Handelsvertreter – Wettbewerbsverbote und Geheimhaltungspflichten – Übersicht
Handelsvertreter - Wettbewerbsverbote und Geheimhaltungspflichten
1. Begriff des Handelsvertreters
Ein Handelsvertreter ist gem. § 84 I 1 HGB, wer selbständig gewerbsmäßige Tätigkeiten betraut und für einen anderen Unternehmer Geschäfte vermittelt. Im Unterscheid zu einem Arbeitnehmer, kann der Handelsvertreter seine Arbeitsgestaltung, sowie seine Arbeitszeiten im Wesentlichen frei gestalten und ist dabei nicht weisungsgebunden.
Der Handelsvertreter wird gewerbsmäßig tätig, wenn seine Tätigkeit auf Dauer angelegt ist und er dabei mit Gewinnerzielungsabsicht agiert.
Infolge eines Auftrags des Unternehmers verpflichtet er sich dem Unternehmer gegenüber ständig bzw. dauerhaft Geschäfte für ihn zu vermitteln oder abzuschließen. Der Geschäftsabschluss durch den Handelsvertreter erfolgt immer im Namen und auf Rechnung des Unternehmers.
Der Handelsvertreter - Begriff des Handelsvertreters
2. Der Handelsvertretervertrag
Der Handelsvertretervertrag kommt durch Angebot und Annahme zu Stande, wobei die Vorschriften des Handelsvertreterrechts (Fußnote) zwingend zu beachten sind. Der Handelsvertretervertrag kann formfrei und stillschweigend durch schlüssige Handlungen, zustande kommen.
Änderungen der Handelsvertreterverträge sind nur im Wege einer Vereinbarung zwischen den Parteien möglich. Eine einseitige Änderung ist nur möglich, wenn dazu im Vertrag eine entsprechende zulässige Vereinbarung getroffen wurde.
Verstößt der Handelsvertretervertrag gegen ein gesetzliches Verbot gem. § 138 BGB oder gegen die guten Sitten gem. § 134 BGB ist er ebenso nichtig, wie wenn der Vertrag von einer Partei wegen Irrtums, Drohung oder arglistiger Täuschung gem. §§ 119 ff., 142 BGB angefochten wurde.
Der Handelsvertretervertrag - Teil 1 - Allgemeinesund
Der Handelsvertretervertrag - Teil 2 - Zusatzvereinbarungen
3. Die Pflichten des Handelsvertreters im Überblick
Die Pflichten des Handelsvertreters gem. § 86 HGB ergänzen die allgemeinen Pflichten aus dem Dienstvertrag nach §§ 611 ff. BGB.
Grundsätzlich gelten diese während der Dauer der vertraglichen Beziehung; sie können aber durch eine ausdrückliche Vereinbarung nach dem Ende der vertraglichen Beziehung weiter gelten.
Der Unternehmer kann bereits bestehende Pflichten des Handelsvertreters durch Weisungen konkretisieren. Der Handelsvertreter ist an diese Weisungen gebunden, sofern sie seine Selbständigkeit nicht beschränken.
Die Pflichten des Handelsvertreters ein Überblick Teil 1 Allgemeines
3.1. Hauptpflichten
Die Hauptpflichten des Handelsvertreters betreffen die Vermittlungs-, Abschluss- und Bonitätsprüfungspflicht, sowie die Interessenwahrnehmungs- und Berichtspflicht.
Für die Vermittlung muss der Handelsvertreter einen Geschäftsabschluss mit Vermittlungstätigkeiten konkret fördern, die geeignet sind, den späteren Geschäftsabschluss zwischen dem Dritten und dem Unternehmer vorzubereiten. Der Umfang der Vermittlungspflicht bestimmt sich aus dem Handelsvertretervertrag. Fehlt dort eine genaue Bestimmung, erstreckt sich die Vermittlungspflicht im Zweifel auf das gesamte Leistungsspektrum des Unternehmers.
Eine Vermittlungstätigkeit liegt nicht vor, wenn der Handelsvertreter dem Unternehmer lediglich Personen benennt, die an einem Vertragsabschluss interessiert sind oder er auf den Unternehmer einwirkt, damit dieser das Angebot eines Kunden annimmt, der aber nicht von ihm geworben wurde.
