Markenrecht - eine Einführung: Markenformen, Markenschutz und Markenanmeldung - Teil 25 - der markenrechtliche Vernichtungs- und Rückrufanspruch

6.1.3. Vernichtungs- und Rückrufanspruch

6.1.3.1. Vernichtungsanspruch

„Der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung kann den Verletzer in den Fällen der §§ 14, 15 und 17 MarkenG (hier nach den Voraussetzungen des Kapitels 6.) auf Vernichtung der im Besitz oder im Eigentum des Verletzers befindlichen widerrechtlich gekennzeichneten Waren in Anspruch nehmen. Dies ist entsprechend auf die im Eigentum des Verletzers stehenden Materialien und Geräte anzuwenden, die vorwiegend zur widerrechtlichen Kennzeichnung der Waren gedient haben“ (§ 18 I MarkenG).

Dieser Anspruch besteht verschuldensunabhängig. Der Anspruch kann somit durchgesetzt werden, wenn der Verletzer nicht von seiner rechtswidrigen Handlung wusste. Die rechtswidrige Handlung ergibt sich aus den Benutzungsverboten, die in Kapitel 6 beschrieben sind. Der Anspruch kann sich jedoch nicht gegen private Endverbraucher richten, die die widerrechtlich gekennzeichneten Waren zu privaten Zwecken erwerben, einführen oder besitzen.

Der Vernichtungsanspruch steht nur dem Rechtsinhaber der Marke zu.

Es werden alle Formen der Aufbringung der Marke oder des Zeichens auf der Ware selbst, der Verpackung, auf Geschäftspapieren etc. umfasst.

Es ist jeweils die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen zu prüfen. Dabei können unter anderem der Verschuldensgrad, die Schwere des Eingriffs sowie die wirtschaftliche Bedeutung der Verletzung und die wirtschaftliche Bedeutung des Vernichtungsschadens berücksichtigt werden. Weil die Vernichtung nur im Einzelfall unverhältnismäßig ist und es keine absoluten Anhaltspunkte für eine Unverhältnismäßigkeit gibt, wird klargestellt, dass die Vernichtung nur in ganz besonderen Ausnahmefällen durch anderweitige Maßnahmen ersetzt werden darf. Als eine solche Maßnahme kommt nur eine anderweitige Beseitigung in Betracht. Diese anderweitige Beseitigung muss vollständig und dauerhaft sein.

6.1.3.2. Rückrufanspruch

Gemäß § 18 II kann der Inhaber einer Marke den Verletzer auf Rückruf von widerrechtlich gekennzeichneten Waren oder auf deren endgültiges Entfernen aus den Vertriebswegen in Anspruch nehmen.

Der Anspruch auf Rückruf besteht neben dem Anspruch auf Entfernung, der Verletzte kann somit beide Ansprüche geltend machen.

6.1.4. Auskunftsanspruch

Der Inhaber einer Marke kann den Verletzer auf unverzügliche Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg von widerrechtlich gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen in Anspruch nehmen. Der Verletzer muss dem Inhaber der verletzten Marke Auskunft geben und ihm soweit erforderlich die Prüfung eines Ersatzanspruches ermöglichen.

6.1.4.1. Umfang des Auskunftsanspruchs

Nach der Rechtsprechung des BGH können Ansprüche auf Auskunftserteilung, im Falle einer gegebenen Wiederholungsgefahr, über die konkrete Verletzungshandlung hinaus gehen. Sie erstrecken sich dann auf solche Handlungen, in denen das charakteristische der Verletzungshandlung zum Ausdruck kommt.

Der Auskunftsanspruch im Markenrecht erstreckt sich grundsätzlich auf die Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg von widerrechtlich gekennzeichneten Gegenständen. Wie den Namen und Anschrift des Herstellers, des Lieferanten und anderer Vorbesitzer, des gewerblichen Abnehmers oder des Auftraggebers, sowie die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Gegenstände.

Der Auskunftsanspruch im Markengesetz kann im Einzellfall eine Pflicht begründen, die bestehenden Zweifel durch Nachfrage bei den in Betracht kommenden Lieferanten aufzuklären. Dies ist nur der Fall, wenn der zur Auskunft Verpflichtete seinen Lieferanten anhand seiner Unterlagen nicht mit ausreichender Sicherheit feststellen kann.

