Herausgeber / Autor(-en):
Christoph Paul
wissenschaftlicher Mitarbeiter
1.4 Die Anfechtbarkeit der Umwandlung
1.4.1 Einführung
Sobald der Versicherungsvertrag gemäß § 167 VVG umgewandelt und Pfändungsschutz gemäß § 851 c ZPO eingetreten ist, sollte eigentlich im Fall der Insolvenz die private Altersvorsorge geschützt sein. Doch dieser Eindruck trügt. Sowohl in der Literatur, als auch in der Rechtsprechung herrscht Uneinigkeit über Anfechtungsmöglichkeiten gegen eine Umwandlung auf Seiten eines Insolvenzverwalters oder Gläubigers. Eine erfolgreiche Anfechtung der Umwandlung hätte zur Folge, dass ein schuldrechtlicher Anspruch auf den durch die Umwandlung abgeflossenen Vermögenswert entstehen würde, der Pfändungsschutz also rückwirkend wieder entfiele. Im Falle einer erfolgreichen Anfechtung würde der Insolvenzverwalter den Rückkaufswert der Versicherung vereinnahmen (§ 143 Abs. 1 InsO). Dieser Betrag würde dann in die Insolvenzmasse fallen und zur Befriedigung der Gläubiger dienen. Der eigentliche Zweck der Umwandlungshandlung wäre damit verfehlt. Dies ist der Grund warum in großen Teilen der Literatur gefordert wird, dass eine Umwandlungshandlung, die zu einem Pfändungsschutz gem. § 851 c ZPO führt, nicht angefochten werden dürfe. Dem gegenüber geht allerdings aus verschiedenen, bereits erlassenen, Gerichtsurteilen hervor, dass eine Umwandlungshandlung unter gewissen Umständen doch angefochten werden kann.
Angesichts dessen sind nun verschiedene Situationen denkbar, in denen Voraussetzungen vorliegen, die eine erfolgreiche Umwandlung anfechtbar machen. Zu unterscheiden ist hier zwischen der Person des Insolvenzverwalters und der des Gläubigers.
1.4.2 Rechtliche Grundlage der Anfechtung durch den Insolvenzverwalter
Der Gefahr einer Anfechtung ist der Versicherungsnehmer insbesondere dann ausgesetzt, wenn dieser eine Umwandlung zur Sicherung seiner Altersvorsorge aufgrund (unmittelbar) bevorstehender Insolvenz durchgeführt hat. Die Anfechtbarkeit einer vorgenommenen Umwandlung einer Lebensversicherung in eine pfändungsgeschützte Versicherung ergibt sich insolvenzrechtlich aus §§ 129 ff. InsO.
1.4.2.1 § 129 InsO Grundsatz
Nach § 129 Abs. 1 InsO sind Rechtshandlungen, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, vom Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 InsO anfechtbar.
Der Begriff der Rechtshandlung ist hier sehr weit gefasst. Er umfasst jedes Handeln vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens, das eine rechtliche Wirkung auslöst. Ob diese Wirkung willentlich eintritt ist irrelevant. Dabei ist hier eher auf eine wirtschaftliche Sicht abzustellen, als auf eine formaljuristische. § 129 Abs. 2 InsO stellt ein Unterlassen der Handlung gleich. Zum Beispiel ist das Unterlassen der Geltendmachung von Forderungen, die zur Steigerung der Insolvenzmasse beitragen könnten, anfechtbar. Im Sinne dieser Vorschrift kann nicht nur das Handeln des Schuldners angefochten werden, sondern auch das Handeln oder Unterlassen eines Dritten.14
Ist der Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung streitig, so ist gemäß § 140 Abs. 1 InsO auf den Zeitpunkt abzustellen, an dem die Rechtshandlung ihre rechtliche Wirkung entfaltet. Ausnahmen dazu enthalten sowohl Abs. 2 als auch Abs. 3. Danach gelten eintragungsbedürftige Rechtshandlungen mit dem Einreichen des Eintragungsantrags als vorgenommen und bei bedingten oder befristeten Rechtsgeschäften ist nicht auf den Eintritt der Bedingung, sondern auf das Vorliegen aller sonstigen Wirksamkeitsvoraussetzungen abzustellen.
Des Weiteren muss gemäß § 129 InsO der Insolvenzgläubiger durch die Rechtshandlung objektiv benachteiligt worden sein. Daraus ergeben sich zwei Voraussetzungen. Zum einen muss eine Benachteiligung vorliegen und zum andern muss diese Benachteiligung auf Grund der angefochtenen Rechtshandlung eingetreten sein. Die Rechtshandlung muss also kausal für die Gläubigerbenachteiligung sein. Dafür ist grundsätzlich auch eine mittelbare Benachteiligung ausreichend. Es ist immer dann von einer Benachteiligung zu sprechen, wenn die Befriedigung der Insolvenzgläubiger vermindert, vereitelt, erschwert, gefährdet oder verzögert wird. Es muss also nachgewiesen werden, dass sich durch das Unterbleiben der angefochtenen Handlung die Befriedigung der Gläubiger günstiger gestaltet hätte.15
Da der Insolvenzverwalter ohne bestehenden Pfändungsschutz für die private Lebensversicherung, aus eben dieser Vermögen für die Gläubiger bezogen hätte, stellt eine Umwandlung eine die Gläubiger benachteiligende Rechtshandlung dar.
Der Insolvenzschuldner hat den Gläubigern durch die Umwandlungshandlung indirekt Vermögen entzogen.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Lebensversicherung sicher vor Pfändung und Insolvenz gestalten“ von Dr. Maren Augustin, Fachanwältin für Insolvenzrecht, und Christoph Paul, wissenschaftlicher Mitarbeiter, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht 2014, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-43-4.
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Herausgeber / Autor(-en):
Christoph Paul
wissenschaftlicher Mitarbeiter
Stand: Oktober 2014