Die Pflichten des Handelsvertreters ein Überblick Teil 1 Allgemeines
3.2. Geschäftsabschluss
Wurde dem Handelsvertreter im Handelsvertretervertrag neben der Vermittlung auch der Abschluss von Geschäften übertragen, hat er den Vertrag vorzubereiten und im Namen des Unternehmers mit dem Interessenten abzuschließen. Für den Geschäftsabschluss benötigt der Handelsvertreter eine sog. Abschlussvollmacht des Handelsvertreters, aus der sich Art und Umfang der von ihm abzuschließenden Geschäfte ergeben.
Die Pflichten des Handelsvertreters - ein Überblick - Teil 2 - Der Geschäftsabschluss
3.3. Bonitätsprüfungspflicht
Die Vermittlungs- und Abschlusspflicht des Handelsvertreters erfasst auch die Bonitätsprüfung des künftigen Geschäftspartners des Unternehmers.
Dazu hat sich der Handelsvertreter ausreichend über die Vertrauens- und Kreditwürdigkeit des Geschäftspartners zu erkundigen. Ist der Handelsvertreter dieser Pflicht nachgekommen, haftet er nicht für eine später eintretende Zahlungsunfähigkeit eines Kunden.
Erwachsen beim Handelsvertreter Zweifel, ob ein bestimmter Kunde sein Zahlungsziel einhalten kann, muss er den Unternehmer darüber in seinen Berichten informieren. Eine Bonitätsprüfung der Geschäftspartner ist nur dann nicht erforderlich, wenn sich der Handelsvertreter aufgrund seiner Erfahrungen auf den äußeren Anschein verlassen kann und ihm bekannt ist, dass der betreffende Kunde seinen Zahlungsverpflichtungen bisher immer ordnungsgemäß nachgekommen ist.
Die Pflichten des Handelsvertreters - ein Überblick - Teil 2 - Der Geschäftsabschluss
3.4. Interessenwahrnehmungspflicht
Der Handelsvertreter muss nach § 86 I Hs. 2 HGB die Interessen des Unternehmers zwingend wahren. Dies bedeutet, dass der Handelsvertreter nicht nur alles tun muss, was im Interesse des Unternehmers ist, sondern auch alles zu unterlassen hat, was den Belangen des Unternehmers zuwiderlaufen würde. Aus der Interessenwahrnehmungspflicht ergibt sich für den Handelsvertreter ein Wettbewerbsverbot nach § 90a HGB und eine Verschwiegenheitspflicht über Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse gem. § 90 HGB.
Die Pflichten des Handelsvertreters - ein Überblick - Teil 3 - Die Interessenwahrnehmungspflicht
3.5. Berichtspflicht
Die Berichtspflicht verpflichtet den Handelsvertreter nach § 86 II HGB, dem Unternehmer unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern die erforderlichen Nachrichten schriftlich zu übergeben.
Welche Nachrichten erforderlich sind, ist einzelfallabhängig. Grundsätzlich richtet sich die konkrete Erforderlichkeit einer Nachricht nach dem Umfang, der Bedeutung, sowie dem Wert der Geschäfte, und der der Dringlichkeit bzw. Eilbedürftigkeit des Anlasses.
Die Pflichten des Handelsvertreters - ein Überblick - Teil 3 - Die Interessenwahrnehmungspflicht
3.6. Nebenpflichten
Zu den Nebenpflichten des Handelsvertreters gehört neben der Aufbewahrungs- und Herausgabepflicht, die Rechenschaftspflicht.
Im Rahmen der Aufbewahrungs- und Herausgabepflicht muss der Handelsvertreter mit ihm überlassenen Sachen (Fußnote) pfleglich umgehen, sie sorgfältig verwahren und bei Vertragsende an den Unternehmer nach § 667 BGB herausgeben.
Die Rechenschaftspflicht gem. § 666 BGB umfasst die periodische Ermittlung der Einnahmen und Ausgaben des Handelsvertreters, die mit seiner Tätigkeit zusammenhängen. Dazu gehört beispielsweise eine Übersicht über den Eingang von Provisionen. Die Einnahmen und Ausgaben sind in verständlicher, übersichtlicher und nachprüfbarer Form bekannt zu geben und mit Belegen vorzulegen.
Die Pflichten des Handelsvertreters - ein Überblick - Teil 4 - Die Nebenpflichten
3.7. Sorgfaltsmaßstab
Die Haupt- sowie die Nebenpflichten hat der Handelsvertreter gem. §§ 86 III, 347 I HGB mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes wahrzunehmen.
