Insolvenzrecht und Restschuldbefreiung in Europa - Teil 32 - Überblick der europäischen Länder mit Restschuldbefreiung Teil 2

5. Frankreich


Das französische Privatinsolvenzverfahren ist zurzeit in dem Verbrauchergesetzbuch (Code de la Consommation) geregelt.
Besitzt der Schuldner (natürliche Person mit privaten Schulden) nichts außer den zur Deckung des laufenden Bedarfs nötigen beweglichen Sachen, kann er unmittelbar die Eröffnung eines Schuldenbereinigungsverfahrens beantragen. Das führt dazu, dass ein Insolvenzverfahren mangels Masse eingestellt und die Restschuldbefreiung am Ende dieses Insolvenzverfahrens erteilt wird. Die Laufzeit dieses Verfahrens beträgt meistens zwischen 9 und 18 Monate. Falls der Schuldner jedoch über ein pfändbares Vermögen verfügt, wird mit seinem Antrag auf Ausarbeitung eines Sanierungsplanes eine Verbraucherüberschuldungskommission (sog. Commission der Banque de France) befasst. Innerhalb von 6 Monaten muss die Kommission entscheiden, ob der Fall im außergerichtlichen Verfahren beigelegt oder sofort dem gerichtlichen Verfahren zugeführt werden soll. Das französische Verbraucherinsolvenzverfahren führt nur in seltenen Fällen sofort zu einer Restschuldbefreiung. In den meisten Fällen wird vom Gericht zuerst versucht, einen Sanierungsplan anzuordnen, der auf bis zu 10 Jahre festgelegt werden kann.
Meistens geht das Gericht erst nach Scheitern der Erfüllung in die Restschuldbefreiung über.

Zum Erlangen der Restschuldbefreiung in den drei französischen Departements Bas-Rhin, Haut-Rhin und Moselle im Rahmen der Liquidation führen 2 Möglichkeiten – die Durchführung eines gewöhnlichen Verfahrens oder eines vereinfachten Verfahrens. Der Schuldner wird dann binnen 12 – 18 Monaten von seinen Schulden befreit.


6. Niederlande

Das niederländische Gesetz zur Schuldenregulierung für Privatpersonen trat im Jahre 1998 in Kraft. Das Gesetz kennt drei verschiedene Arten gerichtlicher Insolvenzverfahren: Konkurs, Vergleich und Schuldensanierung.
Es sieht eine gerichtliche Schuldenregulierung für Privatpersonen vor, bei denen eine einvernehmliche Lösung ohne Erfolg stattgefunden hat (die Durchführung eines außergerichtlichen Vergleiches ist vom Gesetz vorgeschrieben).
„Für die Durchführung der Schuldensanierung gilt:

  • es muss sich um untilgbare Schulden handeln (es besteht keine Möglichkeit auf Rückzahlung),
  • der Schuldner muss dem Antrag auf Schuldensanierung eine von der Stadtverwaltung ausgestellte und von ihm persönlich unterzeichnete Mustererklärung beifügen und zudem einen vollständigen Antrag auf bei Gericht einreichen,
  • die Schulden müssen im guten Glauben entstanden oder nicht zurückgezahlt worden sein.“

„Der Schuldner lebt drei Jahre lang mit 95% des ihm gesetzlich zustehenden Einkommens, der Rest geht an die Gläubiger.“

7. Österreich

Das österreichische Rechtssystem kennt das Institut der Restschuldbefreiung. Wenn alle Konkursvoraussetzungen erfüllt sind, kann der Schuldner (nur Privatperson, kein Unternehmer) den Antrag auf Eröffnung des gerichtlichen Schuldenregulierungsverfahrens stellen.

Nachdem die außergerichtliche Versuche als gescheitert gelten, versucht das Gericht einen gerichtlichen Einigungsversuch durchzuführen. Ist dieser erfolgreich, kommt es unmittelbar zur Vermögungsverwertung. Scheitert auch der gerichtliche Einigungsversuch, kann es im Schuldenregulierungsverfahren zu einem Zwangsausgleich kommen. Andernfalls kann die Entschuldung durch einen Zahlungsplan oder ein Abschöpfungsverfahren verwirklicht werden.

