Insolvenzrecht und Restschuldbefreiung in Europa - Teil 33 - Überblick der europäischen Länder mit Restschuldbefreiung Teil 3

8. Portugal

Der Artikel 2 Nr.1 Zeile a) des portugiesischen Gesetzbuches zur Insolvenz- und Wiederaufbau von Unternehmen, das von der Gesetzesverordnung Nr. 53/2004 vom 18. März 2004 verabschiedet wurde, sieht die Verbraucherinsolvenz in Portugal vor. In Art. 249 des neuen Gesetzes ist vorgesehen, dass das Vermögen natürlicher Personen einem Insolvenzverfahren unterworfen werden kann, wenn die natürliche Person entweder drei Jahre vor dem Insolvenzverfahren keinen Betrieb besessen hat oder zum Zeitpunkt des Verfahrensbeginns keine Arbeitsschulden und nicht mehr als 20 Gläubiger hat und seine Gesamtschulden 300 000 Euro nicht überschreiten.

Zu einer Restschuldbefreiung im Rahmen eines Verbraucherinsolvenzverfahrens kann in Portugal nur dann kommen, wenn dies ausdrücklich vom Schuldner beantragt wird (Art. 236 des o.g. Gesetzbuches). Dieser hat direkt mit dem Insolvenzantrag die Restschuldbefreiung zu beantragen, wobei sich der Richter zu einem später eingereichten Restschuldbefreiungsantrag äußern muss, ob er diesen stattgibt oder nicht.

Die Restschuldbefreiung kann dem Schuldner anhand eines Zahlungsplans erteilt werden. Ist der Zahlungsplan so gestaltet, dass er keine Aussicht auf Erfolg haben wird, kann das Gericht ihn mit unanfechtbarem Beschluss mit der Folge ablehnen, dass das Insolvenzverfahren über das Vermögen eingeleitet wird. Wird jedoch der Zahlungsplan von denjenigen Gläubigern, die mindestens 2/3 der Gesamtschulden fordern, angenommen, kann das Insolvenzgericht die Zustimmung der restlichen Gläubiger ersetzen.

9. Schweden

Das schwedische Gesetz zur Schuldenregulierung wurde novelliert und Schweden führte zu Beginn des Jahres 2007 ein neues Restschuldbefreiungsverfahren ein, das effektiver und kürzer ist als das frühere Verfahren. Die Schuldner können eine Schuldensanierung beantragen, wobei alle Gläubiger gleich behandelt werden und den selben Prozentsatz ihrer Forderungen zurückbekommen. Die Wohlverhaltensperiode, in der der Schuldner nur von dem Existenzminimum lebt, dauert in Schweden fünf Jahre. Liegt das Einkommen unter dem Existenzminimum, muss auch nichts bezahlt werden (alle Prozesskosten werden aus Steuermitteln bezahlt).

10. Schweiz

In der Schweiz ist die sog. einvernehmliche private Schuldenbereinigung in dem Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (im folgenden SchKG) geregelt. Es handelt sich um eine gerichtlich angeordnete Zwangsstundung von zunächst drei Monaten, welche auf maximal sechs Monate verlängert werden kann. Gemäß Art. 333 SchKG kann ein Schuldner, der nicht der Konkursbetreibung unterliegt, beim Nachlassrichter die Durchführung einer einvernehmlichen privaten Schuldenbereinigung beantragen. Er hat in seinem Gesuch seine Schulden sowie seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse darzulegen. Laut Art. 39 SchKG wird die Betreibung auf dem Weg des Konkurses oder als Wechselbetreibung fortgesetzt, wenn der Schuldner in einer der folgenden Eigenschaften im Handelsregister eingetragen ist:

  • als Inhaber einer Einzelfirma,
  • als Mitglied einer Kollektivgesellschaft,
  • als unbeschränkt haftendes Mitglied einer Kommanditgesellschaft,
  • als Kollektivgesellschaft,
  • als Kommanditgesellschaft,
  • als Aktien- oder Kommanditaktiengesellschaft,
  • als Gesellschaft mit beschränkter Haftung,
  • als Genossenschaft,
  • als Verein,
  • als Stiftung,
  • als Investmentgesellschaft mit variablem Kapital,
  • als Kommanditgesellschaft für kollektive Kapitalanlagen.