Den Handelsvertreter treffen hinsichtlich Sorgfalt umso höhere Anforderungen, je bedeutender die Angelegenheit ist, in der er handelt. Ein besonderer Sorgfaltsmaßstab gilt hinsichtlich der Aufbewahrungspflicht, der Bonitätsprüfungspflicht und bei der Führung von Handelsbüchern.
Die Pflichten des Handelsvertreters - ein Überblick - Teil 5 - Der Sorgfaltsmaßstab
3.8. Unabdingbarkeitsgrundsatz
Nach § 86 IV HGB begründen die Vorschriften über die Vermittlungs- und Abschlusspflicht gem. § 86 I HGB und die Berichtspflicht gem. § 86 II HGB zwingendes Recht. Daher können vom Unternehmer und dem Handelsvertreter keine abweichenden vertraglichen Vereinbarungen hinsichtlich dieser Pflichten getroffen werden. Die Parteien können aber den Inhalt der Pflichten durch eine vertragliche Vereinbarung konkretisieren, indem sie beispielsweise vertraglich festlegen, was unter den Begriff „erforderliche Nachrichten“ zu fassen ist.
Die Pflichten des Handelsvertreters - ein Überblick - Teil 5 - Der Sorgfaltsmaßstab
4. Die Verschwiegenheitspflicht des Handelsvertreters über Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse
Die Verschwiegenheitspflicht oder Geheimhaltungspflicht ergibt sich ebenfalls aus der Interessenwahrnehmungspflicht, § 86 I HGB und gilt sowohl während des Vertrages, als auch nach dessen Beendigung gem. § 90 HGB.
4.1. Verschwiegenheitspflicht während des Handelsvertretervertrages
Der Handelsvertreter hat zunächst während der Dauer des Vertragsverhältnisses eine Verschwiegenheitspflicht, nach der er Geheimnisse, die ihm anvertraut oder ihm durch seine Tätigkeit für den Unternehmer bekannt wurden, nicht verwerten oder an andere herauszugeben darf. Er muss insbesondere über alle Umstände still schweigen bewahren, deren Veröffentlichung für den Unternehmer in irgendeiner Weise nachteilig sein kann.
4.1.1. Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse
Die Verschwiegenheitspflicht erfasst die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse. Die Betriebsgeheimnisse beziehen sich auf den technischen Betriebsablauf, insbesondere auf die Herstellung sowie das Herstellungsverfahren. Dagegen befassen sich die Geschäftsgeheimnisse mit dem allgemeinen Geschäftsverkehr des Unternehmens.
Eine Verschwiegenheitspflicht besteht dagegen nicht,
- wenn sich der Unternehmer strafbar gemacht hat
- bei Offenkundige Tatsachen
- bei allgemeinen wirtschaftlichen Vorgänge
- bei Kunden- und Lieferantenadressen, die der Handelsvertreter bereits selbst mitgebracht hat.
4.1.2. Verwertungsverbot
Der Handelsvertreter darf diese Geheimnisse weder wirtschaftlich nutzen, noch sie an andere Personen weitergeben, die einen Nutzen daraus ziehen könnten.
4.1.3. Dauer und Umfang der Schweigepflicht
Die Schweigepflicht gilt grundsätzlich zeitlich unbegrenzt, selbst wenn der Handelsvertreter aus wichtigem Grund, aufgrund eines Vertragsverstoßes seitens des Unternehmers, kündigt.
Ein Ende der Schweigepflicht kommt ausnahmsweise in Betracht, wenn aus einem früheren Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis eine offenkundige Tatsache wird.
Die Schweigepflicht betrifft über die betrieblichen Geheimnisse hinaus, auch Geheimhaltungspflicht hinsichtlich persönlicher Umstände oder Verhaltensweisen des Unternehmers.
4.1.4. Rechtsfolgen eines Verstoßes
Jeder Verstoß während der Dauer des Handelsvertretervertrages stellt eine Vertragsverletzung dar, die den Unternehmer zur fristlosen Kündigung des Handelsvertreters und zum Schadensersatz berechtigen kann.
4.2. Verschwiegenheitspflicht nach Beendigung des Handelsvertretervertrages
Nach Vertragsende besteht die nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht nach § 90 HGB. Grundsätzlich soll der Handelsvertreter in seiner neuen Tätigkeit für einen anderen Unternehmer nicht übermäßig eingeschränkt werden. Ihm steht es daher frei, in den Kundenkreis seines früheren Auftraggebers einzudringen und daraus Kunden für seinen neuen Auftraggeber zu gewinnen. Eine Ausnahme besteht nur, sofern die Kundenliste zu den Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse im Sinne von § 90 HGB gehört, was aber meistens der Fall ist.
