeutig, und deshalb nicht transparent. Die Voraussetzungen und der Inhalt des Zuschusses sind unklar. Die Werbung ist unzulässig
(OLG Brandenburg GRUR-RR 2005, 227)

Geltungsdauer „14 Tage“
Ein Prospekt, der mit einer Tageszeitung verteilt wird, und "14 Tage Gültigkeit“ behauptet, Verstöße gegen das Transparenzgebot. Prospekte werden von der Tageszeitung getrennt aufbewahrt. Für den Kunden ist die Fristangabe damit unklar.
(OLG Brandenburg GRUR-RR 2005, 227)

Totalausverkauf
Eine Aussage über eine Verkaufsaktion muss Dauer und Ende des Verkaufszeitraums benennen. Sie muss nicht den Beginn benennen, wenn dieser in der Vergangenheit lag, die Maßnahme also schon andauerte.
(BGH, DB 2009, 2374)

Eine Werbeaussage, es werde ein Nachlass von 20 % auf alles gewährt, wobei im Zusatztext Produkte ausgeschlossen werden, die in Prospekten und Anzeigen beworben werden, ist unzulässig.
Unzulässig sind ebenfalls
"ausgenommen geschützte Markenartikel“
und
„ausgenommen Werbeware“

Der Kunde kann bei diesen Einschränkungen nicht wissen, was in Prospekten und Anzeigen bereits beworben wurde, welches geschützte Markenartikel sind oder was unter Werbeware zu verstehen ist.
(LG Paderborn, 15.10.04, 6 O 85/04; LG Köln 22.02.05, 33 O 346/04)

Die Aussage „nur auf Neukäufe“ beinhaltet dagegen eindeutig, dass bereits getätigte frühere Käufe von der Zugabe ausgeschlossen sein sollen.
Ebenso zulässig ist „ausgenommen bereits reduzierte Waren“.
(OLG Köln GRUR-RR 1006,196)

Bei einer als Winterschlussverkauf oder Verkauf wegen Sortimentswechsel bezeichneten Aktion, die bis zum vollständigen Verkauf des Bestandes einer bestimmten Ware andauern soll, muss der Aktionszeitraum nicht angegeben werden.
(OLG Köln, Magazindienst 2006, 899)

Wird ein Rabatt oder Preisnachlass gewährt, darf dieser nicht unangemessen bezeichnet werden.

Beispiel:

Ein branchenüblicher Nachlass von 3 % darf nicht als „Superrabatt“ oder „Riesenrabatt“ beworben werden

Nach dem Wortlaut der Vorschrift müssen die Informationen „bei“ der Verkaufsförderungsmaßnahme angegeben werden. Kann der Kunde bereits zum Zeitpunkt dieser Angabe das Angebot in Anspruch nehmen, müssen die Informationen jetzt bereits gegeben werden. Wird eine Verkaufsförderungsaktion nur angekündigt, ohne dass sie gleichzeitig bereits in Anspruch genommen werden kann, genügt es, wenn die erforderlichen Angaben erst zusammen mit dem konkreten Angebote der Verkaufsförderungsaktion gegeben werden.

Problematisch ist seit je her, dass in verschiedenen Medien die Details einzelner Angebote nicht vollständig angegeben werden können. Die umfangreichen Einzelheiten eines Telefontarifs können in einer Fernsehwerbung nicht hinreichend mitgeteilt werden.
Die EG Richtlinie hat in Art. 7 Nr. 3 festgelegt, dass die Preisangabengenauigkeit je nach Medium differenziert dargestellt werden darf.
Die Rechtsprechung hat dies inzwischen dahingehend angewendet, dass in Medien, die naturgemäß keine detaillierte Darstellung von Einzelheiten zu lassen, zumindest eine einfache Webadresse genannt werden muss, wie die weiteren Details erläutert. So kann im Fernsehen eine kurze, leicht zu merkende, Internetadresse auf die Tarif-Details eines Telefontarifs hinweisen.
(BGH GRUR 2009, 1064 – Geld-Zurück-Garantie II)

In Prospekten werden derartige Details weiterhin voll genannt werden müssen. Je umfangreicher der Prospekt oder das Werbemedium ist, desto ausführlicher müssen zugleich die Informationen zu Sonderaktionen ausfallen.

Ebenso wird eine Fernsehwerbung nicht darauf ausgelegt werden müssen, dass wesentliche Teile des Angebot auch für diejenigen wahrnehmbar sind, die der Sendung lediglich zuhören und nicht zusehen.

Eine Irreführung kann auch durch Unterlassen von Informationen erfolgen.
Während sich aus § 4 Nr. 4 UWG keine Obliegenheit zur genauen Beschreibung der beworbenen Waren oder Zugaben ergibt, kann sich dies aus Spezialgesetzen sehr wohl ergeben. Bei Fernabsatzgeschäften ist § 1 Abs. 1 Nr. 3 der BGBInfoVO zu berücksichtigen, wonach die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung anzugeben sind. Ein Verstoß gegen diese Norm ist unlauter durch Verschweigen von Tatsachen gemäß § 5 I, II S. 2 UWG.

Hat der Unternehmer seine Preise kurz vor der Werbeaktion herauf gesetzt, ohne sie tatsächlich über einen angemessen langen Zeitraum wirklich zu fordern, um in einer Sonderaktion mit besonders hohen Preisnachlässen werben zu können, (so genannte Mondpreiswerbung), verletzt dies die spezielle Vorschrift des § 5 IV UWG.

Wird eine Aktion als Geburtstags- oder Jubiläumsaktion bezeichnet, muss tatsächlich ein Geburtstag oder Jubiläum vorliegen. Andernfalls verstößt dies gegen das Irreführungsverbot (nicht jedoch gegen § 4 Nr. 4 UWG).

Soll ein Geschenk an einen Kunden nur unter der Bedingung einer Abholung oder nur bei Bezahlung der Versandkosten zugewendet werden, ist dies ebenfalls anzugeben.

 

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Wettbewerbsrecht - Einführung ins Recht des unlauteren Wettbewerbs - UWG" von Harald Brennecke und Florin Brückner, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-12-0.


 

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Kontakt: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: November 2009


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist im Datenschutzstrafrecht als Strafverteidiger tätig.

Rechtsanwalt Brennecke hat zum Datenschutzrecht veröffentlicht:

  • „17 UWG – Betriebsgeheimnisse und Verrat durch (ehemalige) Mitarbeiter“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0
  • "Einführung in das Datenschutzrecht", Kapitel im E-Business Handbuch für Entscheider, 2. Aufl., ISBN 3.540-43263-9, 2002, Springer-Verlag

Folgende Veröffentlichung von Rechtsanwalt Brennecke ist in Vorbereitung:

  • Einführung in das Datenschutzstrafrecht

Rechtsanwalt Brennecke war an der IHK Karlsruhe als Dozent für Datenschutzrecht tätig. Er ist Dozent für Datenschutzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

  • Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis
  • Datenschutzstrafrecht
  • Datenschutz in Franchisesystemen – Die unterschätzte Gefahr für Franchisesysteme

Kontaktieren Sie Rechtsanwalt Harald Brennecke unter:
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