Bilanzierung – Teil 21 – Verfahren der Forderungsbewertung


Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Monika Dibbelt
Rechtsanwältin

Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter


7.1.3.3 Verfahren der Forderungsbewertung

Zur Forderungsbewertung gibt es folgende Verfahren:

  • Einzelwertberichtigung
  • Pauschalwertberichtigung
  • kombiniertes Verfahren

7.1.3.3.1 Einzelwertberichtung

Bei der Einzelwertberichtigung gilt der Grundsatz der Einzelbewertung d.h. es muss für jede Forderung geprüft werden, ob es Indizien dafür gibt, dass der Zahlungseingang gefährdet ist. Es geht um die Bewertung des Ausfallrisikos, bezogen auf den einzelnen Kunden bzw. Vertragspartner. Dazu muss die Bonität des Kunden bzw. Vertragspartners auf Grundlage objektiver Anhaltspunkte beurteilt werden. Die Wertberichtigung, also die Abschreibung hat auf der Basis des Nettoforderungswertes zu erfolgen, da die Umsatzsteuer erst beim endgültigen Forderungsausfall berücksichtigt wird.

7.1.3.3.2 Pauschalwertberichtigung

Bei der Pauschalwertberichtigung geht es um Ausfallrisiken, die allerdings vereinfacht - also pauschal - mit einem bestimmten Prozentsatz durch den Unternehmer geschätzt1 auf den Nettoforderungsbestand erfasst werden muss. Die Schätzung des Unternehmers beruht in der Regel auf den Forderungsausfällen der letzten drei bis fünf Jahre. Dieses Verfahren kommt dann zur Anwendung, wenn sich der Forderungsbestand aus zahlreichen Einzelforderungen zusammensetzt.

7.1.3.3.3 Kombiniertes Verfahren

Das kombinierte Verfahren kombiniert die Einzelwertberichtigung mit der Pauschalwertberichtigung und ist daher das praktikabelste Verfahren. Es werden große und auffällig gewordene Forderungen Anhand des Einzelwertes berichtigt. Der Rest wird pauschal wertberichtigt und zwar durch die Anwendung eines Prozentsatzes auf den Nettowert.

Beispiel
Unternehmer Müller ist dabei seinen Jahresabschluss zum 31.12.01 zu erstellen. Dabei weist die Position Forderung aus Lieferung und Leistung vorläufig einen Betrag in Höhe von 200.000,- € aus. Es handelt sich um sämtliche Forderungen, die einen Umsatzsteuerausweis von 19 % enthalten. Die Anfangsbestände der Konten Einzelwertberichtigung und Pauschalwertberichtigung sollen null betragen. Aus den Erfahrungen vergangener Jahre rechnet Müller mit einem durchschnittlichen Ausfallrisiko von 1 %. In dem Betrag von 200.000,- € sind die folgenden Forderungen enthalten, die noch zu würdigen sind:

1. Eine Forderung in Höhe von 6.000,- € brutto besteht gegenüber einem Kunden, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet und mangels Masse eingestellt wurde.

2. Eine Forderung in Höhe von 20.000,- € brutto besteht gegenüber der Y-GmbH. Trotz mehrmaliger Mahnungen ist die Y-GmbH ihrer Zahlungsverpflichtung nicht nachgekommen. Müller rechnet damit, dass diese Forderung in Höhe von 50 % voraussichtlich nicht mehr beglichen wird.

Auf der Basis des kombinierten Verfahrens besteht folgender Bilanzansatz für die Position Forderungen aus Lieferung und Leistung zum Bilanzstichtag 31.12.01:

  • 1. Die Forderung gegenüber dem Kunden, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet und mangels Masse eingestellt wurde, ist eine uneinbringliche Forderung, weil das Insolvenzverfahren mangels Masse eingestellt wurde. Dies bedeutet regelmäßig, dass der Kunde vollkommen vermögenslos ist. Die Umsatzsteuer ist zu korrigieren, da die Voraussetzung des § 16 Abs. 2 Umsatzsteuergesetz erfüllt sind. Die Forderung ist voll abzuschreiben, d.h. es ist eine direkte Abschreibung, d.h. die Wertminderung ist direkt gegen das Forderungskonto, zu buchen.
    Der Buchungssatz lautet:
    Abschreibungen auf Forderungen 5.042,02 und Umsatzsteuer 957,98 an Forderungen 6.000.
  • 2. Die Forderung gegenüber der Y-GmbH ist eine zweifelhafte Forderung. Sie ist zu 50 % auf den Nettowert zu erfassen und der Rest ist abzuschreiben. Eine Korrektur der Umsatzsteuer darf hier noch nicht erfolgen, da die Forderung noch nicht endgültig ausfällt. Der Bilanzansatz für die Forderungen ist durch das kombinierte Verfahren zu ermitteln. Es ist eine indirekte Abschreibung vorzunehmen, weil die Abschreibung nicht direkt auf dem Forderungskonto, sondern indirekt über ein Wertberichtigungskonto erfolgt. Dieses wird mit dem Forderungskonto saldiert.
    Die Buchungssätze lauten:
    Zweifelhafte Forderungen 20.000 an Forderungen 20.000,
    Abschreibungen auf Forderungen 8.403,36 an Einzelwertberichtigung zu Forderungen 8.403,36.
    Einstellung in Pauschalwertberichtigung 1.462 an Pauschalwertberichtigung 1.462