4.2.1. Geschützte Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse
Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse sind Tatsachen, die im Zusammenhang mit einem Geschäftsbetrieb anvertraut wurden, nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt und nicht offenkundig sind.
Dem Handelsvertreter muss der Geheimnischarakter dieser Tatsachen bekannt sein.
Bei Zweifeln ist von einem Geheimnis auszugehen.
4.2.2. Geheimhaltungspflicht
Die nachvertragliche Geheimhaltungspflicht beginnt nach Beendigung des Handelsvertretervertrages ohne konkrete zeitliche Beschränkung. Sie entfällt erst, wenn die Tatsachen nicht mehr der Geheimhaltung bedürfen.
Nach § 17 UWG gibt es vier Möglichkeiten der verbotenen Verwertung der Geschäfts- und/oder Betriebsgeheimnisse:
- zu Zwecken des Wettbewerbs
- aus Eigennutzz
- ugunsten eines Dritteni
- n der Absicht dem Unternehmer zu schaden.
4.2.3. Kunden als Geschäftsgeheimnis
Die wichtigsten Geschäftsgeheimnisse für den Unternehmer sind die Kundenlisten, die der Handelsvertreter vom Unternehmer erhalten hat oder die Daten derjenigen Kunden, mit denen der Unternehmer in Verhandlungen über konkrete Geschäftsabschlüsse steht.
Dies gilt auch, wenn der Handelsvertreter erstmals Kunden geworben hat. Diese Kunden werden während der Vertragszeit zu Stammkunden des Unternehmers und fallen ebenfalls unter das Geschäftsgeheimnis nach des § 90 HGB.
Nicht geheim zu halten braucht der Handelsvertreter Kundenanschriften, die allgemein bekannt sind oder offenkundige Tatsachen darstellen. Dies gilt auch, wenn ein Kunde endgültig die Geschäftsbeziehungen zu dem Unternehmer beendet hat.
4.2.4. Rechtsfolgen einer Pflichtverletzung
Verstößt der Handelsvertreter gegen die nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht (Fußnote) hat der Unternehmer gegen ihn folgende Ansprüche:
- Schadensersatzansprüche
- Unterlassungsansprüche
- Beseitigungsansprüche
- Herausgabe des Gewinns, den der Handelsvertreter durch verbotene Verwertung der Geschäfts- und/oder Betriebsgeheimnisse erzielt hat
- Ansprüche gegen Dritte, die den Handelsvertreter zum Geheimnisverrat angestiftet oder ihm dazu Beihilfe geleistet haben.
Neben der Haftung nach bürgerlich-rechtlichen Vorschriften ist eine Haftung nach § 9 UWG i.V.m. § 3 UWG bei alle Wettbewerbshandlungen, die dazu geeignet sind, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber (Fußnote) erheblich zu beeinträchtigen, möglich.
und
4.2.5. Abweichende Vereinbarungen
Die Parteien können von § 90 HGB abweichende Vereinbarungen hinsichtlich des Umfangs und der Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen die Geheimhaltungspflicht treffen.
4.2.6. Beweislast
Der Unternehmer trägt die Beweislast dafür, dass es sich um Geschäfts- und/oder Betriebsgeheimnisse handelt, diese dem Handelsvertreter anvertraut wurden oder dem Handelsvertreter durch seine Tätigkeit für den Unternehmer bekannt geworden sind und der Handelsvertreter dieses verraten hat.
Den Handelsvertreter trifft die Beweislast darüber, dass der Unternehmer keinen Wert auf eine Geheimhaltung gelegt hat oder es sich um offenkundige Tatsachen gehandelt hat.
5. Die Wettbewerbsabrede
5.1. Der Wettbewerb während des Vertrages
Das vertragliche Wettbewerbsverbot während des laufenden Handelsvertretervertrages ergibt sich aus der allgemeinen Interessenwahrnehmungspflicht des Handelsvertreters, § 86 I Hs. 2 HGB. Eine besondere Vereinbarung ist hierfür nicht erforderlich.
Der Handelsvertreter darf während der Laufzeit des Handelsvertretervertrages ein Konkurrenzunternehmen nicht vertreten, wenn dies den Interessen des Unternehmers zuwiderlaufen würde. Darüber hinaus kann eine Vertragsstrafe für Zuwiderhandlungen vereinbart werden.
Verstößt der Handelsvertreter gegen das Wettbewerbsverbot, ist er dem Unternehmer zum Schadensersatz verpflichtet und unter Umständen kann eine außerordentliche Kündigung des Handelsvertreters gerechtfertigt sein.
Der Handelsvertreter: Die Wettbewerbsabrede während des Handelsvertretervertrages
5.2. Die nachvertragliche Wettbewerbsabrede
5.2.1. Allgemeines
Nach Beendigung des Vertragsverhältnisses unterliegt der Handelsvertreter grundsätzlich keiner Wettbewerbsbeschränkung.
Der Handelsvertreter verfügt aber über viele Kenntnisse des Unternehmers, sowie dessen Unternehmen. Das ist nach Vertragsbeendigung meist nicht im Interesse des Unternehmers. Daher kann der Unternehmer über die Dauer des Vertragsverhältnisses hinaus ein weiteres Wettbewerbsverbot für die Zeit nach Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses vereinbaren.
Die nachträgliche Wettbewerbsabrede darf nicht gegen die Vorschriften des unlauteren Wettbewerbs (Fußnote) oder § 90 HGB verstoßen.
Die Wettbewerbsabrede nach Beendigung des Handelsvertretervertrages - Teil 1 - Allgemeines
5.2.2. Regelungsgegenstand
Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot (Fußnote) schützt davor, dass der ausgeschiedene Handelsvertreter über die eigentlichen Geschäfts- und/oder Betriebsgeheimnisse (Fußnote) hinaus bestimmte Kenntnisse und Verbindungen für ein Konkurrenzunternehmen nutzt. Die Höchstdauer einer Wettbewerbsabrede beträgt zwei Jahre, § 90a I 2 HGB.
Der Unternehmer muss ein berechtigtes geschäftliches Interesse an der Wettbewerbsabrede haben.
Die Wettbewerbsabrede nach Beendigung des Handelsvertretervertrages - Teil 1 - Allgemeines
5.2.3. Anwendungsbereich
§ 90a HGB betrifft alle Handelsvertreter i.S.v. § 84 I HGB oder Handelsvertreter, die als juristische Personen (Fußnote) organisiert sind.
Die Wettbewerbsabreden im Sinne des § 90a HGB werden meist mit dem Abschluss des Handelsvertretervertrages geschlossen. Die Vorschrift gilt aber auch für Wettbewerbsabreden, die während des Bestehens des Handelsvertreterverhältnisses durch Vertragsänderungen eingefügt oder vor dem Ende des Handelsvertretervertrages abgeschlossen wurden.
Die Wettbewerbsabrede nach Beendigung des Handelsvertretervertrages - Teil 1 - Allgemeines
5.2.4. Verhältnis zu anderen Vorschriften
Das Wettbewerbsverbot ist an den Regelungen zu Treu und Glauben und der Sittenwidrigkeit zu messen.
Wurde die Wettbewerbsabrede als AGB vereinbart, müssen diese einer sog. Inhaltskontrolle unterzogen werden.
5.2.5. Inhalt und Umfang der nachvertraglichen Wettbewerbsbeschränkung
Die Wettbewerbsabrede ist eine Vereinbarung, die den Handelsvertreter nach Beendigung des Handelsvertretervertrages in seiner gewerblichen Tätigkeit beschränkt.
Es werden Konkurrenztätigkeiten des ausgeschiedenen Handelsvertreters zum Nachteil des Unternehmers verhindert und so die Wettbewerbslage des Unternehmers verbessert.
Im Gegenzug für die vereinbarte Wettbewerbsenthaltung steht dem Handelsvertreter ein Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Wettbewerbsentschädigung zu.
Das Wettbewerbsverbot bedarf der Schriftform. Dem Handelsvertreter ist innerhalb einer angemessenen Zeit nach Abschluss der Vereinbarung ein Exemplar der Urkunde auszuhändigen. Ohne eine rechtzeitige Übergabe wird die gesamte Wettbewerbsabrede hinfällig.
Die Wettbewerbsbeschränkung darf sich nur auf den Bezirk oder Kundenkreis des Handelsvertreters erstrecken, der ihm zugewiesen war und sich nur auf die Gegenstände erstrecken, die der Handelsvertreter vermittelt bzw. abgesetzt hat.
