Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters - Teil 27 - Vertragshändler

Ein Vertragshändler ist kein Handelsvertreter, da er auf eigene Rechnung und im eigenen Namen Geschäfte abschließt. Die Regelung des § 89b HGB [Ausgleichsanspruch] ist auf Vertragshändler nicht unmittelbar anwendbar.
Wenn jedoch die Position des Vertragshändlers der Position eines Handelsvertreters ähnlich ist, kann unter bestimmten Voraussetzungen § 89b HGB analog angewandt werden und bei Vertragsbeendigung ein Ausgleich verlangt werden.
Die Voraussetzungen für die analoge Anwendung von § 89b HGB sind im Einzelnen:

  • Der Vertragshändler ist so in die Absatzorganisation des Unternehmers eingegliedert, dass er wirtschaftlich Aufgaben eines Handelsvertreters übernimmt.
  • Der Vertragshändler ist vertraglich verpflichtet beim Ausscheiden seinen Kundenstamm dem Unternehmer zu überlassen.

Beide Voraussetzungen müssen nebeneinander vorliegen.

Eingliederung in die Absatzorganisation

Die Position eines Vertragshändlers entspricht wirtschaftlich der Position eines Handelsvertreters, wenn er vertraglich die für einen Handelsvertreter typischen Bindungen und Verpflichtungen eingeht. Das Vertragsverhältnis zwischen Vertragshändler und Hersteller geht dann über eine bloße Verkäufer-Käufer-Beziehung hinaus.

Für einen Handelsvertreter typische vertragliche Pflichten und Bindungen sind:

  • Interessenwahrnehmungspflicht
  • Konkurrenzverbot
  • Pflicht zur Kundenbetreuung
  • Schulungs- und Berichtspflicht
  • Richtlinienkompetenz des Herstellers
  • Verpflichtung zur Überlassung des Kundenstammes bei Vertragsende

Weitere Indizien für die Eingliederung des Vertraghändlers in die Absatzorganisation des Unternehmers gleich einem Handelsvertreter sind:

  • Übertragung von Verkaufsgebiet und Gebietsschutz
  • Alleinvertriebsrecht

Die Merkmale Alleinvertrieb mit Gebietsschutz eines Vertragshändlervertrages müssen jedoch für seine Ausgleichsberechtigung entsprechend dem Handelsvertreter nicht Vorliegen, denn sie sind auch nicht Voraussetzungen der Vorschrift § 89b HGB.

Pflicht zur Überlassung des Kundenstamms

Eine Verpflichtung des Vertragshändlers, seinen aufgebauten Kundenstamm dem Hersteller zu überlassen, ist nicht zwingend. Sofern sie vereinbart ist, kann die Datenübergabe während der Vertragslaufzeit oder bei Vertragsbeendigung geschuldet sein.

Die Verpflichtung muss nicht ausdrücklich als solche formuliert werden. Sie kann sich auch mittelbar aus einer anderen Vereinbarung oder Verpflichtung ergeben.
Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn der Hersteller den Vertragshändler verpflichtet hat, ihn laufend über die Geschäftsabschlüsse und Kundenbeziehungen zu unterrichten und für den Hersteller eine Möglichkeit der weiteren Nutzung besteht.

Beispiel 1:
Der KfZ-Vertragshändler P ist gegenüber seinem Lieferanten verpflichtet, jederzeit auf seine Anfrage Auskunft über die geschäftlichen Verhältnisse zu erteilen. Außerdem führt P eine Kundenkartei. Diese Vertragsbestimmungen stellen eine Pflicht dar, dem Hersteller den Kundenstamm bei Vertragsbeendigung zu überlassen.

Beispiel 2:
Der Eigenhändler B muss die Daten der Großkunden für ihre Belieferung herausgeben. Nur dann erhält er von dem Hersteller Vergünstigungen in Form erhöhter Rabatte.
Diese Regelung stellt keine Verpflichtung zur Kundenstammüberlassung dar.

Durch die Überlassung des Kundenstammes hat der Hersteller nach dem Ausscheiden des Vertragshändlers Vorteile.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters" von Harald Brennecke und Irina Schatz, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-04-5, 2007


 

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Stand: Februar 2007


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Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Portrait Harald-Brennecke

Harald Brennecke ist seit Jahren im Vertriebsrecht, insbesondere in den Bereichen Handelsvertreterrecht, Franchiserecht und Vertragshändlerrecht tätig.

Er vertritt Unternehmen, Handelsvertreter und Vertragshändler bei der Gestaltung und Verhandlung von Handelsvertreterverträgen und Vertragshändlerverträgen. Er begleitet bei Auseinandersetzungen über Provisionen, Überhangsprovisionen oder Handelsvertreterausgleich für Handelsvertreter, Versicherungsvertreter oder Franchisenehmer. Er begleitet bei der Erstellung n Prüfung von Buchauszügen.

Er begleitet den Aufbau und die Konzeption von Franchisesystemen und Partnersystemen im Bereich Handel, Dienstleistung und Beratung. Er gestaltet und prüft Franchiseverträge und Masterfranchiseverträge. Er verhandelt für Parteien von Franchisesystemen im Interesse einer konstruktiven Zusammenarbeit und vertritt bei Verletzungen der Verpflichtungen von Franchisegebern und Franchisenehmern.

Rechtsanwalt Brennecke vertritt weiterhin bei der Verletzung von Wettbewerbsverboten und Geschäftsgeheimnissen. Er ist besonders spezialisiert auf zivilrechtliche wie strafrechtliche Verfahren in Bezug auf  unzulässige Verwendung von Kundendaten und anderen Geschäftsgeheimnissen (17 UWG).

Rechtsanwalt Harald Brennecke hat mehrere Bücher im Bereich Vertriebsrecht veröffentlicht, so

  • "Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-04-5
  • "Die Wettbewerbsabrede nach Beendigung des Handelsvertretervertrages", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
  • "Die Provision des Handelsvertreters - Eine Einführung", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-14-4
  • "Franchiserecht - Eine Einführung in das Recht des Franchising", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-15-1
  • "17 UWG - Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0


Rechtsanwalt Brennecke ist Dozent für Vertriebsrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie. 
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

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  • Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis


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