Ermittlung der Pauschalwertberichtigung in €
Bruttobestand der Forderungen 200.000,- €
abzgl. Einzelwertberichtigung aus SV 1 6.000,- €
abzgl. Zweifelhafte Forderungen aus SV 2 20.000,- €
Zwischensumme (Brutto) 174.000,- €
abzgl. darin enthaltene Umsatzsteuer 27.781,51 €
= Nettobestand 146.218,49 €
Davon 1 % (gerundet) 1.462,- €

Ermittlung des Bilanzansatzes in €
Bruttobestand der Forderungen 200.000,- €
- Einzelwertberichtigung aus SV 1 6.000,- €
- Abschreibungen zweifelhafte Forderungen aus SV 2 8.403,36 €
- Pauschalwertberichtigung 1.462,- €
Bilanzansatz zum 31.12.01 184.134,64 €

Aktiva Passiva
Forderungen 174.000,- €

Zweifelhafte Forderungen 20.000,- €
Einzelwertberichtigung 8.403,36 €

Pauschalwertberichtigung

Zu beachten ist, dass § 266 HGB eine Ausgrenzung nicht zulässt. In der endgültigen und abschließenden Bilanz werden weder Einzel- noch Pauschalwertberichtigung noch die zweifelhaften Forderungen ausgewiesen. Vielmehr werden diese Positionen zuvor mit den Forderungen verrechnet, sodass eine Ausgrenzung nicht vorgenommen wird.


[1] Kulosa, in: Schmidt, EStG, 35. Auflage 2015, § 6 Rn .305.

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Bilanzierung“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Steuerrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Jens Bierstedt LL.M., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2016, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6.


 

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Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2016


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Über die Autoren:

Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

Portrait Carola-Ritterbach

Rechtsanwältin Carola Ritterbach absolviert derzeit den Fachanwaltskurs Steuerrecht. Sie berät Gesellschafter und Unternehmer bei der steuerlichen Gestaltung von Gesellschaften und Unternehmen. Sie begleitet Betriebsprüfungen und vertritt bei Finanzgerichtsstreitigkeiten mit dem Finanzamt oder vor Finanzgerichten.  Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei Steuerselbstanzeigen und Steuerstrafverfahren.  Sie erstellt Unternehmensbewertungen und begleitet Unternehmenskäufe bzw. Unternehmensverkäufe aus steuerrechtlicher Sicht.
Sie berät bei der Gestaltung von Erbschaften und Schenkungen zur Vermeidung unnötiger Erbschaftssteuer und entwirft Vermögensübertragungskonzepte. 
Sie berät hinsichtlich steuerlicher Auswirkungen von Insolvenzen. Dabei prüft und beantragt sie Steuererlasse zum Zweck der Unternehmenssanierung oder für insolvente Steuerschuldner sowie die nachträgliche Aufteilung
on Steuern im Fall der Zusammenveranlagungen bei Insolvenzen einzelner Ehepartner.
Rechtsanwältin Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und ist seit vielen Jahren im Bereich Bankrecht tätig. Steuerliche Fragen bei Finanzierungsgeschäften treffen daher ihr besonderes Interesse.

Carola Ritterbach hat im Steuerrecht veröffentlicht:

  • Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
  • Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
  • Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
  • Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
  • Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9
  • Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8,
  • Die Haftung für Steuerschulden, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-39-7

Weitere Veröffentlichungen von Rechtsanwältin Ritterbach im Steuerrecht sind in Vorbereitung, so

  • Änderung von Steuerbescheiden – Wann darf das Finanzamt einen Steuerbescheid aufheben oder korrigieren

Carola Ritternach ist Dozentin für Steuerrecht bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.
 Sie bietet Vorträge und Seminare unter anderem zu folgenden Themen an:

  • Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer vermeiden
  • Wahl der Gesellschaftsform unter Steuergesichtspunkten
  • Lohnsteuer- und Umsatzsteuerhaftung des Geschäftsführers
  • Mindestlohn – Worauf hat der Steuerberater zu achten
  • Die Umsatzsteuer – eine kauf- und leasingrechtliche Betrachtung
  • Die steuerliche Organschaft – Was wird wo versteuert?
  • Die Besteuerung ausländischer Einkünfte – Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Kapitalanlagen oder Geschäftsführergehälter

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Mail: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28

 

Monika Dibbelt, Rechtsanwältin

Portrait Monika-Dibbelt

Rechtsanwältin Monika Dibbelt berät und vertritt Steuerschuldner bei Fragen über die Abgabe von Steuern und die Pflichten zur Abgabe von Steuererklärungen, insbesondere im Rahmen von Insolvenzverfahren und Wohlverhaltensperiode. Sie vertritt ihre Mandanten bei der Einlegung von Rechtsbehelfen gegen Bescheide des Finanzamtes sowie in Verfahren vor den Finanzgerichten und im Steuerstrafrecht. Rechtsanwältin Dibbelt arbeitet derzeit an Veröffentlichungen im Bereich Steuerrecht.

Monika Dibbelt hat im Steuerrecht veröffentlicht:

  • Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
  • Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
  • Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
  • Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
  • Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9

 

Eine steuerberatende Tätigkeit kann Frau Rechtsanwältin Dibbelt nicht erbringen. Bei Bedarf empfiehlt sie gerne einen geeigneten Kontakt.

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