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Grundlagen zu § 15 InsO

1. Allgemeines zu den Ansprüchen aus § 15b Abs. 1nsO

Bei einer insolvenzreifen GmbH ist auf viele Vorschriften zu achten, um eine Haftung auszuschließen. Eine dieser Vorschriften ist § 15b InsO, nach welcher ein Geschäftsführer gegebenenfalls für Zahlungen der GmbH persönlich zu haften hat.

1.1 Gesetzeshistorie

Der neue § 15b InsO löste mit Wirkung ab dem 01.01.2021 den § 64 GmbHG aF ab. Im Kern blieb die Norm gleich. Daher ist in den meisten Fällen davon auszugehen, dass die alte Rechtsprechung des BGH für die neue Norm anzuwenden ist. Durch den § 15b Abs. 8 InsO wurde ein Spannungsverhältnis zwischen dem insolvenzrechtlichen Zahlungsverbot und der steuerrechtlichen Zahlungspflicht gelöst, wodurch ein Haftungsdilemma für den Geschäftsführer gelöst wurde. Ist die Haftung noch vor dem 01.01.2021 begründet, findet § 64 GmbHG aF weiterhin Anwendung.

1.2 Zweck

§ 15b Abs. 1nsO umfasst zwei verschiedene Anspruchsgrundlagen, § 15b Abs. 4 InsO und § 15b Abs. 5. InsO. Die zwei Ansprüche unterscheiden sich in ihrem Zweck. § 15b Abs. 4 InsO soll die Insolvenzmasse nach Eintritt der Insolvenzreife erhalten. § 15b Abs. 5 InsO soll verhindern, dass die GmbH durch Zahlungen an Gesellschafter zahlungsunfähig wird. Gerichtet sind beide Ansprüche gegen den Geschäftsführer einer GmbH.

1.2.1 Masseerhaltung der GmbH

Der Zweck des § 15b Abs. 4 InsO ist die Erhaltung der Insolvenzmasse zugunsten der Insolvenzgläubiger. Nach § 1 InsO ist der Sinn eines Insolvenzverfahrens die Gläubigergemeinschaft zu befriedigen. Damit noch verteilungsfähige Masse vorhanden ist, muss der Insolvenzantrag rechtzeitig gestellt werden. In der Praxis fallen der Zeitpunkt, zu welchem die Insolvenzreife einsetzt und die Eröffnung des Insolvenzverfahrens in der Regel weiter auseinander. In der Zeit zwischen dem Eintritt der Insolvenzreife und der Stellung des Insolvenzantrags muss ein Schutz der Insolvenzmasse geboten werden. Daher unterliegen der Geschäftsführer einer GmbH ab Beginn der Insolvenzreife einem Zahlungsverbot nach § 15b Abs. 1 InsO. Verstößt der Geschäftsführer der GmbH gegen das Zahlungsverbot, haftet er persönlich für die getätigten Zahlungen, sofern diese von ihm verschuldet sind und nicht nach § 15b Abs. 1 S. 2 InsO privilegiert sind (Fußnote).

1.2.1.1 Schutz des Geschäftsgangs

Zahlungen, die die Befriedigungsaussichten der Gläubiger einschränken sollen durch das Zahlungsverbot verhindert werden. Die GmbH muss trotzdem nicht jeglichen Geschäftsgang einstellen. Zahlungen, die mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsmanns vereinbar sind, sollen beim Geschäftsführer nicht zur Haftung führen. Dadurch sollen gewisse Zahlungen, ohne welche eine Bereinigung der Krisensituation oder die Vorbereitung auf das Insolvenzverfahren unmöglich wären, nicht von dem Zahlungsverbot erfasst werden.

Damit Zahlungen privilegiert werden muss daher unterschieden werden, zu welchem Zweck sie getätigt wurden. Liegt eine realistische Chance vor, die Insolvenzreife zu beseitigen, soll das Zahlungsverbot diesem Vorhaben nicht im Weg stehen. Das Interesse der Gläubiger befriedigt zu werden wird besser geschützt, wenn die Insolvenzreife beseitigt wird und die GmbH bestehen kann.

Besteht keine realistische Chance die Insolvenzreife zu beseitigen, werden die Gläubigerinteressen besser geschützt, wenn Zahlungen lediglich für die Vorbereitung auf den Insolvenzantrag getroffen werden. Dadurch soll die Insolvenzmasse vor negativen Einwirkungen durch andere Geschäfte geschützt werden.

