Erwerbsminderungsrente und Berufsunfähigkeitsrente - Teil 23 – Rentenverfahren

6.2 Rentenverfahren

Der Eingang des EM-Rentenantrages wird durch die Deutsche Rentenversicherung schriftlich bestätigt. Dann heißt es für die Betroffenen zunächst geduldig zu warten. Die Prüfung eines EM-Antrages durch die Deutschen Rentenversicherung ist ein sehr umfangreiches Verfahren. Betroffene müssen deshalb mit Wartezeiten rechnen, die mehrere Monate umfassen.

Die Rentenversicherung prüft zunächst die in Kapitel 1 vorgestellten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen. Mögliche Anfragen der Rentenversicherung sollten immer zügig beantwortet werden.

Sind die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt, prüft die Rentenversicherung in einem zweiten Schritt, ob tatsächlich eine Erwerbsminderung vorliegt. Neben den vom Betroffenen eingereichten Unterlagen kann die Rentenversicherung dazu eigenständig Befundberichte, Rehabilitationsberichte oder medizinische Gutachten anfordern.

Ist die Lage nach Sichtung all dieser Unterlagen noch immer nicht eindeutig, kann die Rentenversicherung in einem dritten Schritt ein weiteres Gutachten anfordern. Dazu bedient sie sich freier ärztlicher Gutachter, die im Umkreis des Betroffenen ansässig sind. Betroffene haben nach § 62 SGB I eine sogenannte Obliegenheit bei einem solchen Gutachten mitzuwirken. Das bedeutet, sie sind zwar nicht verpflichtet mitzuwirken, müssen dann aber mit der Versagung ihrer Rente rechnen. Eine medizinische oder psychologische Begutachtung kann nach § 65 SGB I nur abgelehnt werden, wenn

  • sie unzumutbar ist
  • sie mit erheblichen Schmerzen verbunden ist
  • ein Schaden für Leben oder Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht ausgeschlossen werden kann
  • sie einen erheblichen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit bedeutet

Wann genau diese Gründe erfüllt sind, ist im Einzelnen jedoch sehr strittig und stark von den Umständen des individuellen Einzelfalls abhängig. Streitigkeiten enden hier somit nicht selten vor Gericht. Durch die Rechtsprechung hat sich bisher lediglich herauskristallisiert, dass eine ärztliche Untersuchung dann folgenlos abgelehnt werden kann, wenn

  • die Anreise zu weit ist und vom Betroffenen deshalb nicht wahrgenommen werden kann
  • der Betroffene beim benannten Gutachter bereits ärztliche Untersuchungen wahrgenommen hat
  • der Betroffene schwerwiegende Gründe aufweisen kann, die das objektive Urteilungsvermögen des benannten Gutachters anzweifeln

Generell ist Betroffenen somit immer zu raten die von der Rentenversicherung geforderten Termine tatsächlich wahrzunehmen. Dazu gehört übrigens auch, dass der Termin nicht ohne wichtigen Grund verschoben werden darf. Ein solcher wichtiger Grund kann beispielsweise nur ein Krankenhausaufenthalt, verschriebene Bettlägerigkeit oder ein ähnlich schwerer Umstand sein.

Die Untersuchung des Gutachters kann sehr umfangreich ausfallen. Der untersuchende Arzt soll hier schließlich feststellen, inwieweit das Leistungsvermögen des Betroffenen tatsächlich eingeschränkt ist. Zur Untersuchung kann es deshalb auch gehören, dass der Arzt den Betroffenen ausführlich zur Ausübung seiner Tätigkeiten am Arbeitsplatz befragt. Am Ende der Untersuchung gibt der Arzt jedoch keine Prognosen über die Erteilung oder Nichterteilung der EM-Rente ab. Diese Entscheidung obliegt einzig und allein der Rentenversicherung. Während des Rentenverfahrens gilt es zudem einige Punkte zu beachten. Diese werden hier nun erläutert.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Renten wegen Erwerbsminderung und Berufsunfähigkeit" von Olaf Bühler, Rechtsanwalt und Anna Martyna Werchracki, Wirtschaftsjuristin LL.B., 1. Auflage 2014, erschienen 2014 im Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-31-1.


 

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Stand: Januar 2014


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