Kreditvertragsrecht – Teil 16 – Parteiwechsel (Fortführung)


Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Alena Kehret
wissenschaftliche Mitarbeiterin


Parteiwechsel (Fortführung)

Tritt der Darlehensgeber seinen Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens ab, so ist er gem. § 401 BGB verpflichtet, dem Zessionar bestimmte Auskünfte zu erteilen, die mit dem abgetretenen Anspruch zusammenhängen. Bei der Abtretung von Darlehensrückzahlungsansprüchen der Bank gegen den Darlehensnehmer umfasst der Auskunftsanspruch des Zessionars auch Informationen bezüglich des Darlehens und des Darlehensnehmers. Weil die Darlehensgeber oftmals Banken sind, können diese vom Auskunftsanspruch umfassten Informationen dem Bankgeheimnis (Vgl. Kapitel 5) unterliegen, sodass seit langem umstritten ist, ob deshalb für Banken ein Abtretungsverbot für Rückzahlungsansprüche aus Darlehensverträgen mit ihren Bankkunden besteht. Die Bank ist zur Weitergabe von solchen Informationen eigentlich nicht berechtigt. Der BGH hat jedoch mittlerweile verbindlich entschieden, dass von einem Abtretungsverbot nicht ausgegangen werden kann, weil das Bankgeheimnis nur auf schuldrechtlicher, also vertraglicher Ebene zwischen Bank und Bankkunden wirkt, nicht aber auch auf dinglicher Ebene gegenüber einem Dritten. (Fußnote) Dies führt dazu, dass die Abtretung von Darlehensrückzahlungsansprüchen wirksam ist, selbst wenn sie mit einem Verstoß gegen das Bankgeheimnis einhergeht. Der Darlehensnehmer kann allerdings Schadensersatzansprüche geltend machen, wenn er nachweisen kann, dass ihm wegen des Verstoßes gegen das Bankgeheimnis ein Schaden entstanden ist. (Vgl. Kapitel 5.3. f.)

In der Regel besteht für den Darlehensnehmer wegen dem Bankgeheimnis kein Grund zur Sorge, denn auch der neue Forderungsberechtigte zu Stillschweigen und Geheimhaltung verpflichtet ist.

Der Darlehensnehmer ist darüber hinaus insbesondere durch das 2008 in Kraft getretene Risikobegrenzungsgesetz vor einem Missbrauch oder einer Benachteiligung im Falle einer Abtretung des Darlehensrückzahlungsanspruchs durch eine Bank geschützt.

  • Bei Immobiliardarlehensverträgen besteht gem. Art. 247 § 9 Satz 2 EGBGB für die Bank die Pflicht, vorvertraglich darauf hinzuweisen, dass die Abtretung der Darlehensrückzahlungsansprüche möglich ist.
  • Die Bank ist bei einem Verbraucherdarlehen verpflichtet, dem Darlehensnehmer die Abtretung gem. § 496 Abs. 2 BGB anzuzeigen und dem Darlehensnehmer die Kontaktdaten des neuen Gläubigers zur Verfügung zu stellen.
  • Durch die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken zu Darlehensverträgen kann eine Abtretung nicht geregelt werden, es sei denn, der neue Gläubiger wird namentlich benannt oder der Darlehensnehmer kann sich im Falle der Abtretung mittels eines Sonderkündigungsrechts vom Vertrag lösen.

Außerdem kann der Darlehensnehmer, solange er von der Abtretung keine Kenntnis hat, die Raten ohne Bedenken weiter an seinen ursprünglichen Darlehensgeber entrichten. Diese Zahlungen wirken auch gegenüber dem neuen Gläubiger, § 407 Abs. 1 BGB.

