Zielvereinbarung III - Beteiligung des Betriebsrates


Zielvereinbarungen halten zunehmend Einzug in moderne Unternehmen. Gerade in einer Zeit, in der von politischer Seite immer mehr eine Beteiligung der Mitarbeiter am Unternehmens-Erfolg gefordert wird, gewinnen diese Vereinbarungen zunehmend an Bedeutung. Für den Arbeitgeber, der sich entschlossen hat, solche erfolgsabhängigen Vergütungssysteme einzuführen, stellt sich die Frage, inwieweit der Betriebsrat Einfluss auf den Zielvereinbarungsprozess nehmen kann.
Bei klassischen Zielvereinbarungen, welche in der Regel als Betriebsvereinbarung eingeführt werden, besteht für den Betriebsrat ein umfassendes Informationsrecht aus § 80 II Betriebsverfassungsgesetz (Fußnote). Dieser Anspruch umfasst unter anderem. die Ausgestaltung des Zielvereinbarungssystems, die Verbindung zum Controlling, die Anzahl der einzelnen Mitarbeiter, welche von der Vereinbarung betroffen sind, die Ziele und die Laufzeit der Vereinbarung sowie die Möglichkeiten zur Zielkorrektur. Der sich hieraus ergebende Auskunftsanspruch des Betriebsrates ist nach der Rechtsprechung des BAG sehr weitgehend (Fußnote).
Hiernach kann der Betriebsrat eine Unterrichtung des Arbeitgebers über Inhalte der Zielvereinbarung bereits dann verlangen, wenn er die begehrten Auskünfte benötigt, um prüfen zu können, ob für ihn ein Beteiligungsrecht besteht. Diese Rechte können auch nicht durch tarifliche Regelungen eingeschränkt werden.
Darüber hinaus ergeben sich bei klassischen Zielvereinbarungen, wo mit jedem Mitarbeiter Einzelgespräche über die Inhalte und Reichweite der Zielvereinbarungen geführt werden, auch die bekannten Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates z.B. aus § 87 I Nr.1 BetrVG (Fußnote), sowie bei technischer Überwachung der Zielerreichung der § 87 I Nr.6 BetrVG (Fußnote). Auch ergibt sich ein Mitbestimmungsrecht aus § 87 I Nr.10 BetrVG (Fußnote) und aus § 87 I Nr.11 BetrVG (Fußnote). Allerdings ist der Auskunftsanspruch des Betriebsrates bezüglich der mit dem einzelnen Mitarbeiter vereinbarten Ziele, problematisch. Nach der vorstehend genannten Entscheidung des BAG hat der Betriebsrat einen umfassenden Auskunftsanspruch bezüglich aller Unternehmens- und Individualziele. Grenzen des Anspruches sind jedoch solche Ziele bei denen ein sogenannter „Aufgabenbezug“ zum einzelnen Mitarbeiter besteht. Hier besteht unstrittig ein Interesse des Arbeitgebers, nicht sämtliche Unternehmensinterna offen legen zu müssen. Begrenzung des Informationsanspruchs können sich damit aus der Unternehmerfreiheit ergeben. Denkbar wäre eine entsprechende Anwendung des § 106 II BetrVG. Diese Vorschrift regelt die Begrenzung der Auskunftspflicht in wirtschaftlichen Angelegenheiten gegenüber dem Wirtschaftsausschuss. Hieraus könnte man schließen dass, wenn eine solche Beschränkung schon gegenüber einem Fachgremium vorgenommen wird, dies erst recht gegenüber dem Auskunftsanspruch des Betriebsrates Anwendung finden könnte. Diese Auffassung wird allerdings durch das Bundesarbeitsgericht abgelehnt.
Eine Begrenzung des Auskunftsanspruches des Betriebsrates kann sich jedoch auch aus der Verhältnismäßigkeit ergeben. Gerade in den angesprochenen. Bereichen kollidiert die unternehmerische Freiheit mit dem Recht des Betriebsrates auf ungestörte Aufgabenwahrnehmung. Daher sollte in strategisch sensiblen Bereichen vom Betriebsrat eine Konkretisierung seiner Aufgaben verlangt werden können.
Letztlich sollte auch beachtet werden, dass ein weit verstandener Auskunftsanspruch zudem auch zu Lasten des Arbeitnehmers gehen könnte. Denn wird der Arbeitgeber bei der Einführung von Zielvereinbarungen zur Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen oder Unternehmensstrategien genötigt, so wird er sich überlegen, ob die Vorteile, die er sich von der Einführung eines Zielvereinbarungssystem verspricht, nicht durch die Nachteile aufgehoben werden. Somit könnte er auf eine Einführung gänzlich verzichten. Dem Arbeitgeber bleibt zu raten, die aktuelle Rechtsprechung im Auge zu behalten und ggf. auf eine Betriebsführung nach Kennzahlen auszuweichen, wo die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates stark eingeschränkt sind.



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Stand: 23.12.2007


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Gericht / Az.: BAG Beschluss vom 21.10.2003, 1 ABR 39/02
Normen: § 87 BetrVG

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