Die Dauer der Wettbewerbsabrede ist auf zwei Jahre ab Beendigung des Handelsvertretervertrages begrenzt.
5.2.6. Die Karenzentschädigung
Für die Dauer der Wettbewerbsbeschränkung hat der Unternehmer dem Handelsvertreter eine angemessene Entschädigung zu zahlen, sog. „Karenzentschädigung“. Dies gilt selbst dann, wenn der Handelsvertreter gar keinen Wettbewerb machen wollte oder der Unternehmer sein Unternehmen aufgibt bzw. insolvent wird.
Die Entschädigungshöhe richtet sich regelmäßig nach der Höhe der letzten vertragsmäßigen Bezüge.
Bei der Bestimmung der Angemessenheit der Entschädigung kann unter Umständen ein anderweitiger Verdienst angerechnet werden.
Der Entschädigungsanspruch entsteht mit der Beendigung des Handelsvertretervertrages.
5.2.7. Wegfall der Wettbewerbsbeschränkung
5.2.7.1. Aufhebungsvertrag
Die Wettbewerbsbeschränkung kann durch einen formfreien Aufhebungsvertrag beendet werden.
5.2.7.2. Verzicht
Bis zum Vertragsablauf kann schriftlich auf die Wettbewerbsbeschränkung verzichtet werden.
Die Wettbewerbsabrede nach Beendigung des Handelsvertretervertrages - Teil 14 - Der Verzicht
5.2.7.3. Kündigung
Wird das Vertragsverhältnis aus wichtigem Grund gekündigt, kann der Kündigende anschließend schriftlich erklären, dass er sich von der Wettbewerbsabrede lossagen will.
und:
5.2.7.4. andere Gründe
Des Weiteren erlischt das Wettbewerbsverbot mit dem Tod des Handelsvertreters (Fußnote), der Insolvenz oder der Betriebseinstellung des Unternehmens oder wenn der Handelsvertretervertrag erst gar nicht in Vollzug gesetzt wird.
5.2.8. Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsabrede
5.2.8.1. Zuwiderhandlung des Handelsvertreters
Der Handelsvertreter handelt der Wettbewerbsabrede zuwider, wenn er z.B. geschäftlichen Kontakt mit dem Kundenkreis aufnimmt, der in der Wettbewerbsabrede ausgeschlossen ist. In diesen Fällen verliert der Handelsvertreter dann für die Dauer des Verstoßes den Anspruch auf die Karenzentschädigung. Daneben hat der Unternehmer einen Schadensersatzanspruch in Höhe des Umsatzes, der vom Handelsvertreter während dieser Zeit vertragswidrig erzielt wurde. Vorteile, die der Unternehmer erlangt hat, weil er während des Wettbewerbsverstoßes des Handelsvertreters eine Entschädigung überhaupt nicht zahlen musste, sind ihm entgegenzuhalten.
Die Wettbewerbsabrede nach Beendigung des Handelsvertretervertrages - Teil 20 – Die Zuwiderhandlung
5.2.8.2. Wettbewerbsverstöße des Handelsvertreters
Die unzulässige Verwendung von Kundenlisten ist die praxisrelevanteste Wettbewerbshandlung des Handelsvertreters.
Nicht wettbewerbswidrig agiert der Handelsvertreter dagegen, wenn er Kundenadressen verwertet, die in seinem Gedächtnis geblieben sind
Zahlt der Unternehmer die Karenzentschädigung nicht, kann der Handelsvertreter entweder auf Erfüllung klagen oder von der Wettbewerbsabrede zurücktreten.
Kontakt: kontakt@fasp.de
Wir beraten Sie gerne persönlich, telefonisch oder per Mail. Sie können uns Ihr Anliegen samt den relevanten Unterlagen gerne unverbindlich als PDF zumailen, zufaxen oder per Post zusenden. Wir schauen diese durch und setzen uns dann mit Ihnen in Verbindung, um Ihnen ein unverbindliches Angebot für ein Mandat zu unterbreiten. Ein Mandat kommt erst mit schriftlicher Mandatserteilung zustande.
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- "Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-04-5
- "Die Provision des Handelsvertreters - Eine Einführung", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-14-4
- "Die Wettbewerbsabrede nach Beendigung des Handelsvertretervertrages", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
- "Franchiserecht - Eine Einführung in das Recht des Franchising", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-15-1
- "17 UWG - Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0
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