Wann muss die Erfüllungsbürgschaft zurückgegeben werden?

Sachverhalt:

Die Parteien streiten sich über die Herausgabe einer Ausführungsbürgschaft. Nachdem die Parteien einen VOB/B-Vertrag geschlossen hatten, übergab der Auftragnehmer dem Auftraggeber eine vertraglich vereinbarte Ausführungsbürgschaft in Höhe von 25% der Nettoauftragssumme. Die Bürgschaft war befristet bis zur Bauabnahme.

Weiterhin sollte der Auftragnehmer dem Auftraggeber nach der Schlusszahlung noch eine Gewährleistungsbürgschaft in Höhe von 5% der Schlussrechnungssumme übergeben. Der Auftragnehmer war durch eine Zahlungserfüllungsbürgschaft des Auftraggebers in Höhe von 25% der Nettobausumme abgesichert.

Der Auftraggeber nutzt das Bauobjekt seit dessen Fertigstellung. Der Auftragnehmer übersandte dem Auftraggeber die Schlussrechnung und übergab die vereinbarte Gewährleistungsbürgschaft. Eine Abnahme wurde nicht durchgeführt.

Der Auftragnehmer forderte den Auftraggeber auf, die Ausführungsbürgschaft an ihn herauszugeben. Der Auftraggeber lehnt dies ab, mit der Begründung, dass diese Bürgschaft die Ansprüche auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung und Rückgewähr von Vorauszahlungen sichere. Des weiteren macht der Auftraggeber ein Zurückbehaltungsrecht wegen mangelhafter Ausführung und der Verwirkung einer Vertragsstrafe geltend.

 

Entscheidung:

Das OLG Frankfurt (OLG Frankfurt, Urteil vom 28.09.2004 – 10 U 211/03) gibt dem Auftragnehmer Recht.

Eine bis zur Abnahme befristete Erfüllungsbürgschaft, die die Ansprüche auf vollständige Erstellung und rechtzeitige Fertigstellung sichert, sichert keine Gewährleistungsansprüche. Nach der Abnahme ist sie herauszugeben, dem Auftrageber steht insoweit ein Zurückbehaltungsrecht wegen etwaiger Mängel nicht zu.

Die Bürgschaft war bis zur Bauabnahme befristet. Eine förmliche Abnahme gemäß § 12 Nr.5 Abs.2 VOB/B war vorliegend zwischen den Parteien nicht vereinbart. Jedoch liegt nach Ansicht des OLG Frankfurt aufgrund der Ingebrauchnahme des Bauobjekts eine sog. fiktive Abnahme vor. Die zwischen den Parteien vereinbarte Befristung wurde durch die Ingebrauchnahme beendet.

Dem Auftraggeber steht kein Zurückbehaltungsrecht zu. Die maßgebende Ausführungsbürgschaft sichert nur Ansprüche des Auftraggebers auf vollständige Erstellung und rechtzeitige Fertigstellung des Bauobjekts. Eine Sicherung der Gewährleistungsansprüche scheidet aus, ansonsten würde dies zu einer Doppelsicherung des Auftraggebers führen.


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Stand: September 2005


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