Erbrecht für Unternehmer - Teil 20 - Nachfolge eines GbR-Gesellschafters

6.2 Anteile an einer Personenhandelsgesellschaft

Das Gesellschaftsrecht legt fest, inwieweit Anteile an Personengesellschaften vererblich sind und ist damit vorrangig zu beachten. Das Erbrecht kann nur insoweit die Rechtslage gestalten, wie das Gesellschaftsrecht es zulässt. Wegen dieser zwingenden Verbindung zwischen Erb- und Gesellschaftsrecht, ist dringend darauf zu achten, dass der Gesellschaftsvertrag - sofern einer besteht - und die Verfügung von Todes wegen übereinstimmen. Andernfalls könnten erbrechtliche Verfügungen wegen der gesellschaftsrechtlichen vorrangigen Vorgaben ins Leere gehen.

6.2.1 GbR

Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist ein Zusammenschluss von mindestens zwei Gesellschaftern, welche sich in einem Gesellschaftsvertrag verpflichten, einen gemeinsamen Zweck zu fördern. Bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts führt der Tod eines Gesellschafters grundsätzlich zu der Auflösung der Gesellschaft, vgl. § 727 BGB. Die Gesellschaft wandelt sich dann in eine Liquidationsgesellschaft um und der Erbe oder die Erbengemeinschaft treten anstelle des Verstorben in diese ein. Die Erben haben dann einen Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben. Sind die Schulden der Gesellschaft hingegen höher als ihr Vermögen, muss das Gesellschaftervermögen umgesetzt werden. Wird damit nicht ausreichend Geld erzielt, müssen die Gesellschafter für den Betrag anteilig aufkommen. Da der Erbe in die Gesellschafterstellung eingetreten ist, muss auch er sich unter Umständen an der Nachschusspflicht beteiligen. Dem kann der Erbe nur über eine Erbausschlagung oder eine Haftungsbegrenzung entgehen.

Wird nicht die Auflösung der Gesellschaft gewünscht, kann im Gesellschaftsvertrag vereinbart werden, dass die GbR fortgesetzt wird. Dabei kann die Fortsetzung

  • ohne die Erben
  • mit den Erben
  • mit Abfindungsanspruch oder
  • ohne Abfindungsanspruch

geregelt werden.

Wird im Gesellschaftsvertrag geregelt, dass die Gesellschaft ohne die Erben fortgesetzt werden soll (Fortsetzungsklausel), wächst der Anteil des Verstorbenen Gesellschafters den übrigen Gesellschaftern an. Die Anwachsung geschieht anteilig entsprechend des jeweiligen Anteils des Gesellschafters. Es bedarf keines gesonderten Übertragungsaktes; der Übergang erfolgt im Wege der Gesamtrechtsnachfolge.

Soll die Gesellschaft mit den Erben fortgesetzt werden, muss eine Nachfolgeklausel vereinbart werden.

6.2.1.1 Nachfolge eines GbR-Gesellschafters

Es gibt folgende Möglichkeiten die Nachfolge zu gestalten:

6.2.1.1.1 Erbrechtliche Nachfolgeklausel

Bei einer erbrechtlichen Nachfolgeklausel kommt es zum automatischen Eintritt des oder der Erben in die Gesellschafterstellung des Erblassers.1

Hierbei kann weiter differenziert werden zwischen der einfachen und der qualifizierten Nachfolgeklausel:

6.2.1.1.1.1 Einfache Nachfolgeklausel

Bei der sog. einfachen Nachfolgeklausel wird im Gesellschaftsvertrag vereinbart, dass die Gesellschaft mit dem oder allen Erben fortgesetzt wird.

Die Nachfolgeklausel legt damit die grundsätzliche Vererblichkeit des Anteils des Erblassers fest. Der Nachfolger tritt nicht unmittelbar durch die Klausel, sondern erst durch die gesetzliche oder testamentarische Erbfolge in die Gesellschaft ein. Der Erblasser hat es damit in der Hand, seine Nachfolge in der Gesellschaft zu bestimmen.

Der Erblasser muss, wenn er Gesellschafter einer Personengesellschaft ist und im Gesellschaftsvertrag eine einfache Nachfolgeklausel enthalten ist, nur noch bestimmen, wer Erbe werden soll. Legt der Erblasser in seiner letztwilligen Verfügung keinen bestimmten Erben als Nachfolger für seine Gesellschafterstellung fest, dann werden alle Erben Gesellschafter entsprechend ihrer Miterbenquote. Die Miterbengemeinschaft selbst wird kein Gesellschafter.2

Beispiel

Erblasser E ist Gesellschafter der X OHG. Der Gesellschaftsvertrag sieht eine einfache Nachfolgeklausel vor. E hinterlässt zwei Kinder. Eine letztwillige Verfügung existiert nicht.

            • Jedes Kind erbt 1/2. Da eine Miterbengemeinschaft kein Gesellschafter wird, wird jedes Kind zu 1/2 Gesellschafter.

