Rechtliche Risiken beim Unternehmenskauf – Teil 38 – Definition des Zusammenschlusses (1)

4.5.2 Definition des Zusammenschlusses


4.5.2.1 Der Vermögenserwerb

In § 37 GWB wird der Zusammenschluss definiert. Bei dieser Vorschrift besteht kein großer Unterschied zu den Vorschriften der Fusionskontrollverordnung. Als Extremfall wird in § 37 I GWB der Vermögenserwerb genannt. Unter dieser Vorschrift wird etwa die komplette Übernahme von kleineren Unternehmen durch große Unternehmen behandelt. Auch bei feindlichen Übernahmen ist diese Vorschrift zu beachten. Diese Vorschrift hat eine große praktische Bedeutung. Von den etwa im Jahre 2001 und 2002 beim Bundeskartellamt angezeigten 2455 Zusammenschlüssen entfielen 503 auf diese Vorschrift. Von dieser Vorschrift werden quasi als Generalklausel alle Fälle ohne Rücksicht auf ihre zivilrechtliche Ausgestaltung umfasst.

Unter den Tatbestand des Vermögenserwerbs fällt es auch, wenn wesentliche Teile des Anlagevermögens von einem anderen Unternehmen erworben werden. Das kann etwa auch dann der Fall sein, wenn von einer Fluggesellschaft eine Vielzahl von Flugzeugen erworben wird. Dieses Beispiel zeigt, dass auch Geschäfte, die nach außen nicht als Unternehmenszusammenschlüsse zu erkennen sind, eine kartellrechtliche Bedeutung erlangen können. Eine mangelnde Sensibilität der Geschäftsführung für kartellrechtliche Fragestellungen kann also das Unterlassen einer nach § 39 GWB erforderlichen Anzeige zur Folge haben. Wenn das Bundeskartellamt dann die Transaktion aber aufdeckt, kann dies zur Folge haben, dass die Transaktion nach § 41 III GWB aufgelöst wird. Diese Auflösung hat dann bei Geschäften in dieser Größenordnung erhebliche Auswirkungen auf das Unternehmen und kann im schlimmsten Fall zu dessen Insolvenz führen. Eine Abwendung der Auflösungsverfügung des Bundeskartellamts kann dann nur noch durch die Ausnahmeregelung des § 42 GWB, der Ministererlaubnis, erreicht werden.

4.5.2.2 Die Flick-Klausel

In § 36 III GWB ist die sogenannte Flick-Klausel niedergelegt. In dieser Klausel wird ausdrücklich geregelt, dass Privatpersonen einem Unternehmen gleichstehen können. Mit der Klausel soll gesichert werden, dass die Zusammenschlusskontrolle für jeden Fall der Konzentration von Marktmacht Anwendung findet. Die Flick-Klausel findet nicht nur für die Tatbestände des Anteilserwerbs, sondern für alle Zusammenschlusstatbestände Anwendung. Sinn dieser Vorschrift ist es, auch Träger von Marktmacht zu umfassen, die kein Unternehmen bilden. In der Folge werden Idealvereine nach § 21 BGB, öffentlich-rechtliche Körperschaften, rechtsfähige Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts auch von der Zusammenschlusskontrolle umfasst. Die Flick-Klausel ist im deutschen Recht notwendig, da hier anders als im europäischen Recht nur von Unternehmen, aber nicht von Personen die Rede ist. Nach europäischem Recht wird hingegen auf Personen abgestellt, die die Kontrolle über ein Unternehmen erwerben.


4.5.2.3 Der Kontrollerwerb

In § 37 I Nr. 2 GWB wird auf den Erwerb der mittelbaren oder unmittelbaren Kontrolle abgestellt. Auch hier gelten die Ausführungen zur FKVO. Allerdings gibt es im deutschen Recht eine Regelung, die es im europäischen Rechte nicht gibt: den Anteilserwerb nach Erwerbsstufen. Wenn nach § 37 I Nr. 3 über 25% oder über 50% der Anteile eines Unternehmens erworben werden, liegt nach dieser Legaldefinition ein Erwerbstatbestand vor.

Die Kontrolle über ein Unternehmen kann auch erworben werden, wenn etwa Vorzugsaktien ausgegeben werden, die es dem Inhaber ermöglichen, auf die Geschäftsführung Einfluss zu nehmen. Das gesamte GWB stellt hier immer auf die tatsächliche Kontrolle des Unternehmens und nicht auf rechtlich umgehende Gestaltungen ab. Entscheidend ist, ob es einer Person möglich ist, die strategischen Entscheidungen des Unternehmens zu beeinflussen.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Der Unternehmenskauf – Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2014, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-18-2.


 

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Stand: Dezember 2014


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Harald Brennecke, Rechtsanwalt

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Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Fachanwalt für Insolvenzrecht.

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    Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät und begleitet er Sanierungen und betreut Geschäftsführer und Gesellschafter bei Firmeninsolvenzen. Er unterstützt Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für sie bestehenden Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Wahrung der Unternehmenswerte. Er unterstützt bei der Suche nach Investoren und Wagniskapitalgebern (venture capital), begleitet Verhandlungen und erstellt Investorenverträge.


Rechtsanwalt Harald Brennecke hat im Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht veröffentlicht:

  • "Das Recht der GmbH", Verlag Mittelstand und Recht, 2015, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8
  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-26-7
  • "Die Limited in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6
  • "Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG: Auskunftsrechte der Kommanditisten einer Publikums-KG gegen Treuhänder“, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-28-1
  • "Die Gesellschafterversammlung: Ein Leitfaden", Harald Brennecke und Dipl.-Jur. Marc Schieren, M. L. E., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-50-2
  • "Arztpraxis – Kauf und Übergang", Harald Brennecke und Michael Kaiser, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-54-0

Folgende Veröffentlichungen von Rechtsanwalt Brennecke sind in Vorbereitung:

  • Die Due Diligence – Rechtliche Prüfung beim Unternehmenskauf
  • Die Liquidation der Kapitalgesellschaft
  • Die Unternehmergesellschaft (UG)

Harald Brennecke ist Dozent für Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein.  
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Gesellschaftsrecht für Steuerberater und Unternehmensberater – Grundlagen des Gesellschaftsrechts
  • Gesellschaftsvertragsgestaltung – Grundlagen und Risiken
  • Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) – kleine Chance, großes Risiko
  • Welche Gesellschaftsform ist die Richtige? Vor- und Nachteile der Rechtsformen für Unternehmer
  • Geschäftsführerhaftung – Geschäftsführung von Kapitalgesellschaften; das letzte große Abenteuer der westlichen Zivilisation
  • Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißt das eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
  • Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
  • Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer
  • Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
  • Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters

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Normen: § 36 GWB, § 37 GWB

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