Bankzulassungsrecht – Teil 09 – Betrieb eines multilateralen Handelssystems, Platzierungsgeschäft, Abschlussvermittlung

3.2.3 Betrieb eines multilateralen Handelssystems

Ein multilaterales Handelssystem beschreibt die Zusammenführung der Interessen einzelner Personen am Kauf bzw. Verkauf von Finanzinstrumenten insoweit, dass kein Entscheidungsspielraum bezüglich des endgültigen Geschäftsabschlusses mit einem bestimmten Vertragspartner verbleibt. Dafür wird ein festes Regelwerk benötigt. Die Zusammenführung der Interessen muss zwingend zu einem Vertragsschluss führen. Systeme, bei denen kein Vertragsabschluss erfolgt, sondern nur Kommunikationsforen zur Verfügung gestellt werden, sodass der Vertragsabschluss außerhalb des Systems vorgenommen wird, sind keine multilateralen Handelssysteme.

Beispiel
Die C-Bank richtet ein betriebenes, börsenähnliches Netzwerk mit dem Ziel ein, eine Vielzahl von Anbietern auf dem Finanzmarkt nach bestimmten Regeln zusammenzuführen. Das eingerichtete multilaterale Handelssystem sieht den Verkauf bzw. den Kauf bestimmter Aktien vor. Voraussetzung ist, dass die Aktien nur zu einem bestimmten Preis innerhalb der zusammengeführten Interessenten verkauft werden dürfen.

  • Der Vertragsabschluss darf nur innerhalb des Handelssystems vorgenommen werden, das die Interessen der einzelnen Personen an bestimmten Finanzinstrumenten zusammengeführt hat. Nach dem festen Regelwerk verbleibt den Vertragspartnern kein Entscheidungsspielraum. Daher liegt ein sog. Betrieb eines multilateralen Handelssystems vor.

3.2.4 Platzierungsgeschäft

Das Platzierungsgeschäft wird in § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 1c KWG als "das Platzieren von Finanzinstrumenten ohne feste Übernahmeverpflichtung" bezeichnet. Das Platzierungsgeschäft ähnelt daher dem Emissionsgeschäft gem. § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 10 KWG und der Abschlussvermittlung gem. § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 2 KWG.(Fußnote) Vom Emissionsgeschäft unterscheidet es sich dadurch, dass das Platzierungsrisiko mangels einer Übernahmeverpflichtung bei dem Institut verbleibt, das die Wertpapiere ausgibt.

Die "Platzierung" bezeichnet die Unterbringung bzw. den Verkauf von Finanzinstrumenten im Kapitalmarkt oder an einen begrenzten Kreis von Personen und institutionellen Anlegern im Rahmen einer Emission. Nicht erfasst ist die Anschaffung von Finanzinstrumenten.
Verkauft ein Unternehmen im eigenen Namen und auf fremde Rechnung ein Finanzinstrument (kommissionsweise in verdeckter Stellvertretung) liegt ein Finanzkommissionsgeschäft im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 KWG vor und kein Platzierungsgeschäft.

Ein Platzierungsgeschäft erfordert somit:

  • Eine Veräußerung von Finanzinstrumenten
  • Im fremden Namen
  • Für fremde Rechnung
  • Im Rahmen einer Emission
  • Mit Platzierungsabrede
  • Ohne feste Übernahmeverpflichtung

Eine feste Übernahmeverpflichtung liegt vor, wenn sich das veräußernde Unternehmen - wie bei einem Emissionsgeschäft nach § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 10 KWG - verpflichtet, eine Emission von Finanzinstrumenten zu einem vorher festgelegten Preis in den eigenen Bestand aufzunehmen.

Beispiel
Die B-Bank verkauft Finanzinstrumente verschiedener Anbieter an ihre Kunden. Dazu gehören auch die Aktien der ABC-AG. Die Vermittlung der Aktien erfolgt für jeden Kunden erkennbar im Namen und auf Rechnung der ABC-AG. Die B-Bank verpflichtet sich weder zur Übernahme einer festen Anzahl von Aktien zu einem zuvor festgelegten Preis, noch übernimmt sie das Risiko, falls nicht alle Aktien verkauft werden können.

  • Im Gegensatz zum Emissionsgeschäft trägt die B-Bank hier keinerlei Risiko und verkauft die Aktien nicht im eigenen Namen oder auf eigene Rechnung, sondern allein im Namen und auf Rechnung der jeweiligen Anbieter. Daher liegt hier ein erlaubnispflichtiges Platzierungsgeschäft vor.

In den folgenden Fällen liegt kein Platzierungsgeschäft, sondern ein Emissionsgeschäft vor:

  • Der Unternehmer geht im Rahmen eines Platzierungsvorganges von Finanzinstrumenten zum Teil eine feste Übernahmeverpflichtung ein, da die Platzierungserwartungen nicht sicher festgestellt werden können. Für den Rest der zu platzierenden Instrumente lässt er sich eine Übernahmeoption einräumen.
  • Der Unternehmer übernimmt eine Garantie für die Platzierung. Diese Garantie steht wirtschaftlich einer festen Übernahmeverpflichtung gleich.

Vor Einfügen des Platzierungsgeschäfts fiel die Platzierung von Finanzinstrumenten unter die Abschlussvermittlung, die die Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten im fremden Namen für fremde Rechnung erfasst. Seit der Einführung des § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 1c KWG am 01.11.2007 wird ein Teilbereich der Abschlussvermittlung nunmehr vom Platzierungsgeschäft erfasst. Nach der BaFin stellt das Platzierungsgeschäft einen Sonderfall der Abschlussvermittlung dar.(Fußnote Alle Fälle, in denen Wertpapiere im Wege einer offenen Stellvertretung für den Emittenten platziert werden, sind daher als Platzierungsgeschäft anzusehen.

3.2.5 Abschlussvermittlung

Die Abschlussvermittlung erfasst

  • Jede finale Tätigkeit
  • über die Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten
  • Im fremden Namen und
  • Für fremde Rechnung (in offener Stellvertretung).(Fußnote)

Im Gegensatz zum Platzierungsgeschäft(Fußnote) erfasst die Abschlussvermittlung auch die Anschaffung von Finanzinstrumenten.

Beispiel
Fr. Hammann kauft und verkauft für ihre Kunden auf telefonische Weisung aufgrund einer Vollmacht Finanzprodukte.

  • Mit jedem erfolgreichen Rechtsgeschäft, das Fr. Hammann für einen Kunden vereinbart hat, liegt eine erlaubnispflichtige Abschlussvermittlung vor.

Im Gegensatz dazu erwirbt und veräußert der Finanzkomissionär die Finanzinstrumente im eigenen Namen für fremde Rechnung.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Bankzulassungsrecht“ von Carola Ritterbach, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht, und Patricia Deutsch, wissenschaftliche Mitarbeiterin, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-71-7.


 

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Stand: Januar 2017


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  • Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4
  • Kreditsicherheiten, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27
  • Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8
  • Bankvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-32-8
  • Kreditvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9
  • Leasingrecht – Einführung in das Recht des Leasings, ISBN 978-3-939384-25-0, 2014, Verlag Mittelstand und Recht

 

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Bank- und Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltsverein.

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