1.2.1.2 Druckfunktion

Neben der direkten Erhaltung der Masse, soll die Haftung nach § 15b Abs. 4 InsO dazu dienen, dass der Geschäftsführer den Insolvenzantrag so bald wie möglich einreicht. Die Haftung nach § 15b Abs. 4 InsO greift zeitlich nur bis zum Zeitpunkt, zu dem das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Führt der Geschäftsführer den Geschäftsbetrieb nach Eintritt der Insolvenzreife fort und gelingt es ihm nicht die Insolvenzreife zu bereinigen, haftet er persönlich für die Zahlungen. Die persönliche Haftung schafft somit Anreize, den Geschäftsgang einzustellen und somit keine masseschmälernden Zahlungen zu tätigen. Stellt der Geschäftsführer den Insolvenzantrag aufgrund des Drucks früher, führt dies daher zu einem Vorteil für die Gläubigerschaft. Im eröffneten Insolvenzverfahren besteht weiterhin die Chance die Insolvenzreife zu beseitigen. Hierbei handelt der Insolvenzverwalter jedoch ausschließlich im Interesse der Gesamtgläubigerschaft und nicht im Interesse des Geschäftsführers oder der Gesellschafter (Fußnote).

1.2.2 Bewahrung der Gläubigerstellung

Der Ersatzanspruch nach § 15b Abs. 5 InsO dient ebenfalls dem Gläubigerschutz. Anstatt der Masseerhaltung bei Insolvenzreife, soll hier jedoch schon der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit aufgrund von Zahlungen an Gesellschafter verhindert werden. Damit greift der Anspruch zeitlich vor den Anspruch nach § 15b Abs. 4 InsO. Dadurch soll die Vorrangstellung, die sich durch § 199 S. 2 InsO ausdrückt, der Gläubigerverbindlichkeiten gegenüber den Gesellschaftern bewahrt werden. Im Insolvenzverfahren haben die Gesellschaftsgläubiger einen Vorrang, Gesellschafter werden erst am Ende des Verfahrens befriedigt. In der Regel genügt die Insolvenzmasse jedoch nicht einmal dazu, die Gläubiger vollständig zu befriedigen. Es ist von einer Insolvenzquote von ca. zwei bis sieben Prozent auszugehen.

Die Norm soll die Regelungen zur Erhaltung des Stammkapitals nach § 30 GmbHG ergänzen. Da bei § 15b Abs. 5 InsO keine bilanzielle Betrachtung von Zahlungen erfolgt, kann Zahlungsunfähigkeit aufgrund von Illiquidität verhindert werden. So ist der Geschäftsführer zu besonderer Sorgfalt bei Zahlungen an Gesellschafter angehalten. Die Gefahr der Gläubiger, Forderungen wegen Zahlungsunfähigkeit nicht erfüllt zu bekommen, sinkt. Eine höhere Insolvenzquote für die Gesamtgläubigerschaft kann dadurch erzielt werden (Fußnote).


 

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    Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät und begleitet er Sanierungen und betreut Geschäftsführer und Gesellschafter bei Firmeninsolvenzen. Er unterstützt Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für sie bestehenden Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Wahrung der Unternehmenswerte. Er unterstützt bei der Suche nach Investoren und Wagniskapitalgebern (venture capital), begleitet Verhandlungen und erstellt Investorenverträge.


Rechtsanwalt Harald Brennecke hat im Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht veröffentlicht:

  • "Das Recht der GmbH", Verlag Mittelstand und Recht, 2015, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8
  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-26-7
  • "Die Limited in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6
  • "Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG: Auskunftsrechte der Kommanditisten einer Publikums-KG gegen Treuhänder“, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-28-1
  • "Die Gesellschafterversammlung: Ein Leitfaden", Harald Brennecke und Dipl.-Jur. Marc Schieren, M. L. E., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-50-2
  • "Arztpraxis – Kauf und Übergang", Harald Brennecke und Michael Kaiser, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-54-0

Folgende Veröffentlichungen von Rechtsanwalt Brennecke sind in Vorbereitung:

  • Die Due Diligence – Rechtliche Prüfung beim Unternehmenskauf
  • Die Liquidation der Kapitalgesellschaft
  • Die Unternehmergesellschaft (UG)

Harald Brennecke ist Dozent für Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein.  
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Gesellschaftsrecht für Steuerberater und Unternehmensberater – Grundlagen des Gesellschaftsrechts
  • Gesellschaftsvertragsgestaltung – Grundlagen und Risiken
  • Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) – kleine Chance, großes Risiko
  • Welche Gesellschaftsform ist die Richtige? Vor- und Nachteile der Rechtsformen für Unternehmer
  • Geschäftsführerhaftung – Geschäftsführung von Kapitalgesellschaften; das letzte große Abenteuer der westlichen Zivilisation
  • Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißt das eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
  • Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
  • Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer
  • Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
  • Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters

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