Werbeanlagen – Teil 08 – Außenbereich

3.2.1.2.2 § 34 Abs. 2 BauGB

Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete aus der BauNVO, so bemisst sich die Zulässigkeit allein danach, ob ein solches Vorhaben in dem entsprechenden Baugebiet der BauNVO möglich wäre. Einfacher gesagt: Ist das Zielgebiet mit einem der Gebiete aus der BauNVO vergleichbar, bemisst sich die Zulässigkeit nach dem, was in dem vergleichbaren Gebiet möglich ist, obwohl es eigentlich gerade kein Bebauungsplan mit entsprechender Festsetzung gibt.

Man muss dabei beachten, dass § 34 Abs. 2 BauGB zu § 34 Abs. 1 BauGB lex specialis ist. Das bedeutet, der § 34 Abs. 2 BauGB enthält die spezielleren Voraussetzungen und ist daher vor § 34 Abs. 1 BauGB anzuwenden. Ein Vorhaben fügt sich dann in seine nähere Umgebung ein, wenn die Gebietstypik der eines Baugebietes der BauNVO entspricht und das geplante Vorhaben dort zulässig ist. Liegt die entsprechende Gebietsvergleichbarkeit des § 34 Abs. 2 BauGB vor, findet dieser Anwendung und es bedarf keines zusätzlichen Rückgriffes auf § 34 Abs. 1 BauGB.

Beispiel:

Unternehmer U will wieder eine großflächige Werbetafel aufstellen. Für das Zielgebiet liegt wieder kein Bebauungsplan vor. Es befindet sich innerhalb einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil. Allerdings ist es dieses Mal überwiegend durch Wohnhäuser geprägt. Es finden sich in der Umgebung lediglich ein kleiner Handwerksbetrieb, eine Kirche und eine Speisewirtschaft. Ist das geplante Vorhaben zulässig?

    • Wieder ist für das entsprechende Zielgebiet kein Bebauungsplan vorhanden, sodass sich die Zulässigkeit nicht nach § 30 BauGB richtet. Da man sich wieder innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils befindet ist § 34 BauGB die einschlägige Norm. Im Zielgebiet finden jedoch vorliegend Wohnhäuser, ein kleiner Handwerksbetrieb und eine Kirche. Damit entspricht die vorzufindende Bebauung der eines allgemeinen Wohngebietes nach § 4 BauNVO. Nach dem nun vorrangig anzuwendenden § 34 Abs. 2 BauGB, muss nun überprüft werden, ob das Vorhaben in einem allgemeinen Wohngebiet möglich wäre. Grundsätzlich sind Werbeanlagen als Gewerbebetriebe ausnahmsweise zulässig. Ob nun tatsächlich eine Genehmigung erteilt werden wird, hängt vom Einzelfall ab. Jedenfalls liegt keine grundsätzliche Unzulässigkeit vor (s.o.).

3.2.1.3 Außenbereich

Die Zulässigkeit von Vorhaben im Außenbereich richtet sich prinzipiell nach § 35 BauGB. Der Außenbereich erfasst alle nicht beplanten Gebiete, die nicht im Zusammenhang bebaut sind. Der Paragraf ist vom Grundsatz geprägt, dass die Bebauung vom Außenbereich fern gehalten werden soll. An etwaige Vorhaben sind höhere Anforderungen gestellt, als dies im Innenbereich der Fall ist. Im Innenbereich geht man von einer grundsätzlichen Baulandqualität der betroffenen Flächen aus. Im Außenbereich ist dies nicht der Fall. § 35 Abs. 1 BauGB nennt dabei Vorhaben, die privilegiert sind. Diese sind zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Dies bedeutet, dass bei der vorzunehmenden Abwägung die Interessen besonders beachtet werden müssen. Grund ist, dass die Vorhaben sich gerade nicht mit den herkömmlichen Baugebieten der BauNVO vertagen und daher gerade im Außenbereich angesiedelt werden sollen.

Werbeanlagen sind nicht Bestandteil der Aufzählung und sind daher nicht als privilegierte Vorhaben zu sehen. § 35 Abs. 2 BauGB bestimmt ferner, wann sonstige, nicht privilegierte, Vorhaben im Außenbereich zulässig sind. Diese sind nur ausnahmsweise Zulässig. Das ist regelmäßig dann der Fall, wenn öffentliche Belange nicht durch die Anlage beeinträchtigt werden. Man sieht also, dass der Wortlaut wesentlich enger gefasst ist als bei § 35 Abs. 1 BauGB. Dort dürfen öffentliche Belange nicht entgegenstehen, wohingegen bei § 35 Abs. 2 BauGB die öffentlichen Belange schon nicht beeinträchtigt sein dürfen. § 35 Abs. 3 BauGB enthält dafür eine beispielhafte, nicht abschließende Aufzählung, wann öffentliche Belange beeinträchtigt sind.

Für Werbeanlagen wird dies häufig entscheidend sein. Hier werden in den meisten Fällen die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege (§ 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB) entgegenstehen können.

Beispiel:

Unternehmer U plant wieder eine großflächige Werbetafel aufzustellen. Diesmal sucht er sich als Zielgebiet ein Feld, direkt neben der Landstraße zwischen der Gemeinde G und der Stadt S aus. Für dieses Feld liegt kein Bebauungsplan vor. Auch sonst ist, außer der Straße, weit und breit kein Bauwerk in Sicht. Ist das Vorhaben zulässig?

    • Da das Feld, auf dem der U seine Werbetafel plant, im Außenbereich gelegen ist, richtet sich die Zulässigkeit des Vorhabens grundsätzlich nach § 35 BauGB. Es handelt sich nicht um ein privilegiertes Vorhaben, sodass § 35 Abs. 1 BauGB nicht einschlägig ist. Vielmehr richtet sich die Zulässigkeit als Sonstiges Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB. Von dem Vorhaben dürften also öffentliche Belange nicht beeinträchtigt werden. Da das Feld aber in einer weitestgehend unbebauten Umgebung liegt spricht hier § 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB gegen die Zulässigkeit des Vorhabens. Es würde den Naturschutz und die Landschaftspflege beeinträchtigen, wenn auf ein völlig unbebautes Feld eine Werbetafel mitten in die Natur gebaut würde. Das Vorhaben des U ist also auch hier nicht genehmigungsfähig und daher, in der geplanten Form, nicht zulässig.

Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Zulässigkeit von Werbeanlagen“ von Harald Brennecke, Rechtsanwalt mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht 2016, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-006-9.


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist im Datenschutzstrafrecht als Strafverteidiger tätig.

Rechtsanwalt Brennecke hat zum Datenschutzrecht veröffentlicht:

  • „17 UWG – Betriebsgeheimnisse und Verrat durch (ehemalige) Mitarbeiter“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0
  • "Einführung in das Datenschutzrecht", Kapitel im E-Business Handbuch für Entscheider, 2. Aufl., ISBN 3.540-43263-9, 2002, Springer-Verlag

Folgende Veröffentlichung von Rechtsanwalt Brennecke ist in Vorbereitung:

  • Einführung in das Datenschutzstrafrecht

Rechtsanwalt Brennecke war an der IHK Karlsruhe als Dozent für Datenschutzrecht tätig. Er ist Dozent für Datenschutzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

  • Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis
  • Datenschutzstrafrecht
  • Datenschutz in Franchisesystemen – Die unterschätzte Gefahr für Franchisesysteme

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