Beispiel

Frau Kemmerer hat bei der Q-Bank ein Darlehen aufgenommen. Jeden Monat bezahlt sie eine Rate von 1.000 EUR an die Q-Bank zurück. Im Mai 2014 tritt die Q-Bank den Rückzahlungsanspruch gegen Frau Kemmerer an die Z-Bank ab, zeigt dies Frau Kemmerer aber nicht an. Weil sie nichts von der Abtretung weiß, zahlt Frau Kemmerer die nächsten beiden Raten für Juni und Juli weiter an die Q-Bank. Erst im August erfährt sie von der Abtretung und zahlt an die Z-Bank. Die Z-Bank kann sich nun nicht darauf berufen, dass Frau Kemmerer die beiden Raten, die sie trotz der Abtretung noch an die Q-Bank gezahlt hat, eigentlich an die Z-Bank hätte bezahlen müssen und die Bezahlung der Raten von Frau Kemmerer verlangen. Weil Frau Kemmerer nichts von der Abtretung wusste, wirkt die Zahlung an die Q-Bank schuldbefreiend zugunsten für Frau Kemmerer. Sie muss die Raten nicht noch einmal bezahlen.

Darüber hinaus kann der Darlehensnehmer dem neuen Gläubiger gegenüber alle Einwendungen und Einreden geltend machen, die er auch gegenüber dem ursprünglichen Gläubiger hatte.

Beispiel

Herr Schlüter hat im Jahr 2003 bei der Q-Bank ein Darlehen über 100.000 EUR aufgenommen. Bis auf eine letzte Rate in Höhe von 10.000 EUR, die im Dezember 2009 fällig ist, hat Herr Schlüter das Darlehen fristgerecht zurückgezahlt. Herr Schlüter bezahlt die letzte Rate nicht. Die Bank nimmt dies so hin und mahnt die Zahlung der letzten Rate nicht an. Im Januar 2015 tritt die Q-Bank die Restforderung gegen Herrn Schlüter dann an die Z-Bank ab. Diese wendet sich nun an Herrn Schlüter und fordert ihn auf, die verbleibende Rate in Höhe von 10.000 EUR zu bezahlen.
Die Rate war schon vor Abtretung an die Z-Bank verjährt. Herr Schlüter hätte also gegenüber der Q-Bank die Einrede der Verjährung erheben können, sodass die Q-Bank ihre Restforderung nicht hätte durchsetzen können. Diese Einrede kann Herr Schlüter auch gegenüber dem neuen Gläubiger, der Z-Bank erheben. Er muss nicht bezahlen.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Kreditvertragsrecht“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Bank- und Kapitalmarktrecht, und Alena Kehret, wissenschaftliche Mitarbeiterin, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2014, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9.


 

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Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Dezember 2014


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Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei allen Fragen zum Handel am Kapitalmarkt. Dies umfasst nicht nur die Handelsobjekte des Kapitalmarktes im engeren Sinne, wie Aktien, Schuldverschreibungen, Aktienzertifikate, Genussscheine und Optionsscheine sondern auch die Handelsobjekte des grauen Kapitalmarktes, wie Anteile an Publikumspersonengesellschaften. Rechtsanwältin Ritterbach bietet ihre Beratung und Prozessvertretung im Kapitalmarktrecht Anlegern von Kapitalanlagen zur Geltendmachung von Ansprüchen aus Prospekthaftung oder fehlerhafter Anlageberatung sowie Unternehmern an. Diese unterstützt sie beispielsweise bei der kapitalmarktrechtlichen Compliance, denn nicht nur bei der erstmaligen Emission von Wertpapieren hat der Emittent Informations- und Berichtspflichten einzuhalten. Finanzanlagenvermittlern bietet Rechtsanwältin Ritterbach Beratung und Vertretung vor allem im Bereich der Berufsausübungspflichten, der Gewerbeerlaubnis sowie der Dokumentation ihrer beruflichen Tätigkeiten.

Rechtsanwältin Carola Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und absolviert derzeit den Fachanwaltskurs für Steuerrecht. 

Carola Ritterbach hat zum Kapitalmarktrecht veröffentlicht:

  • „Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaften Bank- und Kapitalmarktrecht und Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.

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