Datenschutzstrafrecht – Teil 15 – Verletzung von Privatgeheimnissen: Täterschaft und Teilnahme, Qualifikation

7.4 Besonderheiten bei Täterschaft und Teilnahme

§ 203 StGB ist ein sogenanntes Sonderdelikt, was bedeutet, dass als Täter nur eine Person aus dem aufgeführten Täterkreis in Betracht kommt. Für etwaige Teilnehmer hat dies zur Folge, dass § 28 I StGB zur Anwendung kommt.

Beispiel
Frau F lässt sich bei Gynäkologin G untersuchen, die eine Schwangerschaft feststellt. F möchte partout nicht, dass M, ihr Ehemann, hiervon erfährt, da sie vorhat eine Abtreibung vornehmen zu lassen. M hingegen ist äußerst neugierig und überredet G ihr das Ergebnis des Schwangerschaftstests mitzuteilen. Voller Freude über das positive Ergebnis ruft er seinen Bruder B an und erzählt ihm alles.

  • G macht sich hier nach § 203 StGB strafbar, da sie dem M das Geheimnis der F offenbart, ohne hierzu befugt worden zu sein. Auch eine mutmaßliche Einwilligung scheidet aus. M selbst macht sich durch das Telefonat mit B nicht strafbar. Zwar ist er ihm ein fremdes Geheimnis bekannt geworden, das er offenbart. Doch gehört er nicht zu dem aufgezählten Personenkreis, sodass er sich nicht nach § 203 StGB strafbar machen kann. Jedoch macht er sich nach §§ 203, 26 StGB wegen Anstiftung zur Verletzung von Privatgeheimnissen, da er G zur Offenbarung überredet hat. Seine Strafe ist aber nach §§ 28 I, 29 I StGB zu mildern.

7.5 Qualifikation nach § 203 V StGB

Nach § 203 V StGB ist die Strafdrohung auf bis zu zwei Jahre Freiheitstrafe angehoben, wenn der Täter eines der dort genannten Qualifikationsmerkmale erfüllt.

7.5.1 Gegen Entgelt

Zum einen ist die Strafe geschärft, wenn der Täter für das Offenbaren des Geheimnisses ein Entgelt entgegengenommen hat. Der Begriff des Entgelts ist in § 11 I Nr. 9 StGB als „jede in einem Vermögensvorteil bestehende Gegenleistung“ definiert. Es muss sich also um einen tatsächlichen Vermögensvorteil handeln.

Beispiel
Tochter T verspricht Notar N, mit ihm zu schlafen, wenn er ihr die testamentarischen Anordnungen ihres Vaters verrät. N lässt sich darauf ein.

  • Damit macht er sich nach § 203 StGB strafbar, die Qualifikation nach Absatz 5 verwirklicht er hingegen nicht, da in dieser „Gunstbezeugung“ der T kein materieller Vermögensvorteil zu erblicken ist. Anders wäre der Fall zu beurteilen, wenn N von der T Geld für die Informationen entgegengenommen hätte.

Nicht erforderlich ist, dass der Wille des Täters tatsächlich auf die Erlangung eines Entgelts gerichtet war. Die Qualifikation ist erfüllt, soweit der Täter das Entgelt entgegengenommen hat.

7.5.2 Mit Bereicherungsabsicht

Dieses Merkmal erfasst Fälle, in denen der Täter sich mit dem Geheimnisverrat bereichern wollte. Diesbezüglich muss also --> dolus directus 1. Grades vorliegen. Der Täter erfüllt die Qualifikation also bereits dann, wenn er das Geheimnis um eines Entgelts willen verraten hat, dieses Entgelt aber gar nicht erhält. Erhält er es, ist zusätzlich die erste Variante der Qualifikation (s.o. 6.5.1.) erfüllt.

7.5.3 Mit Schädigungsabsicht

Dieses Merkmal erfasst Fälle, in denen die Gesinnung des Täters besonders verwerflich ist, weil er mit der Offenbarung des Geheimnisses dessen Träger Schaden zufügen wollte. Ob dieser Schaden tatsächlich eintritt oder ob es tatsächlich ein Schaden ist, ist irrelevant, solange der Täter dem Opfer diesen nach seiner Vorstellung bestehenden Schaden zufügen will (Fußnote). Auch hier ist --> dolus directus 1. Grades erforderlich. Der beabsichtigte Schaden kann auch immaterieller oder ideeller Art sein und muss kein Vermögensschaden sein.

