Die Wettbewerbsabrede nach Beendigung des Handelsvertretervertrages - Teil 2 – Verhältnis zu anderen Vorschriften/Umfang

 

2.4. Das Verhältnis der Wettbewerbsabrede zu anderen Vorschriften

Die Vorschrift der Wettbewerbsabrede kann unter Umständen mit anderen gesetzlichen Regelungen korrespondieren bzw. diesen widersprechen:

1) §§ 89 b, 90 HGB;
§ 89 b HGB regelt den Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters bei Vertragsbeendigung. Eine Ausgleichszahlung des Unternehmers hat aber nicht die Wirkung, dass diese zu einem Wettbewerbsverbot führt.
Auch ein bloßes Schweigegebot nach § 90 HGB [Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse] kann die gewerbliche Tätigkeit des Handelsvertreters einschränken. Ist das Schweigegebot bereits durch § 90 HGB gedeckt, greift § 90 a HGB nicht ein. Reicht das Schweigegebot weiter, ist es an § 90 a HGB zu messen.

2) §§ 138, 242, 305-310 BGB;
Bei den §§ 138 [Sittenwidrige Rechtsgeschäfte; Wucher] und 242 BGB [Leistung nach Treu und Glauben] handelt es sich um sog. Generalklauseln. Sie werden vor allem bei der Auslegung von unklaren Sachverhalten herangezogen. Ein Rückgriff auf diese Klauseln, zur Korrektur eines Wettbewerbsverbots, ist im Einzelfall nur ausnahmsweise zulässig. Bei den §§ 305-310 BGB [Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in den Vertrag] handelt es sich um Vorschriften über AGB. Es geht um den Inhalt der allgemeinen Geschäftsbedingungen; die AGB werden einer sog. Inhaltskontrolle unterzogen.
Ist die Wettbewerbsabrede demnach nicht vertraglich ausgehandelt, sondern Bestandteil von AGB, setzt die Inhaltskontrolle Grenzen.

3) UWG
Die Wettbewerbsabrede mit dem Handelsvertreter nach § 90 a HGB verletzt in aller Regel auch keine kartellrechtlichen Vorschriften (= darunter ist beispielsweise das Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen und Verhaltensweisen zu fassen).

2.5. Inhalt und Umfang der nachvertraglichen Wettbewerbsbeschränkung des Handelsvertreters

2.5.1. Begriff und Zweck der Vorschrift

Der Begriff der Wettbewerbsabrede ist in § 90 a Abs. 1 Satz 1 HGB definiert. Die Wettbewerbsabrede ist eine Vereinbarung, die den Handelsvertreter nach Beendigung des Handelsvertretervertrages in seiner gewerblichen Tätigkeit beschränkt.
Was kann unter „eine gewerbliche Tätigkeit“ gefasst werden?
Eine gewerbliche Tätigkeit ist die erwerbswirtschaftliche Betätigung des Handelsvertreters als selbstständiger Gewerbetreibender. Auch jegliche (Erwerbs-)Tätigkeit bei der Konkurrenz zählt zu der gewerblichen Tätigkeit .

Bei den Wettbewerbsabreden handelt es sich um Beschränkungen, die eine Konkurrenztätigkeit des ausgeschiedenen Handelsvertreters zum Nachteil des Unternehmers verhindern sollen. Die Wettbewerbslage des Unternehmers soll verbessert werden.

Beispiele für Konkurrenztätigkeiten des Handelsvertreters:

Der ehemalige Handelsvertreter wird jetzt als Reisender für ein Konkurrenzunternehmen tätig;

Der ausgeschiedene Handelsvertreter beteiligt sich als Gesellschafter an einem Konkurrenzunternehmen und das Konkurrenzunternehmen wird zum Nachteil des bisherigen Unternehmens gefördert;

Der bisherige Handelsvertreter beteiligt sich am Handel mit Konkurrenzerzeugnissen;

Für die vereinbarte Wettbewerbsenthaltung steht dem Handelsvertreter ein Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Wettbewerbsentschädigung (= Karenzentschädigung) zu.

