Wettbewerbsrecht - Einführung ins Recht des unlauteren Wettbewerbs - UWG - Teil 34- Strafbare Werbung

7. Straf- und Bußgeldvorschriften

Im Folgenden gehen wir, im Gegensatz zum bisher behandelten zivilrechtlichen Schutz, auf strafbare Handlungen und ihre Folgen ein.
Bei den im UWG aufgeführten und in diesem Kapitel behandelten Straftaten ist eine Privatklage anstelle oder neben einer öffentlichen Klage möglich. Berechtigt zur Privatklage ist der von der Straftat Verletzte. Näheres zur Privatklage finden sie in den §§ 374 ff. StPO.

7.1. Strafbare Werbung

Die strafbare Werbung kennt zwei Tatbestände:

  • Die strafbare irreführende Werbung --> 7.1.1.
  • Die strafbare progressive Kundenwerbung --> 7.1.2.

7.1.1. Strafbare irreführende Werbung

„Wer in der Absicht, den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen, in öffentlichen Bekanntmachungen oder in Mitteilungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind, durch unwahre Angaben irreführend wirbt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft“ (§ 16 I UWG).

Die Begriffe der irreführenden und unwahren Angaben sind unter 5.1.3.2. erläutert. Eine unwahre und zur Irreführung geeignete Angabe kann auch durch Verschweigen eines wesentlichen Umstandes gemacht werden. Dabei kann auf die Kriterien in 5.1.4. zurückgegriffen werden.

Öffentliche Bekanntmachungen sind Veröffentlichungen, die sich an eine nicht erkennbar miteinander verbundene Vielzahl von Personen, also an jedermann wenden. Dabei genügt die Möglichkeit der Kenntnisnahme.

Beispiele:

Werbeanzeigen in Zeitungen, Rundfunk- und Kinowerbung.

Mitteilungen für einen größeren Personenkreis richten sich nicht an die Allgemeinheit. Es ist ausreichend, wenn die Mitteilung den größeren Personenkreis nach und nach erreicht.

Beispiel:

Preislisten oder Prospekte.

Der Täter muss beabsichtigen, den Anschein eines besonders günstigen Angebots zu erwecken umso die Kunden zum Kauf anzulocken. Da nur der Anschein gegeben sein muss, ist es unwichtig, ob die beworbenen Vorteile tatsächlich vorhanden sind. Es genügt ein nur vermeintlicher Vorteil.

Besonders günstig ist das Angebot schon, wenn es nur unerheblich mehr als das allgemein Übliche bietet.

Beispiel:

Ein Angebot kann auch deshalb besonders günstig erscheinen, weil es ein geistiges oder ideelles Bedürfnis zu befriedigen geeignet ist.

Wer ein Buch, welches das Ehe- und Liebesproblem ausschließlich von einer ethischen Warte aus behandelt, in einer Weise zum Kauf anbietet, als habe es einen pikant-erotischen oder sogar pornographischen Inhalt, kann den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorrufen.

7.1.1.1. Rechtsfolgen

Die Höhe der Strafe richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften des StGB. Verstöße werden von Amts wegen verfolgt, wenn es im öffentlichen Interesse liegt.

Das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung ist gegeben, wenn eine nicht nur geringfügige Rechtsverletzung vorliegt. Dies ist anzunehmen, wenn durch falsche Angaben ein erheblicher Teil der Verbraucher irregeführt werden kann.

Zu einer Privatklage sind nur die Verletzten befugt.

Ein Verstoß gegen § 16 UWG stellt zugleich auch eine Irreführung nach den §§ 3, 4 Nr. 11 UWG (siehe vorherige Kapitel) und den damit verbundenen Rechtsfolgen dar.

Ein Vertrag, den der Abnehmer wegen irreführender unwahrer Werbung geschlossen hat, ist zwar wirksam, aber nach § 123 BGB wegen arglistiger Täuschung anfechtbar - mit der Wirkung, dass der Vertrag als von vornherein nichtig angesehen wird.
Zudem ist § 16 I UWG ein Schutzgesetz nach § 823 II BGB. Dies hat zur Folge, dass Verbraucher selbst Ansprüche auf Unterlassung und Schadensersatz geltend machen können.

7.1.2. Strafbare progressive Kundenwerbung

Progressive Kundenwerbung ist bereits vom Anhang zu § 3 III UWG (siehe 3.1.3.) erfasst. Dadurch ist dies eine stets unzulässige geschäftliche Handlung. Schneeball- oder Pyramidensysteme fallen unter den Tatbestand der progressiven Kundenwerbung (siehe dazu unter 3.1.3.).

„Wer es im geschäftlichen Verkehr unternimmt, Verbraucher zur Abnahme von Waren, Dienstleistungen oder Rechten durch das Versprechen zu veranlassen, sie würden entweder vom Veranstalter selbst oder von einem Dritten besondere Vorteile erlangen, wenn sie andere zum Abschluss gleichartiger Geschäfte veranlassen, die ihrerseits nach der Art dieser Werbung derartige Vorteile für eine entsprechende Werbung weiterer Abnehmer erlangen sollen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft“ (§ 16 II UWG).

