Nutzungsersatz des Verkäufers


Kann der Verkäufer im Falle der Ersatzlieferung bei mangelhafter Ware Nutzungsersatz verlangen?

Verkauft ein Unternehmer an einen Verbraucher eine mangelhafte Sache, und erhält dann der Käufer wegen der Mangelhaftigkeit Ersatzware, so hat der Verkäufer unter Umständen einen Anspruch auf Wertersatz. Hier geht es um die Vorteile, die der Käufer durch die Nutzung der mangelhaften Sache bis zu deren Austausch hatte.

Das bestehen eines solchen Anspruches ist in der Literatur nicht eindeutig geklärt. Der Bundesgerichtshof (Fußnote) bejaht dennoch, dass dem Verkäufer beim Verbrauchsgüterkauf nach der eindeutigen nationalen Regelung ein Anspruch auf Wertersatz zusteht.

Fraglich ist aber, ob diese Auffassung überhaupt mit der europäischen Gemeinschaftsrichtlinie über die Verbrauchsgüter zu vereinbaren ist. Nach der Gemeinschaftsrichtlinie muss die Herstellung des vertragsgemäßen Zustands des Kaufgegenstandes auch im Falle der Ersatzlieferung, für den Verbraucher unentgeltlich und ohne erhebliche Unannehmlichkeiten erfolgen. Dies soll den Verbraucher schützen und ihm die Geltendmachung seiner Ansprüche ermöglichen.
Um die bestehenden Zweifel auszuräumen, hat der Bundesgerichtshof (Fußnote) diese Frage dem Europäischen Gerichtshof (fußnote) zur Vorabentscheidung vorgelegt. Der EuGH hat kürzlich entschieden, dass Artikel 3 der Richtlinie „einer nationalen Regelung entgegensteht, die dem Verkäufer, wenn er ein vertragswidriges Verbrauchsgut geliefert hat, gestattet, vom Verbraucher Wertersatz für die Nutzung des vertragswidrigen Verbrauchsguts bis zu dessen Austausch durch ein neues Verbrauchsgut zu verlangen.“
Dieses Ergebnis ist für den deutschen Gesetzgeber eindeutig. Laut EuGH ist vom Gemeinschaftsgesetzgeber gewollt, die Unentgeltlichkeit der Herstellung des vertragsgemäßen Zustands des Kaufgegenstandes durch den Verkäufer zu einem wesentlichen Bestandteil des durch diese Richtlinie gewährleisteten Verbraucherschutzes zu machen. Das heißt, dass die Richtlinie der deutschen Regelung entgegensteht, der Verkäufer darf im beschriebenen Fall dem EuGH zufolge keinen Wertersatz fordern.

Allerdings meint der BGH, dass europäische Richtlinien generell keine unmittelbare Wirkung entfalten. Sie richten sich an die Mitgliedsstaaten und können den Einzelnen Bürger nicht verpflichten. Privatpersonen untereinander können sich also erst gar nicht auf eine solche Richtlinie berufen.

Die nächste denkbare Lösung wäre dann eine richtlinienkonforme Auslegung der deutschen Gesetze. In diesem Fall müsste man dann sagen, dass der Verkäufer vom Käufer eben keinen Wertersatz für die Nutzung der ausgetauschten Sache verlangen kann. Dem widerspricht allerdings wieder der BGH. Begründung: Dem stehe der eindeutige Wortlaut der einschlägigen Normen, der Wille des Gesetzgebers sowie die Bindung der Rechtssprechung an Recht und Gesetz nach dem Grundgesetz entgegen.
Im Ergebnis bestehen somit die Ansprüche des Verkäufers auf Nutzungsersatz weiterhin.

Das Einzige was dem Käufer bleibt ist ein Vorgehen gegen die Bundesrepublik. Und zwar wegen Schadensersatzansprüchen aufgrund mangelhafter Richtlinien-Umsetzung. Grundlage hierfür wäre ein europarechtlicher Anspruch, nachdem unter anderem der Grundsatz der Gemeinschaftstreue die Mitgliedsstaaten zum Ersatz der Schäden verpflichtet, die dem Einzelnen durch Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht entstehen. Voraussetzung ist, dass die Rechtsnorm gegen die verstoßen wurde, bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, der Verstoß hinreichend qualifiziert ist und zwischen dem Verstoß und dem entstandenen Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht.
Ob diese Voraussetzungen in einem Rechtsstreit bejaht werden, bleibt abzuwarten.



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Stand: 03.06.2008


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