Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters - Teil 25 - Besonderheiten beim Versicherungsvertreter

Grundsätze zur Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs

Die Spitzenverbände der Versicherungswirtschaft und der selbständigen Versicherungskaufleute haben „Grundsätze“ für die Berechnung des Ausgleichsanspruchs eines Versicherungsvertreters ausgearbeitet. Sie sind empfehlende Vereinbarungen und werden seit Jahrzehnten in nahezu allen Ausgleichsfällen in der Versicherungswirtschaft angewandt.
Entsprechend der Besonderheiten der einzelnen Versicherungsbereiche wurden folgende Grundsätze entwickelt:

  • „Grundsätze-Sach“ im Bereich der Sachversicherung,
  • „Grundsätze-Leben“ für dynamische Lebensversicherungen,
  • „Grundsätze-Kranken“ in der privaten Krankenversicherung,
  • Grundsätze im Bausparbereich,
  • Grundsätze im Finanzdienstleistungsbereich.

Die Anwendung der „Grundsätze“ ist ein Kompromiss zwischen Versicherungsunternehmern und Versicherungsvertretern zur Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten wegen der Höhe des Ausgleichsanspruchs. Die Entstehung des Anspruchs richtet sich nach den Voraussetzungen des § 89b HGB und wird durch die „Grundsätze“ nicht berührt.

Vereinbarung der Grundsätze

Die Vereinbarung der Anwendung der Grundsätze erfolgt zumeist durch die Versicherungsunternehmen im Versicherungsvertretervertrag. Da die Berechnung nach den Grundsätzen im Ergebnis von der Berechnung nach der hier dargestellten gesetzlichen Methode nach § 89b HGB abweichen kann, wird durch die Vereinbarung der Grundsätze der Ausgleichsanspruch möglicherweise beschnitten. Daher ist eine solche Vereinbarung der Anwendung der Grundsätze für die Ausgleichsberechnung im Vertretervertrag nach § 89b Abs. 4 HGB unwirksam. Eine solche Vereinbarung kann wirksam erst mit Beendigung des Vertragsverhältnisses stattfinden.

Berechnung

Die hier folgende Erläuterung orientiert sich an den „Grundsätzen Sach“. Die Grundsätze gehen, hinsichtlich der Voraussetzung des Unternehmervorteils und ob die Zahlung eines Ausgleichs der Billigkeit entspricht, davon aus, dass diese Voraussetzungen vorliegen.
Die Berechnung des Ausgleichswertes erfolgt ausgehend von der durchschnittlichen Brutto-Jahresprovision der letzten 5 Jahre, dieser Wert wird bereinigt um die Abschlussprovisionen und weiterer Posten. Die Provisionen aus übertragenen Beständen werden in Anteilen berücksichtigt, wenn die Übertragung mehr als 10 Jahre zurückliegt. Von der so ermittelten Jahresprovision werden schließlich für die einzelnen Versicherungsarten, wie zum Beispiel für Sachversicherung und Haftpflicht 50% oder Kraftverkehr 25% veranschlagt. Den Ausgleich erhält man nun, indem der ermittelte Wert mit Faktoren multipliziert wird, durch welche die Dauer des Vertreterverhältnisses entsprechende Berücksichtigung findet.

Eine Berechnung des Ausgleichs für einen Versicherungsvertreter nach der Vorschrift § 89b HGB führt meist zu erheblichen Problemen. Die auftretenden Schwierigkeiten liegen hauptsächlich darin, dass nur Vermittlungsprovisionen ausgleichsfähig sind und diese deshalb von anderen Provisionen abzugrenzen sind. Diese problematische Abgrenzung wird durch die Anwendung der „Grundsätze“ vermieden.

Von den Gerichten werden die „Grundsätze“ als Handelsbrauch angesehen und bei der Urteilsfindung als Schätzungsgrundlage herangezogen.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters" von Harald Brennecke und Irina Schatz, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-04-5, 2007


 

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Stand: Februar 2007


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Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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Harald Brennecke ist seit Jahren im Vertriebsrecht, insbesondere in den Bereichen Handelsvertreterrecht, Franchiserecht und Vertragshändlerrecht tätig.

Er vertritt Unternehmen, Handelsvertreter und Vertragshändler bei der Gestaltung und Verhandlung von Handelsvertreterverträgen und Vertragshändlerverträgen. Er begleitet bei Auseinandersetzungen über Provisionen, Überhangsprovisionen oder Handelsvertreterausgleich für Handelsvertreter, Versicherungsvertreter oder Franchisenehmer. Er begleitet bei der Erstellung n Prüfung von Buchauszügen.

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Rechtsanwalt Harald Brennecke hat mehrere Bücher im Bereich Vertriebsrecht veröffentlicht, so

  • "Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-04-5
  • "Die Wettbewerbsabrede nach Beendigung des Handelsvertretervertrages", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
  • "Die Provision des Handelsvertreters - Eine Einführung", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-14-4
  • "Franchiserecht - Eine Einführung in das Recht des Franchising", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-15-1
  • "17 UWG - Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0


Rechtsanwalt Brennecke ist Dozent für Vertriebsrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie. 
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

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  • Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis


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