Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG – Teil 13 – Konfliktlösung bis 2010

III. Lösung des Konfliktes in Rechtsprechung und Literatur

1. Darstellung der Konfliktlösung durch Rechtsprechung und Literatur bis 2010

a) Beachtung der in den Vertragsstrukturen verankerten Vertraulichkeit

Das LG Berlin hat mit Urteil vom 31.10.2000 ( 20 O 317/00) entschieden, dass 78
ein Gesellschafter eines geschlossenen Immobilienfonds gegen den Treuhänder, der alle Gesellschaftsanteile verwaltet, jedenfalls in einer außergewöhnlichen (Krisen-)Situation der Gesellschaft, einen Anspruch auf Herausgabe der Daten der Mitgesellschafter aus 666 BGB i. V. m. dem Treuhandvertrag hat. Der Auskunftsanspruch gehe jedenfalls soweit, wie es zur Wahrnehmung mitgliedschaftlicher Kernrechte diene. Bei einer offenen Treuhand stehe der Auskunftspflicht des Treuhänders keine Vertraulichkeitsverpflichtung des Treuhänders den Mitgesellschaftern gegenüber entgegen. Insoweit seien die Mitgesellschafter aus gesellschaftsvertraglicher Treuepflicht verpflichtet, die Weitergabe der Daten zu dulden.

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Ehemann der Klägerin zeichnete eine Beteiligung über 100-000.- DM an dem Grund Renten Fonds Nr. 30 City-Center Bad Bramstedt. Mit der Zeichnung und Annahme der Beitrittserklärung durch den Beklagten kam ein Treuhandverhältnis zwischen dem Zeichner als Treugeber und dem Beklagten als Treuhänderin zu Stande.

Die Beklagte beteiligte sich entsprechend den AGB der Gesellschaft treuhänderisch im eigenen Namen für Rechnung des einzelnen Zeichners und nach den Weisungen der Zeichner handelnd als atypisch stiller Gesellschafter an der Bill-Bau-Verwaltungs-GmbH, mit der die Beklagte einen entsprechenden Vertrag über die Bildung einer GbR geschlossen hatte. Zweck dieser Gesellschaft wiederum war es, der Bill-Bau-Verwaltungs~GmbH das erforderliche Eigenkapital für deren Geschäftsbetrieb zu beschaffen. Gemäß den AGB des Fonds bilden die Zeichner untereinander eine Innengesellschaft, deren Zweck die gemeinsame Ausübung der Rechte gegenüber der Beklagten als Treuhänder ist.

Als Reaktion darauf, dass der Beklagte alle Zeichner anschrieb und diese über die aktuell schwierige Situation des Fonds informierte, forderte die Klägerin von der Beklagten eine Liste mit den kompletten Daten ihrer Mitgesellschafter. Die Beklagte weigerte sich.

Das Gericht stellte fest, dass es dahinstehen könne, ob eine Pflicht der Beklagten zur Mitteilung der Daten der Mitgesellschafter an die Klägerin aus einer gesellschaftsrechtlichen Stellung der Beklagten i. S. e. Organstellung in der GbR, der Fondsgesellschaft, folgt und ob diese nach § 713 BGB zu beurteilen ist, denn jedenfalls folge die Pflicht der Beklagten bereits unmittelbar aus § 666 BGB.

Zwischen den Parteien bestehe ein Treuhandvertrag, denn die Beklagte sei fiduziarische fremdnützige Treuhänderin der Klägerin hinsichtlich der Stellung als Gesellschafterin. Aufgrund des Geschäftsbesorgungsverhältnisses sei die Beklagte als Treuhänderin der Klägerin als Treugeberin nach § 666 BGB zur Information verpflichtet, denn die Treugeberin bleibe bei fremdnütziger Treuhand Herrin des Geschäfts, welches die Beklagte für sie betreibe. Die Informationspflicht umfasse neben der Benachrichtigungspflicht über den Stand des Geschäfts auch eine Rechenschaftspflicht und eine Auskunftspflicht, wobei letztere nur auf Verlangen bestehe. Der Auskunftsanspruch werde dabei zum einen durch die Erforderlichkeit und zum anderen durch die Zumutbarkeit begrenzt,§ 242 BGB.

Bezogen auf eine Treuhandschaft könnten sich Grenzen damit einerseits aus der Verpflichtung des Treuhänders gegenüber dem Treugut und aus der Zumutbarkeit der Auskunftserteilung ergeben. Dabei sei zwischen einer verdeckten Treuhandschaft und einer offenen Treuhand zu unterscheiden.

Während bei einer verdeckten Treuhand der Treuhänder grundsätzlich den Mitgesellschaftern gegenüber zur Vertraulichkeit verpflichtet sein dürfte, stelle sich die Rechtslage bei einer - wie hier- vorliegenden offenen mehrgliedrigen Treuhand anders dar. Bei dieser sei eine Begrenzung der Auskunftspflicht nur nach den allgemeinen Grundsätzen gem. § 242 BGB anzunehmen, also insbesondere bei fehlender Erforderlichkeit und bei Unzumutbarkeit wegen des mit der Auskunft einhergehenden Aufwands für den Treuhänder.

Die Beklagte habe die Auskunftserteilung nicht mit dem Hinweis auf Datenschutzgründe oder abweichende Interessen der Mitgesellschafter verweigern dürfen.

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG: Auskunftsrechte der Kommanditisten einer Publikums-KG gegen Treuhänder“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Insolvenzrecht, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht 2014, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-28-1.


 

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Stand: August 2014


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Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Fachanwalt für Insolvenzrecht.

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    Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät und begleitet er Sanierungen und betreut Geschäftsführer und Gesellschafter bei Firmeninsolvenzen. Er unterstützt Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für sie bestehenden Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Wahrung der Unternehmenswerte. Er unterstützt bei der Suche nach Investoren und Wagniskapitalgebern (venture capital), begleitet Verhandlungen und erstellt Investorenverträge.


Rechtsanwalt Harald Brennecke hat im Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht veröffentlicht:

  • "Das Recht der GmbH", Verlag Mittelstand und Recht, 2015, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8
  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-26-7
  • "Die Limited in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6
  • "Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG: Auskunftsrechte der Kommanditisten einer Publikums-KG gegen Treuhänder“, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-28-1
  • "Die Gesellschafterversammlung: Ein Leitfaden", Harald Brennecke und Dipl.-Jur. Marc Schieren, M. L. E., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-50-2
  • "Arztpraxis – Kauf und Übergang", Harald Brennecke und Michael Kaiser, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-54-0

Folgende Veröffentlichungen von Rechtsanwalt Brennecke sind in Vorbereitung:

  • Die Due Diligence – Rechtliche Prüfung beim Unternehmenskauf
  • Die Liquidation der Kapitalgesellschaft
  • Die Unternehmergesellschaft (UG)

Harald Brennecke ist Dozent für Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein.  
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Gesellschaftsrecht für Steuerberater und Unternehmensberater – Grundlagen des Gesellschaftsrechts
  • Gesellschaftsvertragsgestaltung – Grundlagen und Risiken
  • Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) – kleine Chance, großes Risiko
  • Welche Gesellschaftsform ist die Richtige? Vor- und Nachteile der Rechtsformen für Unternehmer
  • Geschäftsführerhaftung – Geschäftsführung von Kapitalgesellschaften; das letzte große Abenteuer der westlichen Zivilisation
  • Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißt das eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
  • Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
  • Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer
  • Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
  • Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters

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