Erscheint eine Schuldenbereinigung mit den Gläubigern nicht von vornherein als ausgeschlossen und sind die Kosten des Verfahrens sichergestellt, so gewährt der Nachlassrichter dem Schuldner eine Stundung von höchstens drei Monaten und ernennt einen Sachwalter (Art. 334 SchKG). Der Sachwalter unterstützt den Schuldner beim Erstellen eines Bereinigungsvorschlags. Der Schuldner kann darin seinen Gläubigern insbesondere eine Dividende anbieten oder sie um Stundung der Forderungen oder um andere Zahlungs- oder Zinserleichterungen ersuchen. Bezahlt der Schuldner nach dem Schuldenbereinigungsplan die vereinbarte Summe der Schulden, ist er nach drei Jahren schuldenfrei.

 

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Insolvenzrecht und Restschuldbefreiung in Europa - Ein Vergleich der Insolvenzordnungen der Länder der EU" von Harald Brennecke und Eva Otépková, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-05-2.

 


 

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Stand: März 2009


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Gründer und Managing Partner der Kanzlei Brennecke & Partner. Er ist überwiegend im Bereich des Insolvenzrechts für Unternehmer und Unternehmen tätig.

Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht gestaltet er Sanierungen und begleitet Firmeninsolvenzen. Rechtsanwalt Brennecke berät insbesondere Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für diese bestehenden  Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Unternehmenssanierung unter dem Blickwinkel des Unternehmens als Vermögensbestandteil des Gesellschafters. Er vertritt bei unzulässigen oder unbegründeten Insolvenzanträgen. Rechtsanwalt Brennecke verhandelt mit Insolvenzverwaltern hinsichtlich des Erwerbs von Unternehmen aus der Insolvenz zum Zwecke der Unternehmensfortführung durch Investoren oder Familienangehörige. Weiter vertritt Rechtsanwalt Brennecke bei Ansprüchen des Insolvenzverwalters aus Anfechtung gegen Gesellschafter, Familienangehörige oder Dritte sowie bei (den häufig unterschätzten) Haftungsansprüchen gegen Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften.   

Er berät Insolvenzschuldner hinsichtlich der Erlangung der Restschuldbefreiung und der hierfür erforderlichen Obliegenheiten und vertritt im gesamten Insolvenzverfahren um sicherzustellen, dass der Schuldner die an ihn gestellten Obliegenheitsanforderungen zur Erlangung der Restschuldbefreiung (die über das hinausgehen, was ein Insolvenzverwalter vom Schuldner verlangt und verlangen darf) erfüllt. Der Irrtum, dass Insolvenzschuldner alleine dann schon Restschuldbefreiung erhielten, wenn sie alle Anforderungen des Insolvenzverwalters erfüllen, ist leider immer noch weit verbreitet.

Rechtsanwalt Brennecke berät Schuldner über das Vorgehen bei der Nutzung der Alternativen des europäischen Insolvenzrechts zur Restschuldbefreiung. In wenigen speziellen Fällen bietet ausländisches Insolvenzrecht Vorteile.

Er hat mehrere Bücher im Bereich Insolvenzrecht veröffentlicht, so

  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-267
  • "Die Limited in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-06-9
  • "Die Restschuldbefreiung", 2006, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-00-7 
  • "Privatinsolvenz/Verbraucherinsolvenz - Eine Einführung", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-13-1
  • "Insolvenz und Restschuldbefreiung in Europa", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-05-2
  • "Der Insolvenzplan und der Verbraucherinsolvenzplan - Sanierungsinstrument in der Insolvenz - für Verbraucher und Unternehmen", ISBN 978-3-939384-06-9
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6 
  • "Das Recht der GmbH", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, 2014, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8

Weitere Veröffentlichungen sind in Vorbereitung, so

  • „Selbständigkeit in der Insolvenz“
  • „Schutzschirm und Eigenverwaltung“
  • „Die Liquidation von Kapitalgesellschaften“

Er ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein und Dozent für Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.  Er moderiert die Gruppe Insolvenz und Insolvenzvermeidung bei XING.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißtdas eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
  • Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
  • Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer 
  • Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
  • Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters 
  • Selbständigkeit in der Insolvenz – die große Chance des Neustarts


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Telefon: 0721-20396-28

 


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