Zuwendungen im Arbeitsverhältnis – Teil 20 – Reisekosten
Herausgeber / Autor(-en):
Tilo Schindele
Rechtsanwalt
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
2.18 Reisekosten
Mit dem Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20.02.2013 (Fußnote) wurden die steuerlichen Bestimmungen zum steuerlichen Reisekostenrecht umgestaltet. Anlässlich einer Auswärtstätigkeit kann der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer die Beträge steuerfrei erstatten, die dieser im Normalfall als Werbungskosten geltend machen könnte.
Hierzu zählen insbesondere
- Fahrtkosten,
- Verpflegungsmehraufwendungen
- Kosten für Übernachtung und
- Reisenebenkosten.
2.18.1 Auswärtige Tätigkeit
Zunächst muss eine auswärtige Tätigkeit vorliegen. Dafür muss zuerst festgestellt werden, an welchem Ort sich die erste Tätigkeitsstätte befindet. Unter einer Tätigkeitsstätte ist eine von der Wohnung getrennte, ortsfeste betriebliche Einrichtung zu verstehen (Fußnote). Das häusliche Arbeitszimmer des Arbeitnehmers ist keine betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers oder eines Dritten und kann daher auch zukünftig keine erste Tätigkeitsstätte sein. Die Annahme einer Tätigkeitsstätte erfordert nicht, dass es sich um eine ortsfeste betriebliche Einrichtung des lohnsteuerlichen Arbeitgebers handelt. Von der Neuregelung erfasst werden auch Sachverhalte, in denen der Arbeitnehmer statt beim eigenen Arbeitgeber in einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung eines der in § 15 AktG genannten Unternehmen oder eines Dritten (z. B. eines Kunden) tätig werden soll.
Eine erste Tätigkeitsstätte liegt vor, wenn der Arbeitnehmer einer solchen Tätigkeitsstätte gem. § 9 Abs. 4 S. 1 EStG dauerhaft zugeordnet ist. Nicht mehr entscheidend ist hierbei, ob an der vom Arbeitgeber nach § 9 Abs. 4 S. 1 EStG festgelegten Tätigkeitsstätte der qualitative Schwerpunkt der Tätigkeit liegt oder liegen soll. Vielmehr muss die Zuordnung durch den Arbeitgeber zu einer Tätigkeitsstätte auf Dauer angelegt sein. Typischen Fälle einer solchen dauerhaften Zuordnung sind nach § 9 Abs. 4 S. 3 EStG die unbefristete Zuordnung des Arbeitnehmers zu einer bestimmten betrieblichen Einrichtung, die Zuordnung für die gesamte Dauer des – befristeten oder unbefristeten – Dienstverhältnisses oder die Zuordnung über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus.
2.18.2 Fahrtkosten
Die Fahrtkosten gehören zu den Reisekosten, sie müssen dafür durch eine ausschließlich beruflich veranlasste Auswärtstätigkeit des Mitarbeiters entstehen. Für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte darf folglich weiterhin kein steuerfreier Ersatz geleistet werden.
Auch hier kann aus Vereinfachungsgründen typisierend je nach Art des benutzten Verkehrsmittels (z. B. PKW, Motorrad) ein pauschaler Kilometersatz nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4a S. 2 EStG für jeden gefahrenen Kilometer angesetzt werden. Eine Prüfung der tatsächlichen Kilometerkosten ist nicht erforderlich, wenn der Arbeitnehmer von dieser gesetzlichen Typisierung Gebrauch macht.
Soll der Arbeitnehmer auf Grund der Weisungen des Arbeitgebers seine berufliche Tätigkeit typischerweise arbeitstäglich in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet ausüben, findet für die Fahrten von der Wohnung zu diesem Tätigkeitsgebiet ebenfalls die Entfernungspauschale Anwendung. Ein weiträumiges Tätigkeitsgebiet liegt in Abgrenzung zur ersten Tätigkeitsstätte vor, wenn die vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung auf einer festgelegten Fläche und nicht innerhalb einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens (§ 15 AktG) oder bei einem vom Arbeitgeber bestimmten Dritten ausgeübt werden soll. In einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet werden in der Regel z. B. Zusteller, Hafenarbeiter und Forstarbeiter tätig (Fußnote).
Im Rahmen des seit 2014 geltenden neuen Reisekostenrechts sind Fahrtkosten zwischen dem Wohnort und der "ersten Tätigkeitsstätte" im Sinne von § 9 Abs. 4 EStG auf die sogenannte Entfernungspauschale (0,30 Euro pro Entfernungskilometer) begrenzt. In diesem Zusammenhang hat das Finanzgericht Niedersachsen (Fußnote) entschieden, dass der Betrieb des Entleihers keine erste Tätigkeitsstätte des Leiharbeitnehmers darstellt und damit Leiharbeitnehmer weiterhin die Fahrkosten nach den günstigeren Dienstreisekostengrundsätzen (0,30 Euro pro gefahrenen Kilometer) geltend machen können.
Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Steuerfreie Zuwendungen im Arbeitsverhältnis“ von Tilo Schindele, Rechtsanwalt mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-010-6.
Herausgeber / Autor(-en):
Tilo Schindele
Rechtsanwalt
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin