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Nahrungsergänzungsmittel: Definition, Kennzeichnung und Abgrenzung zum Arzneimittel

In dem Bereich der Lebensmittel gibt es neben den alltäglichen Nahrungsmitteln auch besondere Kategorien, die spezifische Anforderungen erfüllen müssen. Diese umfassen unter anderem Nahrungsergänzungsmittel, Lebensmittel für spezielle Verbrauchergruppen wie Kinder, Menschen mit bestimmten Krankheiten oder Schwangere sowie neuartige Lebensmittel. Solche Produkte unterliegen aufgrund ihrer Spezifika strengen gesetzlichen Vorgaben, um die Sicherheit und den Schutz der Verbraucher zu gewährleisten.

Nahrungsergänzungsmittel

Eine weitere Kategorie von Lebensmitteln stellen die Nahrungsergänzungsmittel dar. Die wesentlichen Regelungen zu den Nahrungsergänzungsmitteln werden in der deutschen Nahrungsergänzungsmittelverordnung (NemV) getroffen. Diese basiert auf der europäischen Richtlinie 2002/46/EG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Nahrungsergänzungsmittel. Das Inverkehrbringen von Nahrungsergänzungsmitteln muss beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit angezeigt werden, § 5 NemV.

Dabei ist die Vorlage des Etiketts notwendig, mit dem das Produkt ausgezeichnet werden soll (1).

Begriffsbestimmung

Der Begriff Nahrungsergänzungsmittel basiert auf der EU-Richtlinie 2002/46/EG und wird in § 1 I NemV definiert. Nahrungsergänzungsmittel sind demnach Lebensmittel, die dazu dienen, die allgemeine Ernährung zu ergänzen. Sie enthalten konzentrierte Mengen bestimmter Nährstoffe und werden in speziell dosierten Formen angeboten (2). Nahrungsergänzungsmittel enthalten Vitamine und Mineralstoffe, einschließlich der Spurenelemente. Das „Ergänzen der allgemeinen Ernährung“ meint, dass dem Körper Nährstoffe zugeführt werden. um ernährungsbedingte Mängel auszugleichen oder die Nährstoffzufuhr, auch bei besonderen Bedürfnissen, zu unterstützen.

Die „konzentrierte Menge“ oder das „Konzentrat“ stellt darauf ab, in welcher Relation zur Dosierung und Zusammensetzung des Produkts der betreffende Stoff, also beispielsweise das Vitamin, vorhanden ist (3).

Die Formulierung der „dosierten Form“ bedeutet, dass die Einnahme für Konsumierende in kleinen, abgemessenen Mengen angeboten werden muss. Dies kann beispielsweise durch Flüssigampullen, Pillen, Pastillen, Tabletten oder auch Kapseln erfolgen (4).

Zuordnung und Abgrenzung

Notwendig ist eine besondere Abgrenzung zwischen Nahrungsergänzungsmitteln und Arzneimitteln. Ausgangspunkt sind dabei die drei vorhergehend genannten Hauptmerkmale der Nahrungsergänzungsmittel (5). Diese lauten:

  • Ergänzung der allgemeinen Ernährung
  • Konzentrat von Nährstoffen
  • Dosierte Form

Entscheidend ist dabei, dass das Konzentrat überwiegend ernährungsspezifisch wirkt und keine pharmakologischen Effekte hat (6). Wird ein Nahrungsergänzungsmittel zu einem anderen Zweck als zur Ernährung oder zum Genuss verzehrt, kann man davon ausgehen, dass ein Arzneimittel vorliegt (7). Daher ist die objektive Zweckbestimmung eines bestimmten Mittels ausschlaggebend.

Hierzu werden von der Rechtsprechung (8) Faktoren wie die pharmakologische Wirkung, die Dosierung, Verbrauchererwartungen oder der Vertriebsort eines Produkts herangezogen. Häufig spielt dabei auch die Produktwerbung eine Rolle. (9).

Wettbewerbsrechtliche Praxis

Das Produkt muss als „Nahrungsergänzungsmittel“ gekennzeichnet werden, § 4 Abs. 1 NemV. Auf dem Etikett des Produkts müssen die enthaltenen Nährstoffe, die das Produkt charakterisieren, angegeben werden. Weiterhin muss die empfohlene tägliche Verzehrmenge in der Dosierung des Erzeugnisses (bspw. zwei Kapseln täglich) vermerkt werden.

