Die internationale Entsendung von Mitarbeitern – Teil 04 – Vorbereitungsaufwand und Vertragsrisiken im öffentlichen Recht und Steuerrecht

3. Kapitel Der Vorbereitungsaufwand

Neben der Beachtung der persönlichen Karriere- und Familienplanung ist es bei der Entsendung von Mitarbeitern unumgänglich, auf die kulturellen Eigenheiten im Zielland unter Beachtung der gegenständlichen Aufgabenstellung im Unternehmen einzugehen. Wer in der Ferne herrschende Hierarchien nicht würdigt, bestehende Wertmaßstäbe meidet, die von den zu Entsendenden gefürchtete direkte Art in der Kommunikation nicht ändert oder ganz einfach zu Hause übliche Planungsstrukturen als allgemeingültig voraussetzt, wird scheitern oder sich viel zu spät zurecht finden [1].

3.1. Sprachliche, kulturelle, landesspezifische Vorbereitung

Die Auswahl des betreffenden Mitarbeiters für die Entsendung muss auch sprachliche, kulturelle und landesspezifische Vorbereitungen berücksichtigen. Sicherlich ist zunächst die fachliche Qualifikation maßgeblich. Jedoch ist die Beherrschung der Sprache im zukünftigen Tätigkeitsland nicht zu vernachlässigen. In diesem Fall ist ein intensives sprachliches Vorbereitungstraining, sowohl für den zu entsendenden Mitarbeiter, als auch für die ihn begleitenden Familienmitglieder von Bedeutung. Dies sollte, wenn Bedarf besteht, vor Ort in der ersten Zeit fortgeführt werden. Auch die kulturellen und die landestypischen Gegebenheiten sind im Vorfeld unter Zuhilfenahme etwaiger Internet- oder Buchrecherchen zu verinnerlichen. Damit fällt es dem Entsandten und dessen Familie leichter, sich im Tätigkeitsstaat schnell zu integrieren. Die zu entsendeten Mitarbeiter brauchen nicht nur die Fähigkeit, sich anzupassen, sondern müssen auch dafür geeignet sein, Veränderungen zu bewirken.

3.2. Familiäre Vorbereitung

Familiäre Fragen im Rahmen der Auslandsentsendung werden häufig unterschätzt. Im Ausland auftretende Probleme in diesem Bereich sind ebenso häufige Ursache für ein Scheitern des Auslandsaufenthaltes wie berufliche Fehlvorstellungen. Um hier - zumindest teilweise - entgegenzuwirken, ist ein Besuch des zu entsendenden Mitarbeiters mit seiner Familie im künftigen Tätigkeitsstaat vorab zu empfehlen. Die Familienmitglieder haben vor Ort die Möglichkeit, sich um Fragen der Aufnahme der schulpflichtigen Kinder in eine deutsche oder öffentliche Schule zu kümmern. Von Bedeutung sind sicherlich auch die Einkaufsmöglichkeiten, das örtliche Warenangebot und die Lebenshaltungskosten.

Es ist offensichtlich, dass die Begleitung des Entsandten durch Familienmitglieder für dessen Tätigkeit im Ausland sehr förderlich ist. Gerade in der Anfangsphase im Gastland ist die Unterstützung durch die Familienmitglieder sehr hilfreich.

4. Kapitel Vertragsrisiken

4.1. Öffentliches Recht

Das öffentliche Recht spielt zwar keine Hauptrolle bei der Entsendung von Arbeitnehmern, jedoch ist es dennoch nicht unbeachtet zu lassen. Es ergeben sich Unterschiede dahingehend, ob man Mitarbeiter in ein EU (Europäische Union)-Mitgliedstaat oder ein Nicht-EU-Mitgliedstaat entsendet. Als EU-Staatsangehörige/-r benötigt man im Allgemeinen keine Arbeitserlaubnis für eine Erwerbstätigkeit in der EU. Einige EU-Bürger müssen jedoch nach wie vor eine Arbeitserlaubnis beantragen, um in bestimmten EU-Ländern eine Arbeitsstelle antreten zu können.[2]

Dies betrifft aber nur noch Kroatische Bürger/-innen in einigen Ländern der EU und Staatsangehörige bestimmter EU-Länder in Kroatien.

Bei einer Entsendung in ein Nicht-EU-Staat ist dies die Bentragung einer Arbeitserlaubnis allerdings notwendig. Eine fehlende Arbeitserlaubnis würde ein Beschäftigungsverbot nach sich ziehen, daraus resultierend wäre der Arbeitsvertrag nichtig und dieser nichtige Arbeitsvertrag, der auf ein Beschäftigungsverbot herrührt, würde eine Bußgeldpflicht des Arbeitgebers nach sich ziehen.