Dagegen ist der, der Auskunft geben muss, nicht verpflichtet Nachforschungen bei seinen Lieferanten vorzunehmen, um unbekannte Vorlieferanten oder den Hersteller zu ermitteln.

Die Auskunft umfasst unter Umständen die Nennung dritter Personen, dies ist die so genannte Drittauskunft. Die Ansprüche auf Drittauskunft unterliegen keiner zeitlichen Beschränkung.

6.1.4.2. Voraussetzungen

Der Anspruch auf Auskunft setzt voraus, dass einer der in Kapitel 6. genannten Verletzungstatbestände erfüllt ist. Für den mit dieser Vorschrift verfolgtem Zweck ist im Markenrecht von keinem engeren Begriff der konkreten Verletzungshandlung auszugehen.

Nur in den Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung ist der Auskunftsanspruch im Eilverfahren durchsetzbar. Dabei sind die allgemeinen Regeln der Zivilprozessordnung zu beachten. Schon die nicht mit wenigen Sätzen zu beantwortende Frage, ob eine bestimmte Verletzungshandlung eine markenmäßige oder rein dekorative Nutzungshandlung ist, führt zur Verneinung des Tatbestandsmerkmals der Offensichtlichkeit.

Im Rahmen des auf Unterlassung gestützten Anspruchs, setzt die offensichtliche Rechtsverletzung voraus,

  • dass keine ernsthaften Zweifel an der Schutzfähigkeit der Marke bestehen,
  • dass deren besserer Zeitrang sowie der Gefahr von Verwechslungen mit dem angegriffenen Zeichen bestehen.

Die amtliche Gesetzesbegründung bestätigt die Anforderungen an die offensichtliche Rechtsverletzung. Eine Beschränkung des Anwendungsbereichs auf die Fälle der Produktpiraterie lässt sich der Begründung dagegen nicht entnehmen.

Neben dem im Markengesetz normierten Auskunftsanspruch, treten die weiteren Auskunftsansprüche aus § 242 BGB. Was insbesondere hinsichtlich der notwendigen Angaben für die Schadensberechnung oder Schadensschätzung notwendig ist.

Aufgrund der Überschneidung von Rechtsgebieten, insbesondere des Wettbewerbsrechts und dem allgemeinen Zivilrecht sind umfassende fachübergreifende Rechtskenntnisse wichtig und es sollte im Falle einer Anspruchsdurchsetzung oder Abwehr die Hilfe eines Anwaltes hinzugezogen werden.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Markenrecht - eine Einführung: Markenformen, Markenschutz und Markenanmeldung" von Harald Brennecke und Florin Brückner, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-22-9.


 

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Stand: Februar 2010


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Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

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Rechtsanwalt Harald Brennecke berät und vertritt als Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz bei Markenanmeldungen für deutsche Marken, europäische Marken (Gemeinschaftsmarke) sowie internationale Marken (IR-Marke). Er unterstützt bei der Durchsetzung von Ansprüchen aus Markenverletzungen und bei Fragen der Nichtigkeit von Markenanmeldungen. 
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Er vertritt bei Streitigkeiten um Domainnamensrechte und Unternehmenskennzeichen,    

Rechtsanwalt Harald Brennecke hat veröffentlicht:

  • „Markenrecht - eine Einführung: Markenformen, Markenschutz und Markenanmeldung", ISBN 978-3-939384-22-9"Lizenzrecht - eine Einführung. Lizenzarten und Lizenzverträge.“ von Harald Brennecke und Florin Brückner, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht,  2010, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-08-3
  • „17 UWG – Betriebsgeheimnisse und Verrat durch (ehemalige) Mitarbeiter“, 2015, ISBN 978-3-939384-38-0, Verlag Mittelstand und Recht
  • "Urheberrecht - eine Einführung", von Harald Brennecke und Simon Hofmann, 2011, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-23-6
  • "Wettbewerbsrecht - Einführung in das Recht des unlauteren Wettbewerbs und das UWG", Harald Brennecke und Florin Brückner, 2010, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-12-0

Rechtsanwalt Brennecke ist Dozent für Markenrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Er bietet im Bereich des Markenrechts folgende Vorträge an:

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