Zurechenbares Handeln und Zahlungsempfänger nach § 15b Abs. 5 InsO
1.1.1 Zurechenbares Handeln
Die Zahlung muss dem Geschäftsführer zurechenbar sein. Zurechenbar ist das eigene Handeln des Geschäftsführers, sowie Handeln auf seine Anweisung. Ob ein Unterlassen, Zahlungen zu verhindern, dem Geschäftsführer zurechenbar ist, ist umstritten. Besonders in einer Krisensituation hat der Geschäftsführer den kompletten Zahlungsverkehr der Gesellschaft zu überwachen. Versucht ein Gesellschafter von sich aus eine Zahlung zu tätigen, so hat der Geschäftsführer notfalls einzuschreiten. Somit ist eher davon auszugehen, dass ihm zumutbar und zurechenbar ist, Zahlungen an einen Gesellschafter zu verhindern (Zitat).
1.1.2 Unmittelbare und Mittelbare Zahlungen an den Gesellschafter
Unter das Zahlungsverbot fallen lediglich Zahlungen an einen Gesellschafter. Zahlungen die von § 15b Abs. 5 InsO erfasst werden müssen unmittelbar oder mittelbar einem Gesellschafter zufließen.
1.1.2.1 Unmittelbare Zahlungen
Unmittelbare Zahlungen richten sich direkt an den Gesellschafter durch Zahlungen in Geldwert, Sachwert oder durch Aufrechnung. Dabei ist nicht relevant, ob es sich bei der Zahlung um eine Ausschüttung oder ein Verkehrsgeschäft handelt. Das Zahlungsverbot soll nicht lediglich ein Ausschüttungsverbot darstellen und alle Zahlungen, unabhängig des zugrundeliegenden Rechtsgeschäfts, erfassen.
1.1.2.2 Mittelbare Zahlungen
Neben den unmittelbaren Zahlungen an Gesellschafter gibt es noch mittelbare Zahlungen. Darunter versteht man Zahlungen, die nicht direkt an den Gesellschafter geleistet werden, diesem trotzdem mittelbar zugutekommen. Eine mittelbare Zahlung liegt beispielsweise vor, wenn die Gesellschaft Verbindlichkeiten des Gesellschafters gegenüber Dritten begleicht. (Zitat).
Beispiel
A ist Gesellschafter der A-GmbH. Zwar geht es der A-GmbH durch mehrere Fehlinvestitionen nicht sonderlich gut, da A aber nicht selbst der Geschäftsführer ist, sondern G bestellt hat, kümmert er sich nicht wirklich um die finanzielle Lage seiner Gesellschaft. A freut sich lediglich darüber, dass die GmbH ihm in der Vergangenheit viel Profit gebracht hat. Daher ist er seit einiger Zeit verwundert, warum ihm keine Gewinne mehr ausgeschüttet werden. Aus anderen Geschäften schuldet er der B-Bank noch viel Geld. In einem Gespräch mit dem gereizten A versichert ihm G, dass er die Schulden des A bei der B-Bank aus dem Gesellschaftsvermögen begleichen wird. Durch diese Zahlung wird die A-GmbH jedoch zahlungsunfähig.
- G haftet nach § 15b Abs. 5 InsO persönlich für die Zahlung an die B-Bank. G sollte die wirtschaftliche Lage der A-GmbH bekannt sein und er hätte die Zahlung nicht ausführen dürfen, wenn sie zur Zahlungsunfähigkeit führt. Dabei spielt es keine Rolle, dass die Zahlung nicht direkt an A, sondern einen Gläubiger des A getätigt wird, der mittelbare Zusammenhang genügt.
1.1.3 Zahlungsempfänger
Das Zahlungsverbot nach § 15b Abs. 5 InsO richtet sich an alle Gesellschafter der GmbH. Ob die Zahlung aufgrund der Stellung des Gesellschafters als Beteiligter an der GmbH stattfindet oder ein Rechtsgeschäft mit einem Gesellschafter zugrunde liegt spielt keine Rolle.
Ein Kleinbeteiligungsprivileg gemäß § 39 Abs. 5 InsO für Gesellschafter, die weniger als 10% der Anteile an der Gesellschaft halten, findet keine Anwendung. Für ausgeschiedene Gesellschafter gilt das Zahlungsverbot, wenn die Zahlung zum Begleichen einer Verbindlichkeit geleistet wird und der Grund für die Zahlung vor dem Ausscheiden des Gesellschafters entstand. Für künftige Gesellschafter gilt das Zahlungsverbot, wenn die Zahlung in einem engen Zusammenhang mit dem Erwerb der Anteile an der Gesellschaft steht.
Der Zahlungsempfänger ist in der Regel ein Gesellschafter. Unter gewissen Voraussetzungen sind jedoch Ausnahmen gegeben. Besteht ein gewisses familiäres oder wirtschaftliches Näheverhältnis zwischen dem Gesellschafter und dem Dritten, der die Zahlung empfängt, findet § 15b Abs. 5 InsO ebenfalls Anwendung. Hier soll neben den mittelbaren Zahlungen, die einem Gesellschafter direkt durch beispielsweise einer Begleichung dessen Verbindlichkeiten, Zahlungen verboten werden, die ihm nicht persönlich, jedoch einer ihm persönlich oder wirtschaftlich nahestehenden Person zugutekommen. Das Zahlungsverbot erfasst in folgenden Fällen Zahlung an Dritte:
- Der Empfänger ist ein Vertreter der Gesellschaft
- Der Empfänger kann auf Rechnung der Gesellschaft handeln
- Der Empfänger steht einem Gesellschafter wirtschaftlich oder persönlich nahe
- Bei dem Empfänger handelt es sich um eine andere Gesellschaft, die ein Gesellschafter oder mehrere Gesellschafter der GmbH mit einer Mehrheit besitzen
(Zitat)
Beispiel
A ist Gesellschafter der A-GmbH und der B-GmbH. Die A-GmbH hat aus einer Lieferung gegen die B-GmbH noch eine offene Rechnung. Da die B-GmbH finanziell nicht gut dasteht, beschließt A, dass der Geschäftsführer G der A-GmbH die Forderung erlassen soll. An der finanziellen Lage der A-GmbH ist A sowieso nicht so sehr interessiert, da die B-GmbH ihm in der Vergangenheit einen größeren Profit eingefahren hat. G erlässt daraufhin, wie ihm aufgetragen wurde, die Forderung. Erst später bemerkt er, dass durch den Erlass der Forderung, die A-GmbH nicht mehr in der Lage ist, Forderungen gegen sie zu begleichen. Die A-GmbH wird zahlungsunfähig und letztendlich wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen der A-GmbH eröffnet.
- G haftet nach § 15b Abs. 5 InsO persönlich für die Zahlung an die B-GmbH. Die Zahlung hat zur Zahlungsunfähigkeit der A-GmbH geführt. Da A der Gesellschafter der A-GmbH und der B-GmbH ist, genügt als wirtschaftliches Näheverhältnis zwischen dem Gesellschafter und dem Zahlungsempfänger.
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