Wettbewerbsrecht - Einführung ins Recht des unlauteren Wettbewerbs - UWG - Teil 27 - Fallgruppen für eine unzumutbare Belästigung

5.3.1.2. Fallgruppen der unzumutbaren Belästigung

Anschließend ist ein nicht abgeschlossener Beispielskatalog aufgeführt, er beinhaltet von der Rechtsprechung anerkannte Fallgruppen. Diese sind:

5.3.1.2.1. Haustürwerbung

5.3.1.2.2. Ansprechen in der Öffentlichkeit

5.3.1.2.3. Versenden von unbestellten Waren und Dienstleistungen

5.3.1.2.4. Werbung in Schulen und in Behörden

5.3.1.2.5. Werbung im Internet

5.3.1.2.6. Werbung auf DVD

5.3.1.2.7. Telefonanschluss-Slamming

5.3.1.2.1. Haustürwerbung

Haustürwerbung ist das Aufsuchen potenzieller Kunden in ihren privaten oder betrieblichen Räumlichkeiten mit dem Ziel der Absatzsteigerung.

Der unerbetene Hausbesuch zu Werbezwecken stellt eine unzumutbare Belästigung dar, wenn der Werbende ein erkennbares Verbot des Wohnungsinhabers missachtet.

Beispiele:

Schilder mit der Aufschrift: „Betteln und Hausieren verboten“ oder „Für Vertreter verboten“.

Dies gilt genauso für erkennbare Besuchsverbote oder Besuchsbeschränkungen, die ein Unternehmer ausgesprochen hat.

Beispiel:

Vertreterbesuche sind nur zwischen 15:00 und 16:00 Uhr gestattet.

Unabhängig davon können besondere Umstände hinzukommen, die die Unlauterkeit eines Hausbesuchs im Sinne von § 3 UWG verwirklichen. Diese sind bereits in den Fallgruppen unter Kapitel 4. erfasst.

Beispiel:

Vertreterbesuche bei Angehörigen von Verstorbenen.

5.3.1.2.2. Ansprechen in der Öffentlichkeit

Das gezielte und individuelle Ansprechen von Passanten an allgemein zugänglichen Orten ohne ausdrückliches oder konkludentes Einverständnis des Angesprochenen kann als unzumutbare Belästigung angesehen werden.

Beispiele für allgemein zugängliche Orte:

Straßen, Wege und Plätze, öffentliche Verkehrsmittel und öffentlich zugängliche Gebäude.

Es ist nicht relevant in wessen Eigentum sich das Gelände befindet und ob der Eigentümer das Handeln des Werbers genehmigt hat oder duldet.

Eine unzumutbare Belästigung ist anzunehmen, wenn der Werber sich nicht zu erkennen gibt. Wenn er sich zu erkennen gibt greift die Norm nur, wenn er nachhaltig auf den Angesprochenen einwirkt oder einen erkennbar entgegenstehenden Willen des Angesprochenen missachtet.

Beispiele für nachhaltiges Einwirken:

  • Mit sich zerren,
  • am Weitergehen hindern,
  • ihm folgen
  • an einem Ort ansprechen, an dem ein Ausweichen nur schwer möglich ist.

5.3.1.2.3. Versenden von unbestellten Waren und Dienstleistungen

Unbestellt bedeutet, dass der Unternehmer eine Ware liefert oder eine Dienstleistung erbringt, ohne dass ihm der Empfänger dazu einen Anlass gegeben hat.

Dabei ist entscheidend, ob eine Aufforderung zur Zahlung, Rücksendung oder Verwahrung beigefügt wurde.

1. Unbestellte Lieferung oder Leistung ohne Aufforderung zur Zahlung, Rücksendung oder Verwahrung.

Ob dies eine unzumutbare Belästigung darstellt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.

Die Lieferung ist von einem Werbegeschenk abzugrenzen, dessen Übersendung normalerweise zulässig ist. Stellt der Lieferer den Empfänger von einer Zahlungs-, Rücksende- oder Verwahrungspflicht frei und baut sonst keinen moralischen Druck auf, ist das Verhalten zulässig.

Beispiel:

Zusendung eines Probeartikels.

Geht der durchschnittliche Empfänger einer unbestellten Dienstleistung davon aus, dass der Erbringer eine freiwillige Zahlung erwartet, so liegt normalerweise eine unzumutbare Belästigung vor.

2. Unbestellte Lieferung oder Leistung mit Aufforderung zur Zahlung, Rücksendung oder Verwahrung.

Hier ist von einer unzumutbaren Belästigung auszugehen. Dies gilt besonders bei Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit Reparaturaufträgen erbracht und abgerechnet werden, ohne dass ein entsprechender Auftrag erteilt wurde.