6.2.1.1.1.2 Qualifizierte Nachfolgeklausel

Soll die Gesellschaft lediglich mit einzelnen bestimmten Erben fortgesetzt werden, ist eine qualifizierte Nachfolgeklausel erforderlich. Eine solche legt konkret fest, wer Nachfolger des verstorbenen Gesellschafters werden soll.

Den anderen Erben, die nicht Gesellschafter geworden sind, steht weder ein Recht am Gesellschaftsanteil zu noch ein Abfindungsanspruch gegen die Gesellschaft. Der Ausgleich zwischen den Miterben erfolgt über einen Wertausgleich des Erben der Gesellschafter geworden ist, gegenüber den anderen Erben, die nicht Gesellschafter geworden sind.

Der eintretende Erbe muss sich den Wert des Gesellschaftsanteils auf seine Erbquote anrechnen lassen.3 Übersteigt der Wert der Mitgliedschaft den Betrag, den ihm aufgrund der Erbquote zustehen würde, besteht eine Ausgleichspflicht gegenüber den Miterben.4

Beispiel

Erblasser E ist Gesellschafter der X GbR. Sein Anteil hat einen Wert in Höhe von 175.000 €. In dem Gesellschaftsvertrag ist im Rahmen einer qualifizierten Nachfolgeklausel vorgesehen, dass sein Sohn in die Gesellschaft eintritt. Ansonsten hinterlässt E nur noch eine Tochter. In seiner letztwilligen Verfügung ist vorgesehen, dass sein Sohn seinen Gesellschafteranteil erhalten soll, seine Tochter soll auch Erbin sein. Sein Nachlass beträgt insgesamt 300.000 €.

            • Bei zwei Kindern würde jedes Kind die Hälfte des Nachlasses und damit 150.000 € erhalten. Da E seinem Sohn jedoch seinen Gesellschafteranteil zugewandt hat, der einen Wert von 175.000 € hat, hat die Tochter gegen den Sohn einen Ausgleichsanspruch in Höhe von 25.000 €.

Bei einer qualifizierten Nachfolgeklausel ist die Übereinstimmung zwischen dem Gesellschaftsvertrag und der Verfügung von Todes wegen von besonderen Bedeutung. Der in der qualifizierten Nachfolgeklausel genannte Erbe muss auch in der Verfügung von Todes wegen als Erbe eingesetzt sein. Sieht der Gesellschaftsvertrag nichts entsprechendes vor, gilt das Gesetz - die Gesellschaft wird nur mit den verbleibenden Gesellschaftern fortgeführt.

Beispiel

Erblasser E ist Gesellschafter der X GbR. In dem Gesellschaftsvertrag ist eine qualifizierte Nachfolgeklausel vorgesehen, welche den ältesten Sohn des E als Nachfolger vorsieht. Auch in seinem Testament regelt E, dass sein ältester Sohn sein Nachfolger werden soll.

  • Sowohl die qualifizierte Nachfolgeklausel als auch das Testament des E stimmen damit überein, dass sein ältester Sohn sein Nachfolger werden soll. Dadurch wird der älteste Sohn der Nachfolger des E.

6.2.1.1.2 Rechtsgeschäftliche Nachfolgeklausel

Von den erbrechtlichen Nachfolgeklauseln ist die rechtsgeschäftliche Nachfolgeklausel zu unterscheiden. Bei einer rechtsgeschäftlichen Nachfolgeklausel wird im Gesellschaftsvertrag für den Tod eines Gesellschafters ein Nachfolger eingesetzt, der kein Erbe ist. Diese Person muss aber bereits selber Mitgesellschafter sein.5 Da hier der Gesellschaftsanteil außerhalb des Nachlasses auf den Nachfolger übergeht, entsteht kein Ausgleichsanspruch für die Erben.

Beispiel

Erblasser E ist Gesellschafter der X GbR. Sein Freund F ist ebenfalls Gesellschafter der X GbR. In dem Gesellschaftsvertrag wird geregelt, dass F Nachfolger des E wird.

  • Da der Gesellschaftsvertrag eine rechtsgeschäftliche Nachfolgeklausel vorsieht, in der F der Nachfolger des E wird. F wird damit automatisch Nachfolger des E, wenn E stirbt.

6.2.1.1.3 Eintrittsklausel

Darüber hinaus gibt es noch die Möglichkeit, eine sog. Eintrittsklausel zu vereinbaren. Eine Eintrittsklausel räumt bestimmten Erben das Recht ein, die Aufnahme in die Gesellschaft zu verlangen.6 Den anderen Erben, die nicht Gesellschafter werden, kann - muss aber nicht - ein Ausgleich zustehen. Es können im Gesellschaftsvertrag Regelungen getroffen werden, die einen Ausgleich ausschließen. Sollen alle Erben eintreten, wird jeder einzelne Erbe Gesellschafter.

