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Täuschung über die Werthaltigkeit des Nachlasses durch Testamentsvollstrecker als wichtiger Grund für Entlassung

Der Umstand, dass ein Testamentsvollstrecker die testamentarischen Erben über die Werthaltigkeit des Nachlasses getäuscht hat, kann einen wichtigen Grund für seine Entlassung als Testamentsvollstrecker begründen.
Auf das Vorliegen irgendwelcher gesetzlicher Pflichten zur richtigen Auskunft kommt es nicht an (Fußnote).

Der Entscheidung des OLG Naumburg lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Bruder der Erblasser war befristet als Testamentsvollstrecker eingesetzt worden. Die Abkömmlinge / Kinder der Erblasserin hatten die Erbschaft ausgeschlagen. Der Bruder der Erblasserin hatte diesen zu Unrecht mitgeteilt, dass der Nachlass überschuldet sei, obwohl er auf Grund einer Verfügung über den Miteigentumsanteil an einem Nachlassgrundstück ca. 415.000 EUR erzielt hat. Hierüber setzte er den Beteiligten zu 2 bzw. dessen gesetzliche Vertreter nicht in Kenntnis. Das AG entließ ihn vorzeitig aus seinem Amt als Testamentsvollstrecker. Dagegen legte der Testamentsvollstrecker Beschwerde ein. Diese beschränkte er nach Ablauf der angeordneten Laufzeit der Testamentsvollstreckung auf die Kosten. Das LG entschied, dass für beide Instanzen keine Kostenerstattung stattfinde.

Nach der Ansicht der Richter, erfolgte die Entlassung des Bruders der Erblasserin aus seinem Amt als Testamentsvollstrecker zu Recht.
Gemäß § 2227 Abs. 1 BGB kann ein Testamentsvollstrecker entlassen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Das ist insbesondere der Fall, wenn eine grobe Pflichtverletzung vorliegt. Diese muss aber nicht zwingend vorliegen. Ausreichend ist, wenn der Testamentsvollstrecker begründeten Anlass zur Annahme gibt, dass sein längeres Verbleiben im Amt der Ausführung des letzten Willens des Erblassers hinderlich oder den berechtigten Interessen der am Nachlass Beteiligten schädlich oder gefährlich sein würde. Wenn also der Erblasser, wenn er noch lebte, mutmaßlich den Widerruf des Testamentsvollstreckers veranlasst hätte und dieser Widerruf im rechtlichen Interesse der Erben gelegen hätte, kann der Testamentsvollstrecker entlassen werden (Fußnote). Nach diesen Maßstäben konnte das Amtsgericht den Bruder der Erblasserin als Testamentsvollstrecker entlassen. Denn mit der Veräußerung des Miteigentumsanteils an dem Nachlassgrundstück hat er gegen den Willen der Erblasserin verstoßen. Diese hatte beabsichtigt, das Grundstück der Familie zu erhalten. Der Testamentsvollstrecker hatte zudem die Abkömmlinge der Erblasserin durch unrichtige Angaben zum Wert des Nachlasses zur Ausschlagung gebracht. Nach seinen Äußerungen im Verfahren war er der Meinung, dass er mit dem Erbe nach seiner Schwester nach Belieben verfahren konnte.

Praxistipp:
Bei der Prüfung der Entlassung des Testamentsvollstreckers wegen berechtigten Misstrauens ist ein strenger Maßstab anzulegen. Den Beteiligten darf es nicht möglich sein, einen lästigen Testamentsvollstrecker durch eigenes feindseliges Verhalten oder aus einem unbedeutenden Anlass aus dem Amt zu drängen (Fußnote). Den Beteiligten ist daher zu raten, Missstände sofort zu dokumentieren und entsprechende Zeugen, soweit möglich, zu benennen.


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Stand: Dezember 2025


Gericht / Az.: OLG Naumburg 19.12.05 - 10 Wx 10/05
Normen: § 2227 BGB

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