Kreditvertragsrecht – Teil 11 – Der Darlehensvertrag


Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Alena Kehret
wissenschaftliche Mitarbeiterin


2. Darlehensvertrag

Eine der gängigsten und in der Praxis wichtigsten Formen von Kreditverträgen sind Darlehensverträge. Darlehensverträge sind schuldrechtliche Verträge, in denen eine Vertragspartei sich verpflichtet, der anderen Vertragspartei einen bestimmten Geldbetrag für eine bestimmte Zeit zur Verfügung zu stellen. Die Partei, die die Darlehenssumme, Darlehensvaluta genannt, erhält, ist zur uneingeschränkten Nutzung berechtigt und muss den Darlehensbetrag zu einem späteren Zeitpunkt an den Darlehensgeber zurückbezahlen. Die häufigste Form von Darlehensverträgen sind Darlehen zwischen Banken und Bankkunden. Viele Menschen haben nicht genügend Eigenkapital, um z.B. größere Anschaffungen zu tätigen und sind daher darauf angewiesen, Darlehen von Banken in Anspruch zu nehmen. Im Gegenzug verpflichten sie sich neben der Rückzahlung zur Zahlung von Zinsen.


2.2. Zustandekommen

Ein Darlehensvertrag kommt grundsätzlich wie jeder Vertrag durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen des Darlehensgebers und des Darlehensnehmers zustande. Aus diesen Willenserklärungen muss hervorgehen, dass der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung stellt und der Darlehensnehmer sich zur Rückzahlung des Geldbetrages und bei einer entsprechenden Vereinbarung zur Zahlung der Zinsen verpflichtet. Für die Wirksamkeit des Vertrages ist die Auszahlung des Betrags nicht nötig, sie kann aber mit dem Abschluss des Vertrages zusammenfallen.
In der Praxis werden Darlehensverträge regelmäßig abgeschlossen, indem der Bankkunde einen Antrag abgibt, den die Bank dann bewilligt, oder indem die Bank dem Kunden ein Finanzierungsangebot unterbreitet, das der Kunde dann annimmt.

Macht der interessierte Kunde der Bank ein Angebot und nimmt die Bank dieses Angebot nur unter Änderungen oder verschiedenen Ergänzungen an, so stellt dies ein neues, abänderndes Angebot dar, das der Bankkunde dann seinerseits annehmen muss, um den Vertragsschluss zu bewirken.

Beispiel

Herr M informiert sich bei seiner Bank über ein Darlehen und gibt am Ende des Gespräches ein Angebot ab, das unter anderem eine Zinsbindung über 5 Jahre vorsieht. Wenn die Bank auf dieses Angebot hin ein Schreiben an Herrn M versendet, in dem sie erklärt, dass sie das Angebot nur mit einer Zinsbindung über 8 anstatt 5 Jahre annehmen wird, so kommt mit diesem Schreiben der Bank nicht schon der Vertrag zustande. Vielmehr stellt das Schreiben ein neues, abgeändertes Angebot dar, das nun seinerseits von Herrn M angenommen werden muss, damit der Vertrag zustande kommt.

Interessierte Bankkunden sollten auch wissen, dass sie sich nicht schon dadurch vertraglich an das Darlehen binden, indem sie mit der Bank Gespräche und Verhandlungen über den Vertrag führen, selbst dann nicht, wenn die Bank schon einzelne Punkte schriftlich fixiert hat. Die Vertragsparteien müssen sich nämlich abschließend über alle wesentlichen Punkte des Vertrages geeinigt haben, bis dahin gilt der Vertrag als nicht abgeschlossen, § 154 Abs. 1 Satz 1 BGB.

Die Bank ist ihrerseits nicht schon dadurch vertraglich gebunden, dass der Kunde einen Darlehensantrag (auch „Kreditantrag“) ausfüllt und an die Bank sendet, selbst dann nicht, wenn die Antragsformulare dem Kunden durch die Bank zur Verfügung gestellt oder persönlich übergeben wurden. In dem Ausfüllen eines solchen Antrags ist vielmehr erst das Angebot des Darlehensnehmers zu sehen, das die Bank dann annehmen muss. Eine entsprechende Annahme kann z.B. im Unterschreiben des Antrages durch die Bank liegen oder darin, dass sie den Kreditbetrag an den Darlehensnehmer ausbezahlt.

Gibt die Bank gegenüber ihrem Kunden eine sogenannte Kreditzusage ab (auch Bewilligungsbescheid oder Kreditbescheid genannt), ist im Einzelfall zu ermitteln, ob hierin bereits eine für die Bank verbindliche Willenserklärung zu sehen ist.

Geht aus einer Kreditzusage hervor, dass die Bank nur generell zum Abschluss eines Darlehensvertrages bereit ist, jedoch vor einer Kreditentscheidung noch verschiedene Prüfungen - z.B. eine Bonitätsprüfung - vornehmen will, dann hat die Bank noch keine verbindliche Willenserklärung abgegeben.
Wenn der Darlehensbetrag noch nicht feststeht wird man ebenfalls in der Regel keine Bindung der Bank annehmen können.

Die Bank als Darlehensgeber kann in ihre Kreditbedingungen (Vgl. Kapitel 2.7) eine Bindungsklausel aufnehmen, sodass der Darlehensnehmer für eine gewisse Zeit an seine Erklärung zum Abschluss eines Darlehensvertrags gebunden ist, während die Bank noch verschiedene Prüfungen vornehmen kann. Diese Bindung darf aber nicht beliebig lange festgesetzt werden: eine Bindung des Darlehensnehmers an seine Vertragserklärung von sechs Wochen oder länger ist unwirksam (Fußnote).

Immer häufiger werden Darlehensverträge über das Internet geschlossen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass den Darlehensgeber dann gesteigerte Informationspflichten (Vgl. Kapitel 3.3) treffen.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Kreditvertragsrecht“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Bank- und Kapitalmarktrecht, und Alena Kehret, wissenschaftliche Mitarbeiterin, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2014, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9.


 

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Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Dezember 2014


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Rechtsanwältin Carola Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und absolviert derzeit den Fachanwaltskurs für Steuerrecht. 

Carola Ritterbach hat zum Kapitalmarktrecht veröffentlicht:

  • „Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaften Bank- und Kapitalmarktrecht und Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.

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