Beispiel:

Man bringt sein Auto zum Reifen wechseln in die Werkstatt und die wechseln gleich die Bremsscheiben mit und stellen dies in Rechnung.

5.3.1.2.4. Werbung in Schulen und in Behörden

Die Entscheidung der Schulverwaltung, Werbung zuzulassen, kann nicht mittels des Lauterkeitsrechts unterlaufen werden, solange die Verwaltung nicht unangemessen unsachlich beeinflusst wurde. Entsprechende Grundsätze gelten für die Werbung bei Behörden.

5.3.1.2.5. Werbung im Internet

Eine unzumutbare Belästigung ist gegeben, wenn es dem Internet-Nutzer durch die Werbung erschwert wird die ursprünglich aufgerufene Seite zu verlassen.

Beispiel:

Pop-Up-Fenster, die sich nicht schließen lassen.

5.3.1.2.6. Werbung auf DVD

Die Trailer-Werbung auf DVDs kann bei entsprechender Länge eine unzumutbare Belästigung darstellen, wenn sich der Käufer dieser Werbung nicht durch weiterschalten entziehen kann.

5.3.1.2.7. Telefonanschluss-Slamming

Als Slamming bezeichnet man die Umstellung eines Telefonanschlusses o.ä. auf einen neuen Betreiber ohne Wissen und Einverständnis des Kunden.

Slamming ist gegenüber dem Verbraucher schon nach § 5 UWG (Fußnote) irreführend und belästigt ihn zugleich unzumutbar.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Wettbewerbsrecht - Einführung ins Recht des unlauteren Wettbewerbs - UWG" von Harald Brennecke und Florin Brückner, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-12-0.


 

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Kontakt: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: November 2009


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke berät und vertritt als Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz bei Verstößen im Bereich des unlauteren Wettbewerbs, sei es im außergerichtlichen Bereich der Abmahnungen und Abschlussschreiben, im Bereich der einstweiligen Verfügungen oder in gerichtlichen Hauptsacheverfahren und wehrt unberechtigte Abmahnungen ab. Er verhandelt Vertragsstrafevereinbarungen zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr zwischen Verletzern und Verletzten.
Er prüft Werbeauftritte und Werbemaßnahmen wie Internetseiten, Onlineshops, Firmenauftritte, Prospekte und AGB auf wettbewerbswidrige Inhalte zur Vermeidung von Abmahnrisiken. 
Rechtsanwalt Brennecke berät Unternehmer beim Schutz ihrer Geschäftsgeheimnisse und Kundendaten.  Er ist im Bereich der UWG-Straftaten als Srafverteidiger und bei der Ermittlung und Dokumentation von Straftaten und der Erstellung von Strafanzeigen tätig, unter anderem bei Strafbarer Werbung, 16 UWG oder Verrat von Geschäftsgeheimnissen, 17 UWG, wie z.B. die unberechtigte Verwendung von Kundendaten.

Harald Brennecke hat im unter anderem veröffentlicht:

  • "Wettbewerbsrecht - Einführung in das Recht des unlauteren Wettbewerbs und das UWG", Harald Brennecke und Florin Brückner, 2010, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-12-0.
  • "17 UWG - Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen“, 2015, ISBN 978-3-939384-38-0, Verlag Mittelstand und Recht
  • "Urheberrecht - eine Einführung", von Harald Brennecke und Simon Hofmann, 2011, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-23-6
  • "Lizenzrecht - eine Einführung. Lizenzarten und Lizenzverträge.“ von Harald Brennecke und Florin Brückner, 2010, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-08-3
  • "Markenrecht - eine Einführung Markenformen, Markenschutz und Markenanmeldung ", Harald Brennecke und Florin Brückner, 2010, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-22-9

Weitere Veröffentlichungen von Harald Brennecke sind in Vorbereitung, unter anderem zum Thema

  • Recht im Marketing

 Harald Brennecke ist Dozent für Wettbewerbsrecht, Urheberrecht und Lizenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie. 
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis
  • Strategische Ausrichtung von Unternehmen aus wettbewerbsrechticher Sicht
  • Markenschutzstrategien als betriebswirtschaftliches Instrument
  • Onlineshops rechtssicher gestalten
  • Lizenzvertragsgestaltung
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  • Vertriebslizenzen in Recht und PraxisK

Kontaktieren Sie Rechtsanwalt Harald Brennecke, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz, unter: 
Mail: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de 
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