Beispiel
M möchte sich von seiner Gattin G scheiden lassen, da er von ihr betrogen wurde. Er beauftragt Anwalt A mit der Wahrnehmung seiner Interessen bezüglich der Scheidung. A hasst die F schon lange und ist bestrebt, ihren Ruf nachhaltig zu schädigen. Deshalb lässt er sich in der ganzen Stadt über den Ehebruch der G aus.

  • A macht sich hier nach § 203 StGB strafbar. Ihn trifft auch die Pflicht sogenannte Drittgeheimnisse zu wahren (s.o. 6.1.1.). Da er mit der Offenbarung die G schädigen möchte, erfüllt er ebenfalls die Qualifikation nach § 203 Abs. 5 StGB.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Datenschutzstrafrecht“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Guido-Friedrich Weiler, Fachanwalt für Arbeitsrecht, und Sven Müller, wissenschaftlicher Mitarbeiter, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-61-8.


 

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Stand: Januar 2017


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist im Datenschutzstrafrecht als Strafverteidiger tätig.

Rechtsanwalt Brennecke hat zum Datenschutzrecht veröffentlicht:

  • „17 UWG – Betriebsgeheimnisse und Verrat durch (ehemalige) Mitarbeiter“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0
  • "Einführung in das Datenschutzrecht", Kapitel im E-Business Handbuch für Entscheider, 2. Aufl., ISBN 3.540-43263-9, 2002, Springer-Verlag

Folgende Veröffentlichung von Rechtsanwalt Brennecke ist in Vorbereitung:

  • Einführung in das Datenschutzstrafrecht

Rechtsanwalt Brennecke war an der IHK Karlsruhe als Dozent für Datenschutzrecht tätig. Er ist Dozent für Datenschutzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

  • Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis
  • Datenschutzstrafrecht
  • Datenschutz in Franchisesystemen – Die unterschätzte Gefahr für Franchisesysteme

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Portrait Guido-Friedrich-Weiler

Rechtsanwalt Weiler berät und schult Arbeitgeber und Betriebsräte in allen Fragen des Arbeitnehmerdatenschutzes. Seine umfassende Lehrerfahrung ermöglicht es ihm, Fachanwälte für Arbeitsrecht in Spezialthemen wie der Arbeitnehmerüberwachung fortzubilden.

Als Trainer ist Guido-Friedrich Weiler bei diversen Dax-30-Unternehmen anerkannter Spezialist, wenn es um arbeitsrechtliche Fragen von Datenschutz, Innenrevision oder Compliance geht. In Kooperation mit IT-Sicherheitsunternehmen und Herstellern von Antivirenprogrammen hält er regelmäßig Vorträge zu rechtskonformem Einsatz von IT-Security.

Er publiziert regelmäßig zu arbeitsrechtlichen Themen, insbesondere zu Fragen der Arbeitnehmerüberwachung.

Von 1999 bis 2006 war Guido-Friedrich Weiler bei der Ernst & Young AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft tätig.

Guido Friedrich-Weiler ist

  • Lehrbeauftragter an der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Hellweg-Sauerland in Soest
  • Lehrbeauftragter an der F.O.M. Fachhochschule für Ökonomie und Management in Bonn, Köln und Aachen
  • Lehrbeauftragter an der Rheinische Fachhochschule Köln
  • Dozent an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie
  • Dozent bei EIDEN JURISTISCHE SEMINARE
  • Vorstand des Bundesverbandes Deutscher Interimmanager und Consultants
  • Lehrbeauftragter bei dem Bildungszentraum der Bundeswehr Mannheim

Ferner ist Herr Weiler Referent für

  • Management Circle
  • Haub & Partner
  • IMW Bildungsinstitut der Mittelständischen Wirtschaft
  • W.A.F. Betriebsrätefortbildung

Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

  • Datenschutz und Compliance
  • Arbeitnehmerdatenschutz
  • Überwachung von Arbeitnehmern: Möglichkeiten und Grenzen
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