Die Zahlungsfrist bei einem Zahlungsplan darf sieben Jahre nicht übersteigen. Scheitert das Zahlungsplanverfahren, kann der Schuldner gemäß § 199 KO (österreichische Konkursordnung) im Laufe des Konkursverfahrens, spätestens mit dem Antrag auf Annahme eines Zahlungsplans, ein Abschöpfungsverfahren mit Restschuldbefreiung beantragen. Der Schuldner muss bei Antragstellung erklären, dass er den pfändbaren Teil seiner Forderungen für die Zeit von sieben Jahren an einen vom Gericht zu bestellenden Treuhänder abtritt.

 

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Insolvenzrecht und Restschuldbefreiung in Europa - Ein Vergleich der Insolvenzordnungen der Länder der EU" von Harald Brennecke und Eva Otépková, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-05-2.

 


 

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Stand: März 2009


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Gründer und Managing Partner der Kanzlei Brennecke & Partner. Er ist überwiegend im Bereich des Insolvenzrechts für Unternehmer und Unternehmen tätig.

Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht gestaltet er Sanierungen und begleitet Firmeninsolvenzen. Rechtsanwalt Brennecke berät insbesondere Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für diese bestehenden  Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Unternehmenssanierung unter dem Blickwinkel des Unternehmens als Vermögensbestandteil des Gesellschafters. Er vertritt bei unzulässigen oder unbegründeten Insolvenzanträgen. Rechtsanwalt Brennecke verhandelt mit Insolvenzverwaltern hinsichtlich des Erwerbs von Unternehmen aus der Insolvenz zum Zwecke der Unternehmensfortführung durch Investoren oder Familienangehörige. Weiter vertritt Rechtsanwalt Brennecke bei Ansprüchen des Insolvenzverwalters aus Anfechtung gegen Gesellschafter, Familienangehörige oder Dritte sowie bei (den häufig unterschätzten) Haftungsansprüchen gegen Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften.   

Er berät Insolvenzschuldner hinsichtlich der Erlangung der Restschuldbefreiung und der hierfür erforderlichen Obliegenheiten und vertritt im gesamten Insolvenzverfahren um sicherzustellen, dass der Schuldner die an ihn gestellten Obliegenheitsanforderungen zur Erlangung der Restschuldbefreiung (die über das hinausgehen, was ein Insolvenzverwalter vom Schuldner verlangt und verlangen darf) erfüllt. Der Irrtum, dass Insolvenzschuldner alleine dann schon Restschuldbefreiung erhielten, wenn sie alle Anforderungen des Insolvenzverwalters erfüllen, ist leider immer noch weit verbreitet.

Rechtsanwalt Brennecke berät Schuldner über das Vorgehen bei der Nutzung der Alternativen des europäischen Insolvenzrechts zur Restschuldbefreiung. In wenigen speziellen Fällen bietet ausländisches Insolvenzrecht Vorteile.

Er hat mehrere Bücher im Bereich Insolvenzrecht veröffentlicht, so

  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-267
  • "Die Limited in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-06-9
  • "Die Restschuldbefreiung", 2006, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-00-7 
  • "Privatinsolvenz/Verbraucherinsolvenz - Eine Einführung", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-13-1
  • "Insolvenz und Restschuldbefreiung in Europa", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-05-2
  • "Der Insolvenzplan und der Verbraucherinsolvenzplan - Sanierungsinstrument in der Insolvenz - für Verbraucher und Unternehmen", ISBN 978-3-939384-06-9
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6 
  • "Das Recht der GmbH", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, 2014, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8

Weitere Veröffentlichungen sind in Vorbereitung, so

  • „Selbständigkeit in der Insolvenz“
  • „Schutzschirm und Eigenverwaltung“
  • „Die Liquidation von Kapitalgesellschaften“

Er ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein und Dozent für Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.  Er moderiert die Gruppe Insolvenz und Insolvenzvermeidung bei XING.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißtdas eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
  • Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
  • Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer 
  • Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
  • Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters 
  • Selbständigkeit in der Insolvenz – die große Chance des Neustarts


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Telefon: 0721-20396-28

 


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