Ein automatischer Eintritt in die Gesellschafterstellung des Erblassers findet nicht statt. Der Erbe hat die Wahl:

          • Wird kein Eintritt des oder der Erben verlangt, kann im Gegenzug eine Abfindung verlangt werden. Die Gesellschaft wird dann mit den übrigen Gesellschaftern fortgeführt.
          • Wird sich für den Eintritt entschieden, bedarf es nur noch einer

Eintrittserklärung gegenüber der Gesellschaft, sofern der Gesellschaftsvertrag nicht eine Mitwirkungshandlung der künftigen Mitgesellschafter vorsieht. Mit dem Eintritt wächst dem Neugesellschafter dann der Gesellschaftsanteil des Erblassers zu.

Eine Eintrittsklausel ist dann empfehlenswert, wenn ungewiss ist, ob der Erbe bereit oder geeignet ist, in die Gesellschafterstellung einzutreten. Da die Eintrittsklausel nur ein Eintrittsrecht, nicht aber eine Eintrittspflicht begründen, bedarf es keine Mitwirkung des Eintrittsberechtigten bei der Regelung.7 Der Eintrittsberechtigte muss erst bei Erbfall entscheiden, ob er eintreten möchte.

Bei einer Nachfolgeklausel muss der Nachfolger des Gesellschafters Erbe von ihm geworden sein. Bei der Eintrittsklausel ist das hingegen nicht erforderlich. Wollen die Gesellschafter eine Person als potentiellen Nachfolger einsetzen, bei der Unsicherheit besteht, ob sie später Erbe wird, so ist grundsätzlich eine Eintrittsklausel zu empfehlen.8

Beispiel

Eine Gesellschaft besteht aus den 3 Gesellschaftern X, Y, und Z. X hat zwei Kinder und eine Ehefrau. Es wurde vereinbart, dass die Gesellschaft mit den Erben fortgesetzt wird.

          • Da der Gesellschaftsvertrag eine Eintrittsklausel vorsieht, können die Erben entscheiden, ob sie in die Gesellschaft eintreten möchten. Entscheiden sie sich dafür, würde die Gesellschaft dann aus 5 Mitgliedern bestehen. Dem Y und Z, den zwei Kindern und der Ehefrau.

6.2.2 OHG

Die OHG ist keine juristische Person, sondern eine Gesamthandsgemeinschaft mit der Fähigkeit, selbstständiger Träger von Rechten und Pflichten zu sein, § 124 Abs.1 HGB. Eine Gesamthandsgemeinschaft ist eine Gemeinschaft, denen ein bestimmtes Vermögen nur gemeinschaftlich zusteht.

Der Bestand einer OHG hängt nicht von dem personellen Fortbestand der ursprünglichen Gesellschafter ab. Gesellschafter können eintreten, ausscheidend oder Geschäftsanteile durch Erbfolge übertragen werden.


[1] Sänger, § 3 Rn. 226.

[2] Sänger, § 3 Rn. 227.

[3] Sänger, § 3 Rn. 228.

[4] Brox, § 44 Rn.794.

[5] BGH 10.02.1977.

[6] Sänger, § 4 Rn. 310, Brox § 44 Rn. 782.

[7] Sänger, § 4 Rn. 230.

[8] Michalski, § 30 I 2 Rn. 1158

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Erbrecht für Unternehmer“ von Harald Brennecke, Rechtsanwalt, und Wolfgang Theissen, Rechtsanwalt, und Julia Külzer, wissenschaftliche Mitarbeiterin, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-94-6.


Kontakt: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2019


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt

Portrait Harald-Brennecke

Harald Brennecke ist seit 1997 mit erbrechtlichen Mandaten befasst.
Als Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht berät er insbesondere bei der Gestaltung von Unternehmertestamenten, der Übertragung von Unternehmensanteilen und der Ausarbeitung von Unternehmererbverträgen im Hinblick auf die Sicherung der Unternehmensnachfolge. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät er Erben und potenzielle Erben bei überschuldetem Nachlass in Bezug auf Erbausschlagung, Dürftigkeitseinreden und der Beantragung und Begleitung bei Nachlassinsolvenzverfahren.
Er berät weiterhin bei der Erstellung von Testamenten und der Gestaltung von Vermögensübergängen, insbesondere aus erbschaftssteuerlicher Sicht und der Auseinandersetzung von Erbengemeinschaften. Er berät bei Pflichtteilsansprüchen, Vermächtnissen sowie bei Fragen der Vorerbschaft und Nacherbschaft. Er begleitet Erben bei der Beantragung von Erbscheinen und der Abwicklung der Erbschaft.

Harald Brennecke hat im Erbrecht veröffentlicht:

  • "Erbrecht – Eine Einführung“ von Harald Brennecke und Dr. Maren Augustin, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-17-5
  • „Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen“, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8

Bereits 1999 war er Experte für Erbrecht in einer Serie von Live-Fernsehsendungen.
Rechtsanwalt Brennecke ist Dozent für Erbrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Erbrecht für Steuerberater – Grundlagen des Erbrechts als Basis erbschaftssteuerrechtlicher Beratung
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