Es gibt auch Fälle, in denen sich der Handelsvertreter zur Ausübung einer Konkurrenztätigkeit Angehörigen bedient. Um einer Umgehung der Wettbewerbsabrede vorzubeugen, sollte die Abrede vorsorglich eine Umgehung durch Mittelspersonen ausschließen.

In der Rechtssprechung ist auch anerkannt, dass ein Wettbewerbsverbot nicht umgangen werden darf, indem man einen Angehörigen als Mittelsperson (z.B. Ehefrau) vorschiebt.

Beispiel:

Der Handelsvertretervertrag wird mit der Ehefrau des Handelsvertreters abgeschlossen. Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Vertretertätigkeit ausschließlich vom Ehemann ausgeübt wird. Die Ehefrau soll nur deshalb als Vertragspartnerin in Erscheinung treten, weil die Gläubiger des hoch verschuldeten Ehemannes so nicht auf dessen Provisionsansprüche zugreifen können.

Gut zu wissen:
Um den genauen Zweck einer Wettbewerbsabrede zu erreichen, bedarf es eingehender Überlegungen, aber auch einer sorgfältigen Formulierung. Hierfür eignen sich „sog. Musterverträge“; diese bieten eine gute Formulierungshilfe.
Bsp.: Heidelberger Musterverträge;

 

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Handelsvertreter - Wettbewerbsverbote und Geheimhaltungspflichten" von Harald Brennecke und Kathrin Stipp, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 3-939384-03-8, ISBN ab 01.01.2007: 978-3-939384-03-8.


 

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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Portrait Harald-Brennecke

Harald Brennecke ist seit Jahren im Vertriebsrecht, insbesondere in den Bereichen Handelsvertreterrecht, Franchiserecht und Vertragshändlerrecht tätig.

Er vertritt Unternehmen, Handelsvertreter und Vertragshändler bei der Gestaltung und Verhandlung von Handelsvertreterverträgen und Vertragshändlerverträgen. Er begleitet bei Auseinandersetzungen über Provisionen, Überhangsprovisionen oder Handelsvertreterausgleich für Handelsvertreter, Versicherungsvertreter oder Franchisenehmer. Er begleitet bei der Erstellung n Prüfung von Buchauszügen.

Er begleitet den Aufbau und die Konzeption von Franchisesystemen und Partnersystemen im Bereich Handel, Dienstleistung und Beratung. Er gestaltet und prüft Franchiseverträge und Masterfranchiseverträge. Er verhandelt für Parteien von Franchisesystemen im Interesse einer konstruktiven Zusammenarbeit und vertritt bei Verletzungen der Verpflichtungen von Franchisegebern und Franchisenehmern.

Rechtsanwalt Brennecke vertritt weiterhin bei der Verletzung von Wettbewerbsverboten und Geschäftsgeheimnissen. Er ist besonders spezialisiert auf zivilrechtliche wie strafrechtliche Verfahren in Bezug auf  unzulässige Verwendung von Kundendaten und anderen Geschäftsgeheimnissen (17 UWG).

Rechtsanwalt Harald Brennecke hat mehrere Bücher im Bereich Vertriebsrecht veröffentlicht, so

  • "Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-04-5
  • "Die Wettbewerbsabrede nach Beendigung des Handelsvertretervertrages", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
  • "Die Provision des Handelsvertreters - Eine Einführung", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-14-4
  • "Franchiserecht - Eine Einführung in das Recht des Franchising", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-15-1
  • "17 UWG - Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0


Rechtsanwalt Brennecke ist Dozent für Vertriebsrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie. 
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

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  • Grundlagen der Franchise – wie Franchisenehmer gute Franchisesysteme erkennen
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  • Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis


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