Ferner sind zwei Hinweise dahingehend anzubringen, dass:

  • Die angegebene tägliche Verzehrmenge nicht überschritten werden darf, § 4 Abs. 2 Nr. 3 NemV
  • Der Verzehr von Nahrungsergänzungsmitteln keine abwechslungsreiche und ausgewogene Ernährung ersetzt, § 4 Abs. 4 NemV
  • Die Produkte außerhalb der Reichweite von kleinen Kindern zu lagern sind, § 4 Abs. 2 Nr. 5 NemV

(10).

In der Werbung darf gemäß Art. 7 Abs. 3 LMIV nicht der Eindruck erweckt werden, das Produkt habe heilende Eigenschaften.

Beispiel:

Ein Verbraucher findet ein Produkt namens „Gelenk-Nahrung“. Auf der Verpackung und in der Werbung finden sich Aussagen wie „Versorgung der Gelenke mit den richtigen Nährstoffen Tag und Nacht“ und „Optimiertes Therapiekonzept für gesunde Gelenke“. Handelt es sich hierbei um ein Arzneimittel oder ein Nahrungsergänzungsmittel? (11)

  • Arzneimittel sollen Krankheiten heilen, lindern oder verhindern. Daher muss das Produkt Wirkstoffe enthalten, die durch ihre Eigenschaften zur Heilung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten oder krankhaften Beschwerden bestimmt sind. Dann sind diese Eigenschaften als medizinisch zu qualifizieren.
  • Entscheidend ist dabei die objektive Zweckbindung. Nahrungsergänzungsmittel sollen dagegen die alltägliche Ernährung ergänzen. Sie dürfen keine spezifischen Heilversprechen machen, sondern nur allgemeine Aussagen treffen. Beispielsweise könnte eine allgemeine Aussage, die kein Heilversprechen gibt, lauten: „trägt zur normalen Funktion der Gelenke bei“.
  • In dem obigen Beispiel kann die Werbung daher als zu spezifisch eingestuft werden. Sie kann beim Verbraucher den Eindruck erwecken, das Produkt habe heilende Eigenschaften. Nur einem Arzneimittel darf eine heilende Eigenschaft zugeschrieben werden. Nahrungsergänzungsmittel dürfen gerade keine gesundheitsbezogenen Angaben zu pharmakologischen Wirkungen machen, die beim Verbraucher der Eindruck erwecken können, sie seien Arzneimittel.

Quellenindex:

(1): Streinz/Kraus, Lebensmittelrechts-Handbuch, II. Grundlagen des Lebensmittelrechts, Rn. 53

(2): Kügel/Müller/Hofmann, Arzneimittelgesetz, § 2 Rn. 160

(3): Kügel/Müller/Hofmann, Arzneimittelgesetz, § 2 Rn. 161

(4): Kügel/Müller/Hofmann, Arzneimittelgesetz, § 2 Rn. 162

(5): Kügel/Müller/Hofmann, Arzneimittelgesetz, § 2 Rn. 164

(6): Kügel/Müller/Hofmann, Arzneimittelgesetz, § 2 Rn. 164

(7): Hasselblatt, Münchner Anwaltshandbuch Gewerblicher Rechtsschutz, § 29 Rn. 17

(8): Beispielsweise EuGH, Urteil vom 30.11.1983 – Az. Rs 227/82 oder BVerwG, Urteil vom 14.12.2006 – Az. 3 C 4005

(9): Hasselblatt, Münchner Anwaltshandbuch Gewerblicher Rechtsschutz, § 29 Rn. 19

(10): Streinz/Kraus, Lebensmittelrechts-Handbuch, II. Grundlagen des Lebensmittelrechts, Rn.53

(11): BGH, Urteil vom 19.09.2019 – I ZR 91/18


 

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Stand: Dezember 2025


Gericht / Az.: EuGH, Urteil vom 30.11.1983 – Az. Rs 227/82, BVerwG, Urteil vom 14.12.2006 – Az. 3 C 4005, BGH, Urteil vom 19.09.2019 – I ZR 91/18

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