Die durch § 16 II UWG geschützten Verbraucher sind als notwendige Teilnehmer straflos , solange sie nicht selbst einen Vorteil aus dem System gezogen haben.

Beispiel:

Lässt man sich nur anwerben ist man nicht strafbar, wirbt man jedoch andere an macht man sich strafbar.

Dem geschäftlichen Verkehr sind die Tätigkeiten zuzurechnen, die zur Förderung eines beliebigen eigenen oder eines fremden Geschäftszwecks dienen können. Das rein private oder interne Handeln reicht somit nicht.

Veranlassen ist hier die psychische Beeinflussung des Verbrauchers durch das Versprechen von - für diese Systeme typischen - besonderen Vorteile (siehe 4.).

Die versprochenen Vorteile können Vergünstigungen jeder Art sein.

Beispiel:

Ein Preisnachlass ist schon ein Vorteil.

Die aufschiebende Bedingung ist, dass die Teilnehmer die besonderen Vorteile erst erhalten, wenn sie andere zum Abschluss gleichartiger Geschäfte veranlassen, die wiederum unter der gleichen aufschiebenden Bedingung stehen.

7.1.2.1. Rechtsfolgen

Die Höhe der Strafe richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften des StGB. Verstöße werden von Amts wegen verfolgt, wenn es im öffentlichen Interesse liegt.

Zu einer Privatklage sind nur die Verletzten befugt.

Ein Verstoß gegen § 16 UWG stellt zugleich auch einen Rechtsbruch nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG (siehe unter 3.1.3.) mit den damit verbundenen Rechtsfolgen dar. Häufig wird auch ein Verstoß gegen Irreführende Werbung vorliegen.

Vereinbarungen zwischen dem Veranstalter und dem Kunden sowie zwischen diesem und weiteren Kunden sind nach §§ 134, 138 I BGB nichtig, da diese Art von Geschäften gegen die guten Sitten verstößt. § 16 II UWG ist ebenso wie § 16 I UWG ein Schutzgesetz i.S.d. § 823 II BGB.

 

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Wettbewerbsrecht - Einführung ins Recht des unlauteren Wettbewerbs - UWG" von Harald Brennecke und Florin Brückner, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-12-0. 

 

 

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Kontakt: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: November 2009


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Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

Portrait Harald-Brennecke

Harald Brennecke ist als Strafverteidiger, Anzeigenerstatter, Nebenklagevertreter oder Zeugenbeistand ausschließlich im Wirtschaftsstrafrecht tätig. 
Er verteidigt bei Insolvenzdelikten wie Insolvenzverschleppung, Bankrottdelikten, Buchführungsdelikten, Gläubigerbegünstigung und Schuldnerbegünstigung sowie allen anderen typischen Straftaten im Insolvenzbereich wie Betrug oder Untreue. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht und Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht kann er Rechtsfragen im materiellen Bereich in einer Tiefe aufbereiten, die für Richter und Staatsanwälte nicht immer leicht zu durchdringen ist.    
Als Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz ist er im Bereich der UWG-Straftaten tätig, unter anderem bei Strafbarer Werbung, 16 UWG oder Verrat von Geschäftsgeheimnissen, 17 UWG, wie z.B. die unberechtigte Verwendung von Kundendaten.
 
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Harald Brennecke hat im Wirtschaftsstrafrecht und angrenzenden Gebieten veröffentlicht:

  • „17 UWG - Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen“, 2015, ISBN 978-3-939384-38-0, Verlag Mittelstand und Recht
  • "Einführung in das Datenschutzrecht", Kapitel im E-Business Handbuch für Entscheider, 2. Aufl. ISBN 3.540-43263-9, 2002, Springer-Verlag
  • „Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers“, 2014, ISBN 978-3-939384-29-8, Verlag Mittelstand und Recht
  • „Gesellschaftsrecht in der Insolvenz“, 2014, ISBN 978-3-939384-26-7, Verlag Mittelstand und Recht

sowie etliche weitere Veröffentlichungen im Gesellschafts- und Insolvenzrecht.

Weitere Veröffentlichung von Rechtsanwalt Brennecke sind in Vorbereitung, unter anderem:

  • Einführung in das Datenschutzstrafrecht
  • Compliance
  • Insolvenzstraftaten

Harald Brennecke ist Dozent für Wirtschaftsstrafrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie. 
Im Bereich Wirtschaftsstrafrecht bietet er Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Insolvenzstrafrechtliche Risiken für Geschäftsführer
  • Compliance im Mittelstand – Strafrisiken vermeiden durch kluge Unternehmensführung
  • Insolvenzstrafrecht für Steuerberater und Sanierungsberater  
  • Geschäftsführerhaftung – Die Geschäftsführung von Kapitalgesellschaften: das letzte große Abenteuer der westlichen Zivilisation
  • Das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters
  • Insolvenzrecht für Steuerberater und Unternehmensberater
  • Datenschutzstrafrecht
  • Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis


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