4.2. Steuerrecht

Bei der Entsendung von Mitarbeitern ins Ausland treten eine Vielzahl von steuerlichen Fragen auf. Schuldner der Einkommenssteuer ist grundsätzlich der Arbeitnehmer, jedoch haftet der Arbeitgeber dafür. Daher ist die korrekte Lohnversteuerung für den Arbeitgeber wichtig. Somit vermeidet er derartige Haftungsrisiken. Darüber hinaus ist in Unternehmensgruppen genau zu prüfen, in welchem Umfang die inländische und die ausländische Gesellschaft des entsandten Mitarbeiters die Kosten tragen. Hier drohen Doppelbesteuerungen, wenn die beteiligten Staaten unterschiedliche Vorstellungen in Bezug auf den Verteilmodus haben.[3]

Natürliche Personen sind in Deutschland unbeschränkt einkommenssteuerpflichtig, wenn sie im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. In Deutschland muss der Arbeitgeber die Lohnsteuer einbehalten und an das Finanzamt abführen. Dies kann sich ändern, wenn der Arbeitnehmer im Ausland tätig ist. Deshalb ist vor einer Entsendung zu klären, ob, sofern die Steuer im Gastland zu entrichten ist, diese durch den Arbeitgeber oder dem Arbeitnehmer zu entrichten ist. Die Klärung ist abhängig von der Lage des Wohnsitzes des Entsandten, da grundsätzlich dem Staat ein Anspruch auf Besteuerung der Arbeitseinkünfte zusteht, in dem der Arbeitnehmer seinen Wohnsitz hat und in dem er sich gewöhnlich zwecks Verrichtung seiner nicht selbstständigen Tätigkeit aufhält.

4.2.1. Steuerpflicht /Doppelbesteuerungsabkommen (DBA)

Deutschland hat zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung mit vielen Ländern ein sogenanntes Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) geschlossen.[4] Eine Liste der abgeschlossenen DBAs finden Sie auf der Website des Bundesfinanzministeriums.[5] Doppelbesteuerungsabkommen sind völkerrechtliche Verträge, die bilaterale zwischen zwei Staaten (Wohnsitzstaat und Quellenstaat) oder als multilaterale Verträge zwischen mehr als zwei Staaten in der Absicht abgeschlossen werden, in einem gegenseitig geregelten System von Steuerverzichten die Steuerobjekte, vorliegend der Arbeitnehmer, so gegeneinander abzugrenzen, dass eine Doppelbesteuerung im juristischen und/oder wirtschaftlichen Sinn weitgehend oder vollständig vermieden wird.

Dabei wird die Steuerpflicht in einem Land regelmäßig aufgrund des inländischen Wohnsitzes und dessen jederzeit mögliche Benutzung vermutet. Wird die Wohnung aber gekündigt oder verkauft und zieht der Steuerpflichtige ins Ausland, wird der inländische Wohnsitz regelmäßig aufgegeben. Bei Eheleuten gilt, dass ein Ehegatte - sofern die Ehegatten nicht dauern getrennt leben - dieser seinen Wohnsitz prinzipiell dort hat, wo seine Familie lebt.

Beispiel 1:

Otto ist ledig und Arbeitnehmer. Er verkauft seine Wohnung und geht für zwei Jahre nach Spanien. Seine Möbel stellt er bei seinem Freund Paul unter.

Folge:
Otto hat während dieser Zeit keinen Wohnsitz in Deutschland, die Steuerpflicht unterliegt im Tätigkeitsstaat.

Beispiel 2:

Paul geht beruflich für längere Zeit in die Schweiz. Seine Familie bleibt in Deutschland wohnen.

Folge:
Paul behält seinen Wohnsitz in Deutschland und unterliegt hier der Steuerpflicht.

Hinweis: Zum 1. Januar eines jeden Jahres wird eine Liste der für dieses Jahr anzuwendenden DBA amtlich [6] veröffentlicht.

Wurde zwischen Deutschland und dem Tätigkeitsstaat kein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung geschlossen, dann besteuert der deutsche Wohnsitzstaat die ausländischen Einkünfte wie inländische. Das heißt, der ins Ausland entsandte Arbeitnehmer, der in Deutschland noch einen Wohnsitz hat, hat seine im Ausland erworbenen Einkünfte [7] vollständig im Inland zu versteuern. Der deutsche Fiskus gewährt aber gemäß 34c EStG (Einkommenssteuergesetz) für die ausländischen Einkünfte zur Vermeidung der Doppelbesteuerung einseitig Steuerermäßigungen durch Steueranrechnung oder Steuerabzug. Eine weitere Methode zur Vermeidung der Doppelbesteuerung ist die Freistellungsmethode (siehe hierzu 4.2.3.).

Grundsätzlich gilt: Erhält einer der beiden Vertragsstaaten die Besteuerungskompetenz, dann muss der andere der beiden Vertragsstaaten die Doppelbesteuerung vermeiden.

Der Unterschied zwischen beiden Methoden liegt darin, dass die Freistellungsmethode beim Einkommen ansetzt, die Anrechnungsmethode (siehe hierzu 4.2.2.) dagegen bei den abzuführenden Steuern. Außerdem wird durch die Freistellungsmethode im Gegensatz zur Anrechnungsmethode eine bestehende Doppelbesteuerung vollständig vermieden. Für in Deutschland ansässige Personen ist die Freistellungsmethode aufgrund des hohen deutschen Steuerniveaus meistens vorteilhafter als die Anrechnungsmethode.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Die internationale Entsendung von Mitarbeitern“ von Tilo Schindele, auf Arbeitsrecht spezialisierter Rechtsanwalt, und Babett Stoye, LL.B., mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2016, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-57-1.


 

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Kontakt: tilo.schindele@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2016


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