Die Wettbewerbsabrede nach Beendigung des Handelsvertretervertrages - Teil 10 – Die Karenzentschädigung

2.6.4. Art der Wettbewerbsentschädigung

Geht man von dem gesetzlichen Wortlaut aus, muss der Unternehmer dem Handelsvertreter die Wettbewerbsentschädigung „zahlen“. Man kann also von der Zahlung eines Geldbetrages ausgehen.

Vom Bundesgerichtshof ist allerdings anerkannt, dass die Entschädigung nicht zwingend in Geld bestehen muss.
Die Parteien können auch eine andere Art der Entschädigung vereinbaren:

  • Zuwendung anderer Vermögenswerte ;

Die Vermögenswerte müssen für den Handelsvertreter einen wirtschaftlichen Vorteil darstellen.
Beispiel: Der Unternehmer hat den Handelsvertreter fristlos gekündigt. Handelsvertreter und Unternehmer haben eine Vereinbarung getroffen: Der Handelsvertreter soll noch für ein weiteres halbes Jahr im bisherigen Bezirk gegen die bisherige Provision tätig sein; dafür soll er aber auf seinen Ausgleichsanspruch verzichten. Gleichzeitig soll sich der Handelsvertreter verpflichten, zwei Jahre lang nicht für die Konkurrenz tätig zu werden.

Zur Ergänzung:
Durch die Vereinbarung wird die Unsicherheit des Handelsvertreters behoben, da er noch ein weiteres halbes Jahr für den Unternehmer tätig sein darf; er ist in seiner Existenz nicht gefährdet und seinem guten Ruf ist auch nicht geschadet.
Insofern liegen hier nur beträchtliche Vorteile und das Wettbewerbsverbot ist angemessen entschädigt.

  • Entschädigung in Sachwerten;


Wird die Entschädigung in Geld gezahlt, sind bei der Bemessung der Entschädigung die Bruttoprovisionen zugrunde zu legen. Die Entschädigung ist ein Bruttoentgelt und enthält die Mehrwertssteuer.

Haben Unternehmer und Handelsvertreter keine konkrete Zahlungsvereinbarung getroffen, ist die Entschädigung grundsätzlich auf einmal zu zahlen. Der Handelsvertreter ist auf die Zahlung angewiesen, um sich für den Aufbau einer Existenz nach Ablauf der Karenzzeit vorbereiten zu können.

2.6.5. Entstehung, Fälligkeit und Verjährung der Wettbewerbsentschädigung

(1) Entstehung der Karenzentschädigung
Aus § 90 a I 3 HGB ergibt sich, dass die Entschädigung „für die Dauer der Wettbewerbsbeschränkung“ zu zahlen ist. Ein genauer Zeitpunkt, wann die Zahlung erfolgen soll, ergibt sich aus dem Gesetz nicht.
Deshalb geht die Rechtssprechung davon aus, dass der Entschädigungsanspruch mit der Beendigung des Handelsvertretervertrages entsteht.

(2) Fälligkeit der Wettbewerbsentschädigung
Zunächst ist zu klären, was man unter Fälligkeit versteht:
Darunter ist der Zeitpunkt zu verstehen, von dem ab ein Gläubiger (hier: der Handelsvertreter) einen Anspruch (hier: Anspruch auf Karenzentschädigung) geltend machen kann und der Schuldner (hier: der Unternehmer) ihn erfüllen muss. Gibt es über den Zeitpunkt keine vertragliche Regelung und ergibt sich der Zeitpunkt auch nicht aus den Umständen, kann der Handelsvertreter den Anspruch sofort nach § 271 I BGB (Fußnote) geltend machen.

Das Gesetz bestimmt über die Fälligkeit der Entschädigung ausdrücklich nichts. Deshalb wird nach der allgemeinen Regel des § 271 I BGB davon auszugehen sein, dass der Handelsvertreter die angemessene Karenzentschädigung sofort nach Vertragsbeendigung verlangen kann, d.h. ab Ende des Vertrages wird die gesamte Entschädigungssumme fällig. Die Parteien können aber abweichende Vereinbarungen treffen.

Beispiel: Ratenzahlungsvereinbarung;
Die Vereinbarung stellt keine unzulässige Abweichung i.S. d. § 90 a IV HGB dar und ist zulässig.

(3) Verjährung der Karenzentschädigung des Handelsvertreters
Unter Verjährung versteht man im Allgemeinen, dass der Schuldner (hier: Unternehmer) berechtigt ist den Anspruch (hier: Karenzzahlung) seines Gläubigers (Fußnote) aus Gründen der Rechtssicherheit oder des Rechtsfriedens nicht mehr zu erfüllen.
Dem Unternehmer steht die Einrede der Verjährung zu, § 214 BGB; das bedeutet, dass der Unternehmer nach Ablauf der Verjährungsfrist berechtigt ist, die Entschädigungszahlung an den Handelsvertreter zu verweigern.

Wie lange ist die Verjährungsfrist und wann beginnt sie zu laufen?

Nach § 195 BGB verjährt der Karenzanspruch (Fußnote) in drei Jahren. Die Frist beginnt gem. § 199 BGB (Fußnote) am Schluss des Jahres zu laufen, indem der Anspruch entstanden ist. Überträgt man die Regelung auf das Handelsvertreterrecht, beginnt die Verjährungsfrist am 31.12. des Jahres zu laufen, in dem das Vertragsverhältnis beendet wurde.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Handelsvertreter - Wettbewerbsverbote und Geheimhaltungspflichten" von Harald Brennecke und Kathrin Stipp, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 3-939384-03-8, ISBN ab 01.01.2007: 978-3-939384-03-8.


 

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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Portrait Harald-Brennecke

Harald Brennecke ist seit Jahren im Vertriebsrecht, insbesondere in den Bereichen Handelsvertreterrecht, Franchiserecht und Vertragshändlerrecht tätig.

Er vertritt Unternehmen, Handelsvertreter und Vertragshändler bei der Gestaltung und Verhandlung von Handelsvertreterverträgen und Vertragshändlerverträgen. Er begleitet bei Auseinandersetzungen über Provisionen, Überhangsprovisionen oder Handelsvertreterausgleich für Handelsvertreter, Versicherungsvertreter oder Franchisenehmer. Er begleitet bei der Erstellung n Prüfung von Buchauszügen.

Er begleitet den Aufbau und die Konzeption von Franchisesystemen und Partnersystemen im Bereich Handel, Dienstleistung und Beratung. Er gestaltet und prüft Franchiseverträge und Masterfranchiseverträge. Er verhandelt für Parteien von Franchisesystemen im Interesse einer konstruktiven Zusammenarbeit und vertritt bei Verletzungen der Verpflichtungen von Franchisegebern und Franchisenehmern.

Rechtsanwalt Brennecke vertritt weiterhin bei der Verletzung von Wettbewerbsverboten und Geschäftsgeheimnissen. Er ist besonders spezialisiert auf zivilrechtliche wie strafrechtliche Verfahren in Bezug auf  unzulässige Verwendung von Kundendaten und anderen Geschäftsgeheimnissen (17 UWG).

Rechtsanwalt Harald Brennecke hat mehrere Bücher im Bereich Vertriebsrecht veröffentlicht, so

  • "Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-04-5
  • "Die Wettbewerbsabrede nach Beendigung des Handelsvertretervertrages", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
  • "Die Provision des Handelsvertreters - Eine Einführung", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-14-4
  • "Franchiserecht - Eine Einführung in das Recht des Franchising", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-15-1
  • "17 UWG - Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0


Rechtsanwalt Brennecke ist Dozent für Vertriebsrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